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Artikel veröffentlicht am 01.02.2010 um 16:00 Uhr
Kommentar: Eine Frage der Ehre oder aber des Stils
Spieler werden verpflichtet und verlassen den Verein wieder. Neue Trainer sollen dem Team neue Impulse geben. Wenn nicht, wird der Vertrag eben nicht verlängert oder vorzeitig aufgelöst. Dass auch Vereinsfunktionäre kommen und gehen, ist im Amateur- wie im Profifußball mittlerweile alltäglich. Trennungen kann man mit Anstand behandeln – oder einen Rosenkrieg beginnen. Der Fußball rückt dann aber leider in den Hintergrund.
Von Christian Dotterweich und Sebastian Baumann

Stein des Anstoßes: Die Nicht-Verlängerung des Vertrages mit Alexander Rambau.
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Im Fußball geht es um Tore, Punkte, Siege, Meisterschaften; kurz: um Erfolge. Auch die Schattenseiten gehören dazu wie Niederlagen, unglückliche Gegentore, Verletzungen, Abstiege, Entlassungen. Fußball lebt und braucht Emotionen. Deshalb lieben wir diesen Sport. Da prallen dann oft genug verschiedene Meinungen aufeinander. Und das ist gut so. Man kann nicht, ja ich würde sagen, man soll gar nicht immer einer Meinung sein. Ein klassisches Beispiel ist die Trainerfrage. Mit dem alten weiterarbeiten? Oder einen neuen Mann an Bord holen? Da gilt es eine Entscheidung zu treffen, die dem Wohle des Vereines/der Mannschaft dient. So geschehen auch bei der SpVgg Jahn Forchheim. Der Tabellenführer der Bezirksoberliga wird in der kommenden Saison von einem neuem Übungsleiter trainiert werden. So weit, so gut (schlecht?).

Der Ex-Abteilungsleiter meldet sich zu Wort
 

Ex-Abteilungsleiter Peter Reuter greift in einem Zeitungs-Interview den Vorsitzenden an.
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Dass es Unstimmigkeiten gegeben haben muss beim ehemaligen Bayernligisten hat sich spätestens dann abgezeichnet, als Abteilungsleiter Peter Reuter vor wenigen Tagen zurückgetreten ist, aus „persönlichen Gründen“. Vorstandsvorsitzender Gunter Bierfelder musste handeln und übertrug die Aufgabe drei Personen. Jetzt wird der Vertrag mit Trainer Alexander Rambau nicht verlängert. Und auf einmal meldet sich der Ex-Abteilungsleiter bei einem Zeitungs-Interview zu Wort. Nun „erläutert“ er seinen Rücktrittsgrund plötzlich: Er habe vorher „keinen Wirbel verursachen wollen“. Denn mit dem Vorsitzenden Bierfelder sei er „überhaupt nicht klar gekommen“. Auch hätte er mit „zwei starken Sponsoren“ die Bayernliga wieder in Angriff nehmen wollen. Peter Reuter „beschleicht nun das Gefühl“, Gunter Bierfelder wolle gar nicht aufsteigen. Dazu verstehe dieser auch das Spielsystem 3-5-2 nicht. Kurzum: „Was die fußballerische Kompetenz angeht, habe ich bei ihm größte Bedenken.“

Kurzfristig oder langfristig?
 

