Serdar Dinc im Interview: Germania-DNA und der persönliche Bezirksliga-Traum - fussballn.de
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Artikel veröffentlicht am 05.01.2022 um 07:00 Uhr
Serdar Dinc im Interview: Germania-DNA und der persönliche Bezirksliga-Traum
INTERVIEW Serdar Dinc hat in seinen über zehn Jahren als Trainer des SC Germania schon so einige Höhen und Tiefen miterlebt. Aktuell läuft es für das Team aus Schniegling wieder so richtig rund, steht man doch in der Kreisliga zum Jahreswechsel an der Spitze und darf dadurch sogar vom Durchmarsch in die Bezirksliga träumen. Grund genug mit Coach Dinc im fussballn.de-Interview der Woche die Situation genauer zu beleuchten.
Von Michael Watzinger
Für Serdar Dinc und den SC Germania hätte das abgelaufene Jahr 2021 kaum besser laufen können.
fussballn.de / Strauch
Hallo Serdar, zunächst einmal noch ein gesundes neues Jahr! Der Jahreswechsel wird von vielen Leuten gerne zu einem Rückblick genutzt - wie fällt dein sportliches Fazit des abgelaufenen Kalenderjahres aus?

Serdar Dinc (46):
Insgesamt betrachtet war es ein äußerst komisches Jahr: Zunächst stand ja ein halbes Jahr alles still, bevor dann alles wieder hochgefahren wurde und recht plötzlich, nach einer verkürzten Vorbereitung, in die Kreisliga gestartet wurde, um stolze 19 Spiele auszutragen. Niemand wusste zu Beginn so recht, wo er wirklich steht! Aus Vereinssicht war es aber dennoch ein besonderes und sportlich nahezu perfektes Jahr, schließlich wurden wir 100 Jahre alt und sowohl die Herren als auch die Damen konnten einen Aufstieg verbuchen! Dass nicht groß gefeiert werden konnte, war wegen Corona klar - das soll aber, sollte Covid es diesmal zulassen, nach Möglichkeit im Jahr 2022 nachgeholt werden. 

2021 hatte der SC Germania allen Grund zur Freude: Neben dem 100-jährigen Vereinsjubiläum durften sowohl die Damen als auch die Herren einen Aufstieg bejubeln! 
Knispel

Hättest Du Deiner Mannschaft im Vorfeld ihrer Kreisliga-Rückkehr eine derartige Rolle zugetraut?

Dinc:
Nein, dass wir zur Winterpause an der Spitze überwintern würden, war so sicher nicht abzusehen! Wir wussten, dass wir eine gute Truppe beisammen haben und wollten schon vorne mitmischen. Allerdings war eine gewisse Demut absolut angebracht und man muss schon auch sagen, dass in einigen Partien und Situationen das nötige Quäntchen Glück einfach auf unserer Seite war. Trotzdem haben wir es insgesamt wirklich gut gemacht und stehen auch nicht ganz unverdient da oben.

Was macht Euch als Mannschaft so erfolgreich, was macht Euch aus?

Dinc:
Einfach ausgedrückt: die Stimmung! Die Jungs verstehen sich untereinander hervorragend und respektieren sich untereinander - und mich als Trainer. Sie unternehmen auch abseits des Platzes viel miteinander und treten als geschlossene Einheit auf. Wir haben eine tolle individuelle Qualität, aber wir haben gelernt, dass das alleine nicht genügt: an erster Stelle müssen wir an unser Limit kommen, auch mal kratzen und richtig dagegen halten - erst dann setzt sich individuelle Qualität auch durch. Die Jungs haben das verstanden und jeder trägt seinen Teil dazu bei.

Vor den Topspielen im Herbst meintest Du, Deine Jungs sollten diese Duelle genießen und einfach Spaß an ihnen haben. Wie lautet die Marschroute jetzt, da ihr auch während der Winterpause auf Platz 1 überwintert?

Dinc:
An unserer Marschroute hat sich eigentlich nicht so viel geändert, die Jungs müssen einfach Bock haben. Der Spaß am Spiel ist einfach die Grundlage dafür, sich auch mal quälen zu wollen. Wir sind eine Kreisliga-Truppe und nicht der AC Mailand - der Spaß sollte bei uns immer im Vordergrund stehen!

Ihr habt ein äußerst erfahrenes und qualitativ hochwertiges Team beisammen, einige Spieler sind inzwischen allerdings jenseits der 30 Jahre. Siehst Du den Leistungszenit deiner Truppe allmählich erreicht? Und wann wird es vielleicht Zeit für eine gewisse Verjüngungskur?

