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Artikel veröffentlicht am 18.11.2007 um 12:01 Uhr
Stadien mit Geschichte: Das Stadion an der Jakobshöhe in Bayreuth
MAGAZIN Lange Jahre zählte die SpVgg Bayreuth zum festen Inventar in der 2. Bundesliga. Die Wurzeln der Altstädter liegen jedoch nicht im Hans-Walter-Wild-Stadion, wo die SpVgg seit 1974 ihre Heimspiele austrägt, sondern vielmehr im zwischenzeitlich abgebrochenen Stadion an der Jakobshöhe.
Von Robert Schäfer
Der Aufstieg der SpVgg Bayreuth begann wenige Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der im Stadtteil Altstadt beheimatete Verein lediglich die zweite bzw. dritte Geige im Bayreuther Fußballgeschehen gespielt. Andere waren erfolgreicher. Der 1. FC Bayreuth etwa, der in den dreißiger Jahren immerhin zwei Jahre in der Gauliga, der damals höchsten Spielklasse, vertreten war, oder aber der VfB Bayreuth, der 1956 die Meisterschaft in der Amateurliga Bayern-Nord errang.  

Das ist alles, was vom Stadion an der Jakobshöhe übrigblieb: Ein Eingangstor und ein letzter Mauerrest. Im Jahr 2000 wurde das Stadion abgebrochen.
Robert Schäfer

Ein Kartoffelacker wird zum Sportplatz


Im Schatten der beiden langjährigen Konkurrenten konnte jedoch auch die SpVgg Bayreuth schon vor 1945 einige beachtliche Erfolge verbuchen. 1921 hatte sich im TuSpo Bayreuth-Altstadt eine Fußballabteilung gegründet, die noch im selben Jahr mit den Kickern des FC Stern Bayreuth zusammenging und sich 1925 schließlich als „Freie Spielvereinigung Bayreuth-Altstadt“ vom Hauptverein löste. Grund für die Abspaltung waren Streitigkeiten über den Unterhalt des Fußballplatzes, den der Hauptverein nicht in der von den Fußballern geforderten Höhe tragen wollte. Kurz zuvor nämlich hatte der junge Verein sein erstes eigenes Sportgelände an der Jakobstraße bezogen, das spätere Stadion an der Jakobshöhe. Ebenso kurios wie auch zeittypisch waren übrigens die Umstände, unter die SpVgg zu ihrem Sportplatz kam. Die Besitzer des Geländes waren zwar bereit, den Altstädtern ihr Grundstück zu verpachten, verlangten aber im Gegenzug, dass einige der Fußballer im Altstädter Gesangverein mitwirken sollten. Die Kicker ließen sich auf diesen Handel ein und konnten folgerichtig im Herbst des Jahres 1925 ihren ersten eigenen Platz beziehen. 300 Mark betrug die jährliche Pacht, doch bevor das Leder rollen konnte, musste das Gelände erst bespielbar gemacht werden. Denn in der Tat handelte es sich bei dem Grundstück um einen früheren Kartoffelacker, der in vielen freiwilligen Arbeitsstunden planiert und dräniert werden musste. Am Ende freilich verfügte die SpVgg über ein schmuckes kleines Stadion, für das man eigens sogar Umkleide- und ein Kassenhäuschen errichtet hatte. Da dieses aber nutzlos war, solange das gesamte Gelände von außen frei einzusehen war, wurde der Platz 1929 mit einem Bretterzaun umgeben – wer künftig die Spiele der Altstädter sehen wollte, musste unausweichlich dafür zahlen.  

Die „Gleichschaltung“ brachte das Verbot

Bald schon stellten sich erste, wenn auch noch vergleichsweise bescheidene Erfolge ein. 1930 besiegte die SpVgg vor 2.500 Zuschauern die hochfavorisierte Freie Turnerschaft aus Hof mit 3:2 und sicherte sich damit erstmals den Titel des Bezirksmeisters. 1932 folgte gegen Sportring Hof der zweite Titelgewinn, der noch gesteigert wurde durch die Nordbayerische Kreismeisterschaft, die die SpVgg mit einem 7:1 gegen die Freie Turnerschaft Regensburg in trockene Tücher brachte. Die Titelverteidigung im Jahr darauf misslang allerdings, im Endspiel um die Kreismeisterschaft unterlag Bayreuth vor 4.000 Zuschauern im Städtischen Stadion zu Nürnberg den Fußballern aus Gostenhof glatt mit 0:3. Das war am 19. Februar 1933. Nur einen Monat später folgte dann der Schock: Mit der sogenannten „Gleichschaltung“ nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten fanden alle Aktivitäten der SpVgg fürs Erste ein abruptes Ende. Der im Arbeiter-Turn- und Sportverband organisierte Verein wurde im März 1933 verboten und aufgelöst, sein Vermögen beschlagnahmt, die Sportstätte versiegelt. Zwölf lange Jahre sollte von nun an der Spielbetrieb an der Jakobshöhe ruhen – sieht man einmal ab vom wenig erfolgreichen Versuch, einen neuen, linientreuen Verein unter dem Namen FSV Bayreuth zu etablieren, der unter den einstigen Mitgliedern der SpVgg indes nur wenig Anhänger fand.  

