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Artikel veröffentlicht am 26.04.2023 um 07:00 Uhr
Reinhold Fischer im Interview: "Der Fußball wird mich nie loslassen"
INTERVIEW Mit dem ASV Fürth steckt Reinhold Fischer tief im Abstiegskampf der Kreisliga Nürnberg, der Klassenerhalt scheint trotz zweier Siege zuletzt in weiter Ferne zu liegen. Im fussballn.de-Interview der Woche erklärt das Trainer-Urgestein die Hintergründe der Lage und wirft auch einen Blick auf seine persönliche Zukunft, die nach der laufenden Spielzeit sowohl an der Magazinstraße als auch an der Seitenlinie enden wird.
Von Michael Watzinger
Reinhold Fischer steckt mit seinem ASV Fürth im Tabellenkeller der Nürnberger Kreisliga fest. Nach der laufenden Saison ist für den 62-Jährigen Schluss an der Seitenlinie.
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Hallo Reinhold, nach wochenlanger Durststrecke konnte der ASV Fürth in der Kreisliga Nürnberg zuletzt gegen den FC Bayern Kickers und anschließend gegen den SSV Elektra Hellas zwei Heimsiege in Serie einfahren. Worauf ist der derzeitige, unverhoffte Aufschwung zurückzuführen?

Reinhold Fischer (62): Ganz ehrlich: Ich weiß es selbst nicht so genau! Vor dem Spiel gegen Bayern Kickers gab es eine total offene und ehrliche Ansprache von Simon und mir an die Mannschaft. Wir haben den Jungs versucht klarzumachen, dass sie aufgrund der aussichtslosen Lage mittlerweile ohne großen Druck ganz befreit auftreten können. Getreu dem Motto: 'Geht raus, habt Spaß und spielt einfach Fußball!' Bei den Auftritten gegen BaKi und Hellas hat das Team dann ein anderes Gesicht gezeigt - jeder war fokussiert, rannte für den anderen, Fehler wurden minimiert und es waren taktisch gute Leistungen. So konnten wir zwei Siege einfahren, die uns einfach guttun und auch nicht unverdient waren! Die Stimmung ist jetzt deutlich gelöster.

Nach den beiden Siegen zuletzt ist die Stimmung nicht nur bei Reinhold Fischer (2.v.r.) deutlich gelöster.
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Machst du dir insgeheim noch Hoffnungen auf das große Wunder Klassenerhalt?

Fischer: Realistisch betrachtet kommt unser Aufbäumen leider Gottes zu spät. Im Laufe der Saison haben wir ja nicht immer schlecht gespielt - wir hatten einige Partien dabei, in denen wir gut dabei waren, aber nicht das nötige Spielglück auf unserer Seite hatten, so wie in Cadolzburg oder gegen die DJK Eibach. Insgesamt muss man aber auch so ehrlich sein und sehen, dass wir, auch teilweise aufgrund fehlender Qualität, zu viele grobe Fehler gemacht haben. Gepaart mit Verletzungspech und teilweise beratungsresistenten Spielern hat sich zwischenzeitlich eine schwierige Eigendynamik entwickelt, die uns im Keller gehalten hat. Die Tabelle lügt da leider nicht und deshalb wird der Klassenerhalt für uns wohl nicht mehr zu erreichen sein.

Fühlst du nach den letzten Siegen so etwas wie Genugtuung? Nicht wenige sprachen dem ASV zwischenzeitlich ja die Kreisliga-Tauglichkeit komplett ab ...

Fischer: Nein, das ist ein zu großes Wort. Vielmehr freut es mich einfach, dass wir uns zuletzt als Einheit präsentiert haben. Gerade für die Mannschaft und vor allem auch für Simon ist es von enormer Bedeutung, dass es nun etwas besser läuft. Simon macht seine Sache als Trainer unheimlich gut, war durchgängig wahnsinnig engagiert und hat es sich einfach auch verdient, dass man das auch auf dem Feld sieht. Wir wollen die übrigen Spiele gerne weiter daran anknüpfen.

Bald 15 Jahre ist das Foto her: Reinhold Fischer muntert seinen Spieler Alex Pfarherr auf, der im Sommer als Trainer zum ASV Fürth zurückkehren wird.
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Vor ein paar Wochen stellte der ASV Fürth für die neue Saison mit Alexander Pfarherr eine neue Trainerlösung vor. Wie geht es zukünftig mit dir weiter?

Fischer: Die Wege des ASV und mir werden sich nach der Saison trennen.

Dein Ende an der Magazinstraße hast du dir sicherlich anders vorgestellt ...

