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Artikel veröffentlicht am 25.11.2022 um 12:15 Uhr
Welche Taktiken haben in der: Vergangenheit die Weltmeisterschaft gewonnen?
ANZEIGE Die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar hat offiziell begonnen, und Ecuador hat Katar mit einem 2:0-Sieg in die Knie gezwungen. Ecuador hatte 53 % Ballbesitz und war den Gastgebern auf Schritt und Tritt überlegen. Gegen die wackelige Abwehr von Katar, die mit der Energie der Männer von Gustavo Alfaro nicht zurechtkam, war Ecuador von Anfang bis Ende absolut dominant.
Von EM
Die Debatten um die Formationen verdecken dabei manchmal die Tatsache, dass die Weltmeisterschaft seit jeher ein Schlachtfeld der Taktik ist, die das unterstützt, was die Brasilianer als „futebol d'arte“ (einfacher, offensiver Fußball) oder „futebol de resultados“ (defensiver Fußball) bezeichnen. Das Spannungsfeld zwischen diesen beiden Stilen in ihren verschiedenen Ausprägungen bestimmt die Landschaft des Weltfußballs.

Die Fußballweltmeisterschaft hat gerade erst begonnen und im Vorfeld eines jeden Spiels gibt es unzählige Diskussionen über die verschiedenen Spielweisen, die jedes Land anwenden wird. Werden sie ein 4-4-2, ein4-2-3-1 oder ein reines 4-3-3 spielen?
Für diejenigen, die sich mit Fußballtaktik nicht so gut auskennen: Ein 4-4-2 ist eine Formation mit vier Verteidigern, vier Mittelfeldspielern und zwei Stürmern, während eine 4-2-3-1-Formation aus vier Verteidigern, zwei defensiven Mittelfeldspielern, drei offensiven Mittelfeldspielern und einem Stürmer besteht. Eine Diskussion, die ebenfalls große Auswirkung auf die WM Quoten hat, da die Wahl der Taktik selbstverständlich den Ausgang eines jeden Spiels beeinflusst, sei es positiv oder negativ.

Ein paar zeitgenössische Beispiele verdeutlichen den Kampf zwischen den beiden Stilen. Die brasilianischen Mannschaften der Weltmeisterschaften 1958 bis 1970 boten einen der aufregendsten und kreativsten Fußbälle, die je gespielt wurden. Hier wurden zum ersten Mal die Begriffe „futebol d'arte“ oder „Sambafußball“ geprägt. Die Brasilianer begeisterten nicht nur die Massen, sondern gewannen auch dreimal die Weltmeisterschaft: 1958, 1962 und 1970.

Janet Levers „Soccer Madness“ gibt einen Einblick in die Rolle des „Samba-Fußballs“ bei der Gestaltung des brasilianischen Nationalbewusstseins während dieser goldenen Zeit. Sie argumentiert, dass der brasilianische Fußball die rassischen, ethnischen und religiösen Strukturen des Landes überwand - nicht, weil er international gewann, sondern wegen des Stils, in dem er gewann.

Zu den anderen Angriffstaktiken gehörte in den 1970er Jahren die niederländische Philosophie, die als „totaler Fußball“ bekannt wurde. Bei diesem Ansatz gab es außer dem Torwart keine festen Positionen, und das Ziel bestand darin, in Ballbesitz zu bleiben und dem Gegner den Ball zu verweigern. Sowohl bei der Weltmeisterschaft 1974 als auch bei der Weltmeisterschaft 1978 unterlagen die Niederländer im Finale.

Im Finale von 1978 verloren die Niederländer gegen Argentinien, das von Carlos Menotti trainiert wurde. Menotti engagierte sich für die Unterhaltung des Fußballs; Er sah das Spiel als eine Kunstform, die aufgrund ihrer Schönheit die Jugend begeistern würde.

In dieser Zeit wurde vielen Nationalmannschaften klar, dass sie dem Offensivdrang der Brasilianer oder der Niederländer nicht gewachsen waren. Neue Defensivtaktiken wurden entwickelt, um dieser offensiven Dominanz zu begegnen. Die Philosophie ging dahin, dass es nur noch ums Gewinnen ging und um nichts anderes: Wenn man Unterhaltung wollte, sollte man ins Theater gehen.

Mannschaften wie Italien, das die Weltmeisterschaften 1982 und 2006 gewann, stützten sich auf ein System, das als „catenaccio“ („die Kette“) bezeichnet wurde und darauf abzielte, die Angreifer auszuschalten und Tore zu verhindern. Es überrascht nicht, dass andere Mannschaften diesen Ansatz schnell übernahmen. Viele Spiele in dieser Zeit waren eine trostlose Angelegenheit, die durch „Null-Risiko“ oder „Anti-Fußball“ gekennzeichnet war.

Dieser „futebol de resultados“ war so dominant und erfolgreich, dass selbst die Brasilianer sich von Flair und Erfindungsreichtum abwandten und einen eher physischen Ansatz verfolgten, wobei festgelegte Rollen mehr Positionsdisziplin und weniger Freiheit für die Spieler bedeuteten, sich selbst auszudrücken. Befürworter dieses Stils in Brasilien verweisen auf die Triumphe bei den Weltmeisterschaften 1994 und 2002, im Gegensatz zum Ausscheiden der vielleicht besten brasilianischen „futebol de arte“-Mannschaft aller Zeiten, zu der unter anderem Socrates und Zico gehörten, im Viertelfinale der Weltmeisterschaft 1982.

Brasilien hat nach 1990 seinen weithin bewunderten Offensivstil aufgegeben und versucht, um jeden Preis zu gewinnen. Infolgedessen hat Brasiliens defensiver Spielstil bei den letzten Turnieren die Nation und die Meinungen der Experten gespalten.

Doch zur Überraschung vieler hat Spanien bei der WM 2010 die ästhetische Form des Spiels wiederbelebt. Die unterlegenen Spanier (die bei der Weltmeisterschaft 1950 nur den vierten Platz belegten) führten ein System ein, das später als „Tiki-Taka“ bezeichnet wurde, ein Kurzpassspiel, bei dem der Ballbesitz mit One-Touch-Pässen und Bewegung gehalten wird.

Spanien hat mit dieser Taktik die Fußballweltmeisterschaft2010 gewonnen. Der Erfolg bei der Weltmeisterschaft wurde durch den Gewinn der Europameisterschaft 2008 und 2012 ergänzt. Spieler wie Xavi, Cesc Fabregas und Andres Iniesta sind heute die Aushängeschilder des „futebol d'arte“. Sie zeigen, dass Offensivfußball, der von Kreativität und Spielfreude geprägt ist, seinen Platz hat.

Der heiß umkämpfte Krieg zwischen „futebol d' arte“ und „futbol de resultados“ wird in den kommenden Wochen erneut in Brasilien ausgetragen. Es wird ein Kampf zwischen Ästhetik und Ergebnissen ausgetragen werden.

Bei all den Problemen, die die FIFA derzeit mit ihrem Umgang mit dem Erbe der Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika, dem Korruptionsskandal in Katar und den Unruhen in Brasilien hat, wäre es vielleicht wünschenswert, dass Brasilien mit „futebol d'arte“ gegen ein „tika-taka“-spielendes Spanien gewinnt. Das ist das Schöne an diesem Spiel.

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