Dinc:
Die Altersfrage sehe ich bei weitem nicht so kritisch! Sicher, Spieler wie Beko (Berkan Caglar, Anm. der Red.) hätte ich natürlich lieber mit Mitte 20 in der Mannschaft, dann könnte er noch viele Jahre bei uns spielen - so hängt es immer auch davon ab, wie viel Spaß die Jungs haben und wie der Gesundheitszustand ist. Im Moment passt vieles sehr gut zusammen und die Jungs spielen gerne zusammen. Das Alter ist für mich dabei überhaupt nicht entscheidend: wenn die Leistung stimmt, ist mir das Alter egal! Ich sehe es sogar als Vorteil, wenn man mit der Erfahrung von 400 oder 500 Spielen noch eine gewisse körperliche Fitness mitbringt. Man sieht doch auch im Profibereich, dass das Alter inzwischen nicht mehr die große Rolle spielt - viele der besten Spieler der Welt sind inzwischen jenseits der 30. Außerdem stimmt bei uns die Mischung und die Jungen können sich einiges von den erfahrenen Jungs abschauen.

Berkan Caglar (Nr.38), Maximilian Buttenhauser (Nr.45) und Co. bringen reichlich Qualität und jede Menge Erfahrung auf den Platz. Trainer Dinc sieht den Leistungszenit seiner Mannschaft dabei aber noch nicht erreicht.
Detlef Knispel

Traust Du Deinen Jungs den Durchmarsch in die Bezirksliga zu oder befürchtest Du einen Einbruch?

Dinc:
Jetzt, wo wir zur Winterpause an der Spitze stehen, wäre es aus meiner Sicht Schwachsinn, irgendetwas von Platz 6 zu erzählen. Wir wollen unseren Platz verteidigen und ich glaube daran, dass uns das auch gelingen kann. Hierfür muss jeder Einzelne an seine Grenzen gehen und sich dem Team unterordnen. Sollte es am Ende aber nicht zum Aufstieg reichen, hätte das dann wohl auch seine Gründe und wir würden fair gratulieren - auch dann könnten wir stolz auf uns sein. Der Durchmarsch in die Bezirksliga wäre aber schon ein unglaublicher Meilenstein für uns, schließlich spielte der Verein zuletzt dort irgendwann in den 70er-Jahren. Die Jungs und ich wissen, was für eine riesige Möglichkeit wir haben, ein Stück weit Geschichte zu schreiben! 

Du selbst bist inzwischen schon seit über zehn Jahren beim SC Germania als Trainer tätig und zählst somit zu den dienstältesten Trainern der Region. Du hast einige Höhen und Tiefen hautnah miterlebt und bist inzwischen eine der prägenden Figuren in Schniegling. Wie hat sich der Verein, verglichen mit Deiner Anfangszeit, aus Deiner Sicht entwickelt?

Dinc:
Bei uns ist vieles deutlich strukturierter geworden. Der Verein ist an ganz vielen Stellen personell wesentlich breiter aufgestellt, vieles kann auf mehrere Schultern verteilt werden und geht daher viel, viel schneller als früher voran. Auch, was die Ausstattung angeht, ist es eine andere Welt. Früher gab es manchmal keinen Eiskoffer und die Taktiktafel war klein - einen neuen Stift musste ich selbst besorgen. (lacht) Heute dagegen gibt es unheimlich viel Equipment, wir haben einen Beamer im Sitzungsraum und es gibt Dummies für taktische Übungen. Der Verein hat sich auf so vielen Ebenen entwickelt, das kann man einfach nicht mehr vergleichen.

Durchläuft der Verein somit in der Gesamtbetrachtung aktuell vielleicht sogar seine beste Phase - schließlich hat sich in den letzten Jahren ja gerade im Umfeld so einiges getan?

Dinc:
Zumindest auf meine Zeit bezogen würde ich das schon so sagen! Der Verein hat unheimlich viel unternommen, damit sich die Spieler wohlfühlen können: Der Kabinentrakt ist komplett neu gestaltet worden, die Jungs können mit dem Kulturbeutel auf das Gelände kommen. Die Plätze sind in einem hervorragenden Zustand, zudem ist auch ein Kunstrasenplatz in Planung. Sportlich und auch, was das Umfeld angeht, war der Verein wohl noch nie so gut aufgestellt. Es gibt nicht mehr diese "Schau mer mal-Einstellung", inzwischen wird wirklich angepackt! Aktuell liegt der Fokus stark auf der Jungend, damit wir nicht nur die jüngeren Jahrgänge gut besetzt haben, sondern auch die U-17 und U-19. Auch hier tut sich inzwischen etwas.