Der Jahn-Vorsitzende Gunter Bierfelder muss sich nun mit den Vorwürfen von Peter Reuter auseinandersetzen
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Stillosigkeit wirft der Ex-Abteilungsleiter dem Vorsitzenden vor, weil dieser unter anderem „ein ausgewiesener Gegner des Trainers war und ist“ und ihn per Telefon über die Nicht-Verlängerung des Vertrages unterrichtet hätte. Was nun wahr ist an all diesen Behauptungen, wird vielleicht nie vollständig geklärt werden. Aber: Was bringt es mit derartigen Anschuldigungen an die Öffentlichkeit zu gehen? Wäre ein Vier-Augen-Gespräch unter Männern nicht die stilvollere Variante gewesen? Peter Reuter spricht von Bayernliga, Gunter Bierfelder will die Jugend und die Zweite Mannschaft stärken, um so einen guten Unterbau für eine schlagkräftige Truppe in der Ersten aufzubauen, die dann ihre Erfolge haben kann. Das spricht einerseits für den kurzfristigen Erfolg (Reuter) und andererseits für den längerfristigen (Bierfelder). FC Kronach, SC Weismain, VfB Helmbrechts, SC 08 Bamberg, ASV Herzogenaurach, ATS Kulmbach: Es gibt genügend Beispiele ehemaliger Bayernligisten, die heute teilweise in der A- oder Kreisklasse spielen müssen, weil der Sponsor den Geldhahn zudrehte. Gunter Bierfelder ist ein Ur-Forchheimer, hat sich der Verantwortung gestellt und den Posten des Vorstandsvorsitzenden in einem Verein mit 1500 Mitgliedern übernommen. Er ist noch da. Peter Reuter kam von der SpVgg Hausen und ist nun wieder weg …    

Aber hat der Verein auch alles richtig gemacht?

"Es ist einfach die Frage was stilvoll ist. Bevor es der Trainer von einer dritten Person oder gar der Presse erfährt, dass sein Vertrag nicht verlängert wird, dann teile ich es Alexander Rambau eben am Telefon mit," so erklärte Gunter Bierfelder die Überbringung der Nachricht an seinen Trainer. Vielleicht mag der Jahn-Vorsitzende damit Recht gehabt haben, mal ganz davon abgesehen, ob es nicht sinnvoller gewesen wäre, den ach so weiten Weg von Forchheim nach Nürnberg mit dem Auto zurück zulegen und es dem Menschen persönlich mitzuteilen, der die letzten drei Jahre richtig Erfolg gehabt hat mit seiner Mannschaft. Die knappe Stunde Fahrzeit hin und her wäre mit Sicherheit besser investiert gewesen, als sich jetzt in aller Öffentlichkeit jeden Tag rechtfertigen zu müssen.

Sicherlich ist es richtig und wird auch immer vorkommen, dass Trainer nicht verlängert werden und mit Sicherheit muss der Vorstand eines Gesamtvereins auf das große Ganze schauen,

aber wäre es nicht richtig stilvoll gewesen, wenn...

... dem Trainer bereits im ersten Telefongespräch nach dem Rücktritt von Peter Reuter mitgeteilt worden wäre, dass der Verein einen anderen Weg in der neuen Saison gehen will und auch deswegen der Abteilungsleiter zurück getreten ist? Es hieß jedoch "alles bleibt beim Alten".
... erst der alte Trainer gefragt worden wäre, ob er diesen neuen Weg mit gehen will?
... erst mit dem alten Trainer gesprochen worden wäre, dass es zu keiner Vertragsverlängerung kommen wird? Weil er vielleicht zum einen diesen Weg nicht mit gehen will oder weil der Verein glaubt, dass er ganz einfach nicht der Richtige für diese Neuausrichtung ist.
... vor allem erst dann mit einem neuen Trainer verhandelt worden wäre, wenn der alte darüber informiert worden ist?

Das wäre anständig, mit gegenseitigem Respekt und vor allem stilvoll gewesen. Beide Seiten könnten sich immer noch in die Augen sehen. So hinterlässt der ganze Vorgang einen mehr als einen faden Beigeschmack. Auch ein Verein hat einen Vorbildfunktion, die er wahren muss. Wie soll denn jungen Fußballern Anstand und gegenseitiger Respekt vermittelt werden, wenn es der Verein selber nicht vorlebt. Aber vielleicht ist das in der heutigen Zeit ja normal, immerhin werden Beziehungen schon mal per SMS beendet - alles eben eine Frage des Stils oder aber der Ehre.

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