Die Fußballelite des Bamberger (Um-)Landes wechselt die Ligazugehörigkeit: Neben Pettstadt und Eintracht Bamberg probiert sich auch der SV Memmelsdorf eine Spielklasse tiefer. Kein Beinbruch in Memmelsdorf, schließlich laufen die Planungen für die kommende (Landesliga-)spielzeit seit Monaten auf Hochtouren. Mit Rolf Vitzthum übernimmt im Sommer ein neuer altbekannter Trainer in der Schmittenau, zahlreiche Neuverpflichtungen konnten bereits abgewickelt werden (anpfiff berichtete) und auch die Talente aus der U 19 sollen in der neuen Landesligamannschaft vermehrt Berücksichtigung finden. "Aus finanzieller Sicht ist die Bayernliga für uns auch eine Nummer zu groß. Wichtig ist für uns die zweite Mannschaft, denn die Bezirksliga ist eine sehr attraktive Spielklasse", gibt Rolf Lamprecht, der die Bayernligamannschaft des SVM im Januar als Trainer übernommen hat, zu bedenken. Regelmäßig fehlten ihm durch diese Prioritätenverschiebung bis zu sechs Akteure, nichtsdestotrotz wolle man "kämpfen bis zum Schluss". Trotz des aussichtslosen letzten Tabellenranges war in der Rückrunde ein Aufwärtstrend zu erkennen: So holte der SVM acht seiner 13 Punkte in der Rückrunde und auch die Bilanz aus den vergangenen fünf Spielen mit zwar nur drei Punkten, dafür aber vier äußerst unglücklichen und knappen Niederlagen mit nur einem Tor Unterschied konnte sich sehen lassen. Auf der Gegenseite reiste mit dem SV Erlenbach ein Team an, das in seiner zweiten Bayernligasaison bereits frühzeitig den Klassenerhalt geschafft hat. "Ich denke uns haben viele Vereine mittlerweile wahrgenommen, zuhause sind wir eine Macht, haben nur zehn Gegentore bekommen", resümmiert Erlenbachs langjähriger Trainer Jürgen Baier. Auswärts habe seine junge Mannschaft allerdings Schwierigkeiten, mit dem Druck und Gegenpressing umzugehen. Nur elf Punkte konnten die Remiskönige der Liga (15x) in 16 Spielen auf fremden Plätzen verbuchen. Dennoch wolle man laut Baier "gut in die Partie finden, einen kühlen Kopf bewahren und schnell kontern". Verletzungsbedingt verzichten musste Baier auf Robin Breunig, Stephan Krug, Sandro Giegerich und Marius Trippel. Auf Seiten des gastgebenden SVM fehlte der verletzte Tobias Seiferth.
Offensivmann Sebastian Wagner (mi.), der den SV Memmelsdorf nach der Saison verlassen wird, erzielte den zwischenzeitlichen 1:1-Ausgleich. In dieser Szene drängen ihn die Erlenbacher Baris Eren (li.) und Youngster Lukas Retsch (re.) an die Seitenauslinie.
Sebastian Neubauer
Unter diesen Voraussetzungen startete die Partie, die vor näherungsweise 50 Zuschauern bei frühsommerlichen Temperaturen stattfand. Bereits nach wenigen Sekunden feuerte Erlenbachs Rechtsaußen Paul Heinrich einen Fernschuss ab. Bis zur nächsten Torgelegenheit der Gäste sollten 44 Minuten vergehen. Unverkennbar zwar, dass die Unterfranken die reifere Spielanlage verkörperten, dennoch blieben ihre Offensivbemühungen in der Folgezeit im Ansatz stecken oder wurden von der aufmerksamen SVM-Defensive im Keim erstickt. In die gefährliche Zone vermochte die offensive Dreierreihe um Philipp Fachaux, Paul Heinrich und Sebastian Göbig nicht vorzudringen, da es an einem einheitlichen Konzept und auch Flügelspiel fehlte. Die Heimmannschaft versuchte aus der Ideenlosigkeit der Gäste Kapital zu schlagen und das Spiel an sich zu ziehen. Mit zunehmender Spieldauer wurden die Mannen um Kapitän Daniel Krüger sicherer - auch gestärkt durch eine solide Defensive um die beiden Innenverteidiger Fabian Neuß und Stefan Scharf. Doch auch dem abstiegsbedrohten SVM fehlte die klare Linie. Viele Aktionen wirkten unkoordiniert und nicht durchdacht, das Kombinationsspiel lahmte - und meist war es Sebastian Wagner, der durch ein kurzes Dribbling oder einen schnellen Abschluss dem Torerfolg am nähesten kam. So mit zwei Flachschüssen aus 16 Metern zentraler Position (13./29.). Zuvor die vielversprechendste Torchance: Nach einem Steilpass aus dem Mittelfeld tauchte Memmelsdorfs Fabio Ghiacco, verfolgt von einem Gegenspieler, vor Gästekeeper Christos Patsiouras auf. Dem Heimakteur versagten allerdings die Nerven, so dass Patsiouras das harmlose Schüsschen sicher aufnehmen konnte (14.). Erlenbach derweil spielte zwar mit, an einem Torerfolg schienen sie allerdings zunächst nicht interessiert zu sein, auch wenn die Verteidigung bis dato relativ sicher stand. Wie aus dem Nichts und beinahe mit der Halbzeitsirene schlug der Gast dann aber eiskalt zu: Linksverteidiger Lukas Retsch sprintete auf Linksaußen allen davon und schaufelte eine Flanke gefährlich vor das Tor von Jürgen Jensch, wo Paul Heinrich dem Ball noch einen entscheidenen Impuls Richtung Tor gab, so dass das Spielgerät schließlich im langen hinteren Eck einschlug (45.). Doppelt unglücklich für den SVM: Kurz zuvor war ein Abseitstor wegen einer vermeintlichen Abseitsstellung aberkannt worden.