Fischer: Das stimmt! Es ist für mich ein Déjà-vu, weil es mich an das Ende meiner ersten Amtszeit im Verein erinnert: Es gab ein paar Nebengeräusche und manches war eigentlich ursprünglich anders abgesprochen und angedacht. Dennoch muss man andererseits klar sagen, dass man zum Zeitpunkt der Entscheidung mit elf geholten Punkten sportlich betrachtet auch keine wirklichen Argumente auf seiner Seite hatte, da kann ich den Verein schon auch verstehen. Mit Alex Pfarherr wird ein Neuaufbau erfolgen und er wird sicher den einen oder anderen Spieler mitbringen, was dem ASV sicher guttun wird!

Klingt nach gemischten Gefühlen?

Fischer: So fühlt es sich auch an! Ich hatte insgesamt 14 tolle Jahre beim ASV und habe unglaublich schöne Momente erleben dürfen! Eigentlich habe ich mir im Kopf ausgemalt, nach der Trainertätigkeit in anderer Rolle im Verein tätig zu bleiben - vielleicht auch als Greenkeeper. (lacht) Das wird nun leider nicht passieren und natürlich hätte ich es mir anders gewünscht, hätte ich mir das ausmalen dürfen. Dennoch wünsche ich meinem ASV auch in Zukunft alles Gute und unter Alex den sofortigen Wiederaufstieg! Die positiven Momente überwiegen an dieser Stelle ganz klar!

Auch wenn sein Abschied beim ASV Fürth nach der Saison ausgemachte Sache ist, und der Abstieg sich nicht mehr vermeiden lässt, sieht Reinhold Fischer (links) die positiven Erinnerungen in seinen 14 Jahren Trainertätigkeit an der Maganzinstraße in der Rückschau ganz klar im Übergewicht.
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Ist dein Abschied vom ASV Fürth auch mit einem Ende deiner Trainertätigkeit gleichzusetzen?

Fischer: Ja, ich denke, dass es das für mich als Trainer gewesen ist! Ich habe in den letzten Jahren schon immer mehr bemerkt, dass der Fußball sich verändert hat, dass für manchen Spieler das Ego mehr im Vordergrund steht als der Teamgedanke. Sie folgen mehr ihren Träumen anstatt gesteckten Zielen nachzujagen - vieles davon entspricht dabei nicht mehr meiner Auffassung des Spiels. Ich habe zwar so manche Anfrage erhalten, aber im Endeffekt muss es nach inzwischen 37 Jahren an der Seitenlinie dann einfach auch mal gut sein!

Wurmt es dich nicht ein wenig, deine so erfolgreiche Trainerlaufbahn aller Voraussicht nach mit einem Abstieg beenden zu müssen?

Fischer: Ich habe da neulich in einem ruhigen Moment drüber nachgedacht: Zehn Aufstiege als Trainer und im letzten Jahr erwischt es mich nochmal mit einem Abstieg ... Das hätte nicht sein müssen! (lacht) Ich muss aber schon sagen, dass ich insgesamt mit mir im Reinen bin - es war unter Berücksichtigung aller Faktoren diesmal einfach kaum zu verhindern. Mittlerweile habe ich damit auch meinen Frieden geschlossen, obwohl ich am Sonntag nach dem Spiel ein paar Jungs im Scherz vorgeworfen habe, warum sie erst jetzt so spielen, wo es zu spät ist und auch der Abschied von Simon und mir feststeht. (lacht)
 
Keine Chance auf einen Rücktritt vom Rücktritt?

Fischer: Nach aktuellem Stand würde ich die Entscheidung als endgültig bezeichnen! Allerdings gibt es drei, vielleicht vier Vereine, die vielleicht doch noch ein Funkeln in meinen Augen auslösen könnten, da will ich nicht lügen! Wenn, dann müsste ich mich noch einmal richtig wohlfühlen können, ich müsste mich vollauf akzeptiert fühlen und mein Wort müsste ein gewisses Maß an Gehör finden. An vorderster Front werde ich aber ganz sicher nicht mehr arbeiten. Ich hatte mir eigentlich immer vorgestellt, noch einmal bei einem kleineren Verein in der A-Klasse oder Kreisklasse zu arbeiten, um dem Fußball nochmal etwas zurückzugeben: Der Fußball hat so viele tolle Momente für mich bereitgehalten und wird mich auch nie loslassen! Ich verspüre große Dankbarkeit für all das, was ich erleben durfte!

Nimm uns ein wenig mit auf die Reise!


