von Michael Kämmerer
Man mag es nennen, wie man will: ein Ausrufezeichen, ein Statement, eine Machtdemonstration. Der TSV Abtswind hat seiner Ankündigung, den Aufstieg mehr denn je in Angriff zu nahmen, eindrucksvoll Taten folgen lassen. Bevor es zu einem rauschenden 5:1-Erfolg gegen den TuS Röllbach kam, hatte es aber einen sanften Dämpfer gebraucht. Trainer Petr Skarabela war angesichts der Torflut nicht etwa voll des Lobes für einen Stürmer und Dränger, sondern rühmte ausgerechnet einen Verteidiger.
An diesen Anblick könnte man sich gewöhnen: Abtswind auf Platz eins. Wenn es nach dreißig Spieltagen auch so käme, wäre das gesteckte Ziel erreicht. Mitte Juli ist aber nicht Ende Mai, und so hat die Mannschaft gerade mal ein Spiel hinter sich gebracht. Und die Tabelle besitzt noch recht wenig bis gar keine Aussagekraft. Trotzdem fühlt es sich extrem gut an, so fulminant in die Landesliga-Runde gestartet zu sein. Vorher war es Petr Skarabela allerdings mulmig zumute. Das lag weniger daran, dass Linksaußen Frank Hartlehnert wegen einer Geschichte am Oberschenkel passen musste. Inzwischen ist der Kader so breit und so gut aufgestellt, dass eigentlich jeder Spieler eins zu eins zu ersetzen ist. Skarabelas seltsamer Eindruck rührte von den Röllbacher Ergebnissen im Toto-Pokal. Dort hatte die Mannschaft vom Untermain immerhin die Ligarivalen TSV Kleinrinderfeld (2:1) und Alemannia Haibach (4:2) ausgeschaltet. Mit seiner Vorahnung lag der erfahrene Trainer gar nicht mal so daneben. Eine Halbzeit lang konnte Röllbach den Favoriten tatsächlich ärgern und so unangenehm sein wie ein Reißnagel im Fuß des Elefanten.
Nach einem überfallartigen Vorstoß auf der rechten Seite zogen die Gäste durch Till Link in Führung und verpassten dem Gegner einen Wirkungstreffer, den Abtswind so wenig hatte kommen sehen wie ein Boxer mit offener Deckung. Einmal kurz geschüttelt und neu sortiert, dann rafften sich die Hausherren wieder auf. Für einen Niederschlag oder gar einen K.o. war es nach kaum mehr als zwanzig gespielten Minuten noch viel zu früh. Vor allem weil die Abtswinder bis dato schon wild ausgeteilt hatten, doch mit ihren Angriffen auf die Röllbacher Deckung geprallt waren. Wenn die mal versagte, stand da immer noch Andreas Patsiouras im Tor und rettete. Wie in der 30. Minute, als Philipp Hummel die Riesenchance zum Ausgleich hatte. Der aufsetzende Kopfball wurde zur Bewährungsprobe des Röllbacher Fängers. Hummel stach dafür im zweiten Versuch: Carl Murphys Flanke kam genau dorthin, wo so ein Ball eben hinmuss, wenn er anschließend ins Tor soll. Jedenfalls stand Hummel richtig, um Abtswind das 1:1 zu bescheren (33. Minute). Schnell war auch klar, dass der Gegentreffer nicht mehr als ein Schönheitsfehler sein konnte. Schließlich steigt selbst der beste Faustkämpfer hin und wieder mit einem blauen Auge aus dem Ring.
Die Marschroute Abtswinds war ja genau die richtige. Mit vielen Flanken gab es Versuche, das Bollwerk zu durchbrechen. Schön, wie Przemyslaw Szuszkiewicz und Carl Murphy abwechselnd die Bälle von der linken Seite auflegten und die Chancen dabei nicht ausblieben. Wie sollte Röllbach nur die ganze Zeit der Wucht der Angriffe standhalten? Nach der Pause ging es einseitig weiter. Die Angreifer Pascal Kamolz und Steffen Barthel, die bereits im ersten Durchgang geballte Kraft in ihre Abschlüsse gelegt hatten, konnten auch untereinander gut. Mal legte der eine dem anderen auf, mal war es umgekehrt. In der 53. Minute spielte Kamolz den Vorbereiter, indem er nach hinten prallen ließ, wo Barthel angerauscht kam und mit ihm ein Schuss, der wie ein Strich in den Torknick flog. Drei Minuten weiter machte Abtswind mit dem 3:1 die Entscheidung klar. Röllbach köpfte einen Freistoß genau vor die Füße von Nicolas Wirsching. Der Mittelfeldspieler, der seine Arbeit in aller Regel dort zuverlässig verrichtet, wo der Gegner kein Gegentor fürchten muss, beweist in letzter Zeit immer häufiger, dass er auch treffen kann. Aus dem Hinterhalt schlug die Kugel ein.
Nach knapp einer Stunde Spielzeit zeichnete sich ab, dass Röllbach sich zwar mehr als eine Halbzeit tapfer wehren konnte, spätestens dann aber mit seinen Kräften am Ende war. Ein weiterer Doppelschlag, diesmal von Adrian Dußler per Foulelfmeter (Foul von Torhüter Patsiouras an Barthel) und Pascal Kamolz (Vorarbeit des eingewechselten Daniel Endres mit seiner ersten Aktion), besiegelten den Erfolg auch in der deutlichen Ausprägung von 5:1. Für Petr Skarabela war allerdings ein Abwehrspieler der entscheidende Mann. „Adrian Graf hat sein bestes Spiel unter meiner Regie gemacht“, sagte Abtswinds Trainer. „Er hat die Mannschaft mitgerissen.“
Spielbericht eingestellt am 17.07.2017 19:21 Uhr