Exzellentes Timing: Erlenbachs Linksverteidiger Lukas Retsch (li.) lässt sich nicht so einfach von Memmelsdorfs Thomas Mallette (re.) abkochen.
Sebastian Neubauer
Die zweite Hälfte begann wiederum relativ verhalten, ehe der Tabellenletzte ab der 55.Minute einen Gang höher schaltete. In der 60.Minute verweigerte Schiedsrichter Potemkin der Mannschaft von Rolf Lamprecht zu Recht ein Tor wegen einer Abseitsstellung. Danach wurde es konfus: Der starke Ulrich Spieß schlug eine halbhohe Flanke in den Strafraum, Thomas Mallette nahm den Ball volley ab. Ein Gegenspieler konnte den Ball zwar noch blocken, der Abpraller landetet jedoch vor den Füßen von Philipp Grasser, der Gästekeeper Patsiouras zu einer starken Parade zwang. Damit war klar: Der Schlüssel zum Erfolg liegt auf den Flügeln. In der Folgezeit sorgten die Memmelsdorfer Außenverteidiger Johannes Wolfschmidt und Ulrich Spieß mit einigen Flanken für Unruhe im Strafraum der Unterfranken, doch der Gast verstand es nun immer besser, die Angriffsaktionen der "Schnüdel" zu lösen und selbst vielversprechende Offensivaktionen einzuleiten. So verfehlte SVE-Goalgetter Sebastian Göbig nach einem Querpass von Philipp Traut nur knapp das Memmesdorfer Tor (66.). Zu diesem Zeitpunkt eher überraschend, fiel auf der Gegenseite der Ausgleich durch Sebastian Wagner, der den SVM zur neuen Saison verlassen wird. Nach Zuspiel des eingewechselten Peter Koch hämmerte der Offensivmann den Ball, der kurz vor dem Torwart nochmals aufsprang, in die Maschen (71.). Die Freude sollte allerdings nicht lange währen. Erlenbach schüttelte sich kurz und kreirte nun Chancen fast im Minutentakt: In der 76.Minute schob Paul Heinrich einen Querpass von Sebastian Göbig aus kürzester Entfernung in die Arme von SVM-Keeper Jensch (76.), eine Minute später trifft Philipp Traut aus zwölf Metern nur die Latte (77.). Eben jener war zehn Minuten später zur Stelle, als Keeper Jensch eine scharfe Hereingabe nicht festhalten konnte und der Erlenbacher Mittelstürmer zum nicht unverdienten 2:1 einschob (86.). Klappe zu, Memmelsdorf tot?! Nicht mit Schiedsrichter Potemkin. Zur Verwunderung der breiten Masse zeigte der Referee nach einem angeblichen Handspiel des Erlenbacher Kapitäns Fabian Galm auf den Elfmeterpunkt - eine höchst diskutable Entscheidung. Alassane Kane ließ sich nicht beirren und verwandelte den fälligen Strafstoß sicher zum 2:2-Ausgleich (88.). Diese Entscheidung (und andere) erzürnte SVE-Coach Jürgen Baier derart, dass er seinem Unmut verbal Luft machte - zu deutlich, wie Schiedsrichter Potemkin befand, der diesen hinter die Bande schickte. Noch nicht verrückt genug? Kurz darauf läuft Memmelsdorf in einen Konter, den Philipp Traut im Nachsetzen, nach Vorlage von Jens Mehrmann, zum 3:2-Sieg des SVE abschließt.
Das verrückte Ende eines Spiels, das alles andere als rasant begonnen hatte. Über weite Strecken des Spiels - insbesondere in der ersten Halbzeit - war die Begegnung eine zähe Angelegenheit, teilweise sogar unansehnlich. Die Schlussphase allerdings entschädigt für so manchen Leerlauf im Spiel. Gleichzeitig besiegelt dieser 33.Spieltag das Ende der Bayernliga-Ära des SVM. Die Spieler können erhobenen Hauptes den Platz verlassen, sie haben noch einmal alles gegeben. In der neuen Spielzeit gilt es, sich neu aufzustellen und sich vielleicht sogar ein Stück weit neu zu erfinden - dann mit neuem Trainer und neuen Spielern. Für den SV Erlenbach geht das Abenteuer Bayernliga in der kommenden Saison weiter. Essentiell für weitere Erfolge wird die Heimstärke der Truppe von Coach Baier sein. Vielleicht gelingt es dann ja auch, in der Fremde "eine Schippe draufzulegen".
Spielbericht eingestellt am 17.05.2015 01:16 Uhr