Fischer:
Meine 14 Jahre beim ASV Fürth, wo ich erst als Jugendtrainer dabei war und dann mit den Jungs im Seniorenbereich bis in die Bezirksliga aufgestiegen bin, die Zeit in Vach, wo ich erstmals Landesliga-Luft an der Seitenlinie schnuppern durfte, oder auch der nicht für möglich gehaltene Klassenerhalt mit dem TSV Neustadt/Aisch, wo ich eine mannschaftliche Geschlossenheit erlebt habe wie wohl noch nie zuvor ... Dass ich dabei als Trainer vielleicht nicht der beste Taktikfuchs war, wie manche vielleicht geglaubt haben, ist mir dabei vollauf bewusst. Ich hatte meine Stärken auf jeden Fall im zwischenmenschlichen Bereich und habe so viele tolle Jungs begleiten dürfen! Ich erhalte zum Beispiel immer am 1. Januar einen Anruf von ein paar ehemaligen Spielern, die sich an Neujahr zum Kicken treffen - und dann rufen sie mich alten Knochen an und erkundigen sich bei mir, wie es mir geht! Ich muss schon sagen: In solchen Momenten bekomme ich Gänsehaut und denke ich mir, dass ich zumindest nicht alles falsch gemacht habe! (lacht)  

Reinhold Fischer mit Ehefrau Judith: "Wahrscheinlich schickt sich mich doch wieder auf die Sportplätze, wenn ich zu nervig werde!"
privat

Was wirst du mit deiner neugewonnenen Freiheit anstellen? Und wie hat deine Familie auf die Neuigkeiten reagiert?


Fischer: Es wird auf jeden Fall komisch sein, nicht mehr auf dem Platz zu stehen oder die Trainingsleibchen und Pullis zu waschen - das wird mir gemeinsam mit der Trainingsvorbereitung bzw. Planung und dem Kontakt mit den Jungs wohl am meisten fehlen! Meine Frau hat zu mir schon im Scherz gesagt, dass sie mich trotzdem auf die Sportplätze rausschickt, wenn ich zu nervig werde. (lacht) Spaß beiseite: Ich habe mir zuletzt auch schon immer mal wieder die Zeit für gemeinsame Urlaube mit meiner Frau genommen und das werden wir auch weiterhin tun - 'meine Chefin' hat all die Jahre so unglaublich viel Verständnis gezeigt und mich bei allem unterstützt. Es ist an der Zeit, etwas zurückzugeben! Ich habe in der Vergangenheit meine Familie wegen des Fußballs oft genug vernachlässigt, es ist an der Zeit, das zu ändern! Ich habe sechs Enkelkinder, ein siebtes ist auf dem Weg, da werde ich auch fernab der Sportplätze viele tolle Momente erleben! Und ganz ohne Fußball muss ich ja auch nicht sein: Bei interessanten Spielen werde ich sicher unter den Zuschauern zu finden sein.

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Steckbrief R. Fischer

Reinhold Fischer
Spitzname
Fisch
Alter
63
Geburtsort
Neustadt/Aisch
Wohnort
Fürth
Familie
verheiratet, 3 Kinder
Nation
Deutschland
Größe
181 cm
Gewicht
92 kg
Beruf
Hausverwalter
Hobbies
Fußball, Reisen
Erfolge
Aufstieg mit dem SC Obermichelbach in die Kreisklasse; Aufstieg mit dem ASV Fürth von der Kreisklasse bis in die Bezirksliga; Aufstieg mit dem TSV Cadolzburg von der Kreisklasse bis in die Bezirksliga; Aufstieg in die Kreisliga mit der SpVgg Steinachgrund
Stationen als Spieler:

bis 1970: TSV Markt Erlbach
1970 - 1974 ASV Veitsbronn
1974 - 1976 SpVgg Fürth
1976 - 1986 ASV Veitsbronn
1997 SC Obermichelbach

Stationen als (Spieler-)Trainer

1986 - 1992 SC Obermichelbach
1992 - 1994 SV Großhabersdorf
2000 - 2001 U19 ASV Fürth
2001 - 2009 ASV Fürth
2009 - 2013 TSV Cadolzburg
2013 - 2015 ASV Vach
2015 - 2016 TSV Neustadt/Aisch
2016 - 2018 SVG Steinachgrund
seit 2019 ASV Fürth


Trainerstationen R. Fischer

21/22
KL
 
19/21
KL
 
14/15
LL
 
13/14
LL
 
12/13
LL
12/13
BL
 
11/12
KL
10/11
KK
09/10
BL
 
08/09
BL
 
07/08
KL
06/07
KK
05/06
KK
 
04/05
KK
 
03/04
KK
 
02/03
KK
 

Aktuelle Tabellenplatzierung

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Sp
Tore
Pkt
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34:58
25
13
22
37:45
24
14
24
44:62
22
15
24
36:80
17
16
24
10:143
1

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