Noch immer wird an der Jakobshöhe Fußball gespielt. Auf einem ehemaligen Festplatz neben dem früheren Stadion trägt heute die SpVgg Bayreuth II ihre Heimspiele aus. Im Hintergrund die Geschäftsstelle der Altstädter, rechts daneben ist das Dach des Supermarktes zu erkennen, der an der Stelle des Stadions errichtet wurde.
Robert Schäfer

Neubeginn in Trümmern


Kaum war der Zweite Weltkrieg jedoch zu Ende, erblühte der Fußball in der Stadt Richard Wagners aufs Neue. Bereits am 4. November 1945 fanden sich 50 Überlebende der alten SpVgg sowie 46 Jugendliche zusammen, um ihren Verein ein zweites Mal aus der Taufe zu heben. Die notwendige Genehmigung hierfür hatte die amerikanische Militärregierung am Tag zuvor erteilt, und so konnte die „Spielvereinigung Bayreuth“, wie sie nun offiziell hieß, bereits eine Woche später, am 11. November 1945, den Spielbetrieb wiederaufnehmen. Im ersten Spiel nach fast dreizehn Jahren wurde die Mannschaft aus Donndorf glatt mit 5:0 besiegt. Das Stadion an der Jakobshöhe freilich bot zu dieser Zeit einen wahrhaft traurigen Anblick. Der Platz war völlig verwildert, der Bretterzaun verschürt, Kassen- und Umkleidehäuschen abgebrochen. Einzig die Wasserleitung war noch vorhanden. Doch trotz dieser mehr als widrigen Umstände und der Tatsache, dass Bayreuth im Krieg zu etwa einem Drittel zerstört worden war, kam die SpVgg bald schon wieder in Schwung. Bereits im zweiten Spiel nach der „Stunde Null“ glückte der SpVgg eine Überraschung: Der 1. FC Bayreuth, vor dem Krieg die unangefochtene Nummer Eins in der Stadt, wurde vor immerhin 300 Zuschauern mit 3:1 besiegt.  

1952: Der Platz wird vereinseigen – zur Hälfte

Zwei Monate nach diesen ersten Nachkriegsspielen wurde auch der Punktspielbetrieb wiederaufgenommen. Am 6. Januar nahm die Bezirksklasse Bayreuth ihren Spielbetrieb auf, die SpVgg besiegte zum Auftakt den Lokalrivalen BSC mit 4:1. Mit dabei: Fritz Semmelmann, später zwölffacher Amateur- und zweifacher B-Nationalspieler. Am Ende der Saison belegte die SpVgg Rang vier, hinter dem 1. FC Bayreuth, dem ATS Kulmbach und dem VfB Bayreuth. Der 1. FC Bayreuth und der VfB Bayreuth waren es auch, die nach außen hin in den Folgejahren den Fußball in der Wagnerstadt repräsentieren sollten. Der frühere Gauligist FC stieg 1949, der VfB 1952 in die Bayernliga auf. Vor allem Letzterer errang in der höchsten Amateurliga aufsehenerregende Erfolge, wurde 1956 gar Meister in der Nordgruppe der zwischenzeitlich zweigeteilten Liga, scheiterte dann aber in der anschließenden Aufstiegsrelegation zur II. Liga Süd an der SpVgg Neu-Isenburg und dem VfR Heilbronn. Nur wenig später jedoch begann die große Zeit der Altstädter. Bis 1952 war der Sportplatz an der Jakobshöhe weitgehend wieder hergerichtet, zuletzt hatten die Verantwortlichen das Sportheim renoviert, das zuvor, wie es ein Funktionär ausgedrückt hatte, einem „Wartesaal“ geglichen hatte. Zugleich konnte die SpVgg die Hälfte des Geländes von der Witwe eines der beiden Besitzer pachten, war nun also zu 50% Besitzer des Platzes. Dies alles schien die Fußballer der Gelb-schwarzen mächtig zu beflügeln.  