Auch abseits des grünen Rasens machte die Entwicklung nicht halt. Unter anderem erstrahlt auch der Kabinentrakt des SCG im neuen Glanz.
Knispel

Wo siehst Du für Germania derzeit die Grenzen?

Dinc:
Um ehrlich zu sein, Grenzen gibt es eigentlich nicht - allerdings nicht darauf bezogen, dass wir unrealistische Ziele wie die Bayernliga in so und so vielen Jahren ausrufen, sondern vielmehr, dass man sich als Verein immer weiter entwickeln kann. Umgekehrt haben wir deshalb als Verein auch keine Ziele definiert, sondern wollen einfach auch ein Stück weit den Moment genießen.

Und persönlich gefragt - wird man bei einer so langen Amtszeit nicht irgendwann auch ein wenig amtsmüde?

Dinc: 
Natürlich gibt es solche Phasen immer mal wieder. Ich denke auch, dass das ganz normal ist, schließlich hinterfragt man sich ja auch selbst ständig. Gerade in Phasen, in denen es nicht so läuft und man mal einige Partien in Folge verliert, denkt man schon darüber nach, ob nicht ein andere Ansprache mal besser wäre. Außerdem habe ich das volle Programm in dieser Saison schon auch gemerkt, als Trainer schlaucht so eine intensives Phase absolut! Der Verein und ich gehen damit aber völlig offen und entspannt um. Wir wollen nur das Beste für den SCG und sollte einmal der Moment kommen, an dem es nicht mehr passt, dann wird keiner dem Anderen böse sein. Derzeit ist dieser Moment aber wieder weit entfernt - ich bin nach der Pause schon wieder richtig heiß und brenne auf die Vorbereitung, in die es für uns hoffentlich auch ins Trainingslager gehen kann - und ich spüre sehr viel Vertrauen von Seiten des Vereins.

Der SC Germania Nürnberg begleitet Serdar Dinc seit dem achten Lebensjahr. Er selbst sagt: "Es ist einfach mein Verein, meine DNA!"
Jasmin Stark

Was macht die Arbeit beim SCG für Dich selbst so besonders?

Dinc:
Da werde ich fast ein wenig emotional. Es ist einfach mein Verein, meine DNA! Der SCG ist meine Heimat: Ich habe mit acht Jahren dort angefangen, war die komplette Jugend dort und später zehn Jahre lang der Kapitän. Jetzt darf ich die 1. Mannschaft trainieren. Er ist mein Wohnzimmer und ich habe dort unheimlich viele Freunde. Ich hatte vor rund 20 Jahren den Traum als Spieler in die Bezirksliga aufzusteigen, allerdings wurde trotz Herbstmeisterschaft damals nichts draus. Deshalb wäre es für mich ein persönlicher Traum, diesen Schritt nun als Trainer mit meinen Jungs nachzuholen... 

Welche Überschrift würdest Du gerne über Dich und den SCG im Jahr 2022 lesen?

Dinc:
Allgemein kamen wir in dieser Saison recht selten in den Überschriften vor - meine Jungs und ich haben das schon ein wenig als Zusatzmotivation genommen. (lacht) Spaß beiseite: Die genaue Überschrift ist mir eigentlich egal, solange am Ende das Endresultat passt und sich mein Traum erfüllt hat, bin ich glücklich und zufrieden!

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Steckbrief S. Dinc

Serdar Dinc
Alter
48
Nation
Deutschland
Größe
183 cm
Gewicht
78 kg


Trainerstationen S. Dinc

23/24
BL
 
22/23
BL
 
17/18
KL
 
16/17
KL
 
15/16
KL
 
14/15
KL
 
12/13
KK
 
11/12
KK
 
10/11
KK
 

Tabelle Kreisliga Nürnberg

Pl.
Team
Sp
Tore
Pkt
1
19
57:26
43
5
17
55:37
30
8
19
53:51
28
9
18
29:31
28
12
19
32:35
24
13
18
30:43
24
14
19
26:60
13
15
19
20:43
8
16
18
16:69
6
Direkter Vergleich bei Punktgleichheit

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