Hätte, wäre, wenn... Die 90 Minuten plus Nachspielzeit schreien förmlich nach der Verwendung solcher Gemeinplätze. Vor allem beim Blick, auf das, was sich in der 70. Minute ereignete. Eine Unachtsamkeit in der Hintermannschaft des TSV Großbardorf. Ein Pass in die Tiefe des FC Sand und Danny Schlereth strebt alleine auf den Kasten von Julian Schneider zu. Klug und uneigennützig legte der 26-Jährige quer auf seinen Bruder, der alleine vor dem Tor stand. Und was machte der? Schob den Ball statt ins Netz, links am Pfosten vorbei. Wenn der 36-Jährige - zuvor der überragende Mann auf dem Platz - in dieser Situation getroffen hätte und der FC Sand verdientermaßen in Führung gegangen wäre, dann...
Soweit kam es aber nicht! Stattdessen jubelten wenige Sekunden später die Gäste. Stefan Piecha stand plötzlich am Strafraum der Korbmacher frei, eilte dem Tor entgegen, scheiterte aber an Stefan Klemm. Den Abpraller schob Björn Schönwiesner ins Netz. Die Führung für die Grabfeld-Gallier! Mehr als schmeichelhaft!
Hatten mit dem Sander Thorsten Schlereth mehr als große Probleme: Großbardorfs Lukas Illig (hi.).
Marco Heumann
Schließlich hatte der FC Sand die Partie bis dahin bestimmt und den eigentlich favorisierten Großbardorfern ein wenig den Schneid abgekauft. Mutig wurden - vor allem nach der Pause - die Gäste immer wieder hoch angelaufen und damit ein geordneter Spielaufbau verhindert. Nach Balleroberung schalteten die Sander immer wieder gut um, meist mit Bällen auf Thorsten Schlereth. Der hatte schon vor der Pause, auch da stand es bereits 1:1, zwei richtig gute Gelegenheiten. Einmal kam statt einem Kracher nur ein Schüsschen, das Julian Schneider keine Mühe bereitete, einmal schaufelte er den Ball nach schönem Doppelpass mit Kevin Steinmann, in aussichtsreicher Position über den rechten Winkel. Lukas Illig, den Großbardorfs Coach André Betz als Gegenspieler für Thorsten Schlereth auserkoren hatte, konnte einem Leid tun. Er sah auf der defensiven rechten Außenbahn meist nur die Hacken des 36-Jährigen, der mit seinen gewohnt raumgreifenden Schritten an ihm vorbeizog. Zu stoppen war der "Oldie", wenn überhaupt, dann nur mit Fouls. "Dabei ist er erst bei 80 Prozent", meinte nach der Partie sein Vater und Trainer Dieter Schlereth mit Blick auf die leichte Blessur, die seinen Filius noch immer plagt.
Der Mann auf der offensiven Außenbahn war aber nur die Speerspitze einer richtig starken linken Seite der Sander. Angefangen von Innenverteidiger Johannes Bechmann, der kaum einen Zweikampf verlor und immer wieder mit langen Pässen glänzte, über den unheimlich emsigen und sehr engagierten Kevin Steinmann auf der linken Abwehrseite bis hin zu Dominik Rippstein, der als Sechser eine gute Leistung zeigte und seinem Nebenmann André Karmann kaum nachstand, überzeugten die Linken im Sander 4-2-3-1 und machten den Großbardorfern das Leben schwer.
Sands Dominik Rippstein (vo.) ist vor dem Großbardorfer Dominik Zehe am Ball.
Marco Heumann
Die fanden schon im ersten Durchgang kaum ein Mittel gegen die äußerst kompakten Gastgeber. Da hatte man zwar mehr Ballbesitz, schaffte es aber kaum einmal hinter die letzte Linie zu kommen. Über die Außen, Rückkehrer Adrian Reith und André Rieß, lief kaum etwas. Dominik Zehe auf der Zehn und Christoph Rützel auf der Sechs schafften es nicht, das nötige Tempo ins Spiel zu bringen. Allenfalls Stefan Piecha überzeugte als Ballschlepper. Ein wenig brenzlig wurde es nur, wenn sich Mittelstürmer Simon Snaschel ein wenig fallen ließ und damit Raum für seine Antritte hatte. Wirkliche Gefahr strahlte der Goalgetter aber während der gesamten 90 Minuten nicht aus.
Immerhin war er nach knapp 20 Minuten zur Stelle. Als eine lange Freistoßflanke von Lukas Illig, die Stefan Klemm wohl hätte abfangen können, dem Angreifer vor die Füße fiel und er sie geschickt ins Netz stocherte. Eine Führung wie aus heiterem Himmel - bis dahin hatte es weder für den FC noch für den TSV Chancen gegeben. Doch die Sander steckten den Rückstand erstaunlich schnell weg. Kaum fünf Minuten später wurde Thorsten Schlereth - was nur selten vorkommt - in zentraler Position mit dem Rücken zum Tor angespielt. Scheinbar ungefährlich. Aber der Offensivmann bewies, dass er es auch versteht, sich auf engem Raum mit Ball zu behaupten und sich um den Gegner herumzudrehen. Sein Schuss aus 20 Metern landete - sicherlich nicht unhaltbar für den wohl überraschten Julian Schneider - im langen Eck. Der schnelle Ausgleich, den sich die Sander - siehe oben - bis zur Pause mehr als verdienten. Großbardorf konnte bis dahin nur mehr eine weitere Snaschel-Chance verbuchen.
Wer ist eher am Ball: Sands Philipp Markof (re.) oder der Großbardorfer Dominik Zehe?
Marco Heumann
Und auch nach dem Wechsel - als die Sander plötzlich noch mutiger agierten - deutete viel auf einen Heimsieg hin. Bis hätte, wäre, wenn... Der Knackpunkt im Spiel. Zwar kämpften die Sander weiter aufopferungsvoll und hatten durch eine Kopfballverlängerung von Johannes Bechmann, die knapp über die Latte strich, auch noch eine richtig gute Gelegenheit, aber als sie in der Nachspielzeit - die, nach einem unglücklichen Zusammenprall bei dem sich der starke Großbardorfer Innenverteidiger Ronny Mangold am Kopf verletzte, ein wenig üppiger ausfiel - immer mehr riskierten und sogar Keeper Stefan Klemm bei einer Ecke mit nach vorne eilte, kassierte man nach einem Konter durch den eingewechselten Lukas Dinkel den endgültigen K.o.-Schlag. Der am Ende sicherlich ein wenig schmeichelhafte Sieg für die Gäste war perfekt. Groß Zeit für Enttäuschung und Wunden lecken bleibt den Sandern aber nicht. Schon am Mittwoch wartet beim TSV Abtswind die nächste Herausforderung.
Dann könnte es übrigens auch zum Duell der Schmitt-Brüder kommen. Dominik - lange Jahre beim FC Sand - ist bekanntlich zum TSV Abtswind gewechselt. Und André feierte - und das ist eine wirklich gute Nachricht für die Korbmacher - nach fast einem Jahr - das letzte Spiel bestritt er im August 2018 - und anhaltenden Achillesfersen-Beschwerden endlich sein Comeback. In der guten Viertelstunde, in der er auf dem Platz stand, deutete der Defensivmann an, dass mit ihm schon bald eine weitere wertvolle Alternative für die Stammelf zur Verfügung stehen dürfte.
Spielbericht eingestellt am 12.07.2019 23:22 Uhr