Aufstieg in die II. Liga Süd und Ausbau des Stadions

1954 gelang der SpVgg der Aufstieg in die Bayernliga Nord, und hier belegte der Neuling auf Anhieb Rang fünf. Der unerwartete Erfolg der Altstädter, die in jenen Jahren vor allem durch ihren umsichtigen Präsidenten und Sponsor Hans Wölfel gefördert wurden, blieb nicht ohne Folgen für die Jakobshöhe. Nach dem Premierenjahr in der Bayernliga wurde der in die Jahre gekommene Platz grundlegend erneuert, umgeackert und mit einer neuen Dränage versehen, weswegen die SpVgg in der Folgesaison ausschließlich auf fremden Plätzen ihre Heimspiele bestreiten musste. Danach aber startete die Mannschaft so richtig durch. In den folgenden drei Spielzeiten etablierten sich die Altstädter nach und nach unter den Spitzenteams der Liga. Als dann auch noch 1958 Nationalspieler Hans „Jumbo“ Zeitler vom Lokalrivalen VfB zur SpVgg wechselte, wo er mit Fritz Semmelmann ein gefürchtetes Sturmduo bilden sollte, war deren Aufstieg nicht mehr aufzuhalten. 1959 wurden die Gelb-schwarzen Meister der Bayernliga Nord (Rang zwei belegte der 1. FC Bayreuth, Rang drei der VfB), setzten sich in zwei Endspielen um die Bayerische Meisterschaft mit 2:0 und 0:0 gegen Schwaben Augsburg durch und besiegten schließlich auch den VfR Pforzheim in der Aufstiegsrelegation zur II. Liga Süd. Die Euphorie in Bayreuth war enorm. Eilends wurde bereits nach dem Meistertitel in der Bayernliga Nord das Stadion an der Jakobshöhe aufgerüstet, und so konnten stolze 9.000 Zuschauer den 2:0-Sieg gegen Augsburg vor Ort erleben.  

Seit 1974 ist es die Heimstätte der SpVgg Bayreuth: Das Hans-Walter-Wild-Stadion, vormals Städtisches Stadion am Ellrodtweg.
Robert Schäfer

1974: Umzug ins Städtische Stadion


Insgesamt 19 Jahre lang sollte die SpVgg – mit Unterbrechungen – zweitklassig bleiben. Erst in der II. Liga Süd, dann, nach Einführung der Bundesliga, in der Regionalliga Süd, später in der 2. Bundesliga Süd und schließlich, bis 1990, in der eingleisigen 2. Bundesliga. 1979 klopften die Bayreuther sogar ans Tor zur Bundesliga, scheiterten jedoch in der Aufstiegsrelegation denkbar knapp an Bayer Uerdingen. Da allerdings trug die SpVgg ihre Heimspiele schon längst nicht mehr an der Jakobshöhe aus. Das Stadion war mit seiner relativ kleinen Tribüne lediglich auf ein Fassungsvermögen von maximal 10.000 Zuschauern ausgelegt, zu wenig für die prestigeträchtigen Duelle vor allem in der Regionalliga Süd. Mehrfach war das Stadion restlos ausverkauft, gegen 1860 München zwängten sich am 19. Februar 1972 sogar 11.000 Zuschauer in die hoffnungslos überfüllte Fußballarena. Kein Wunder, dass die Altstädter 1974 schließlich ihre angestammte Heimat verließen und ins 1967 eröffnete Städtische Stadion am Ellrodtweg umzogen – das heutige Hans-Walter-Wild-Stadion. Auf der Jakobshöhe wurde es derweil still. Nur noch zu Amateur- und Jugendspielen wurde das Stadion genutzt, im Jahr 2000 schließlich wurde die altehrwürdige Spielstätte abgebrochen und an ihrer Stelle ein Supermarkt gebaut. Geblieben sind lediglich ein Mauerrest und eines der alten Eingangstore. Doch immerhin: Nebenan, auf einem früheren Festplatz, trägt heute die Zweite Mannschaft der SpVgg ihre Spiele in der Bezirksoberliga aus und hält somit die Erinnerung an ein einstmals legendäres Stadion wach.      

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