Kommentar: Ein hausgemachter Motivations-Super-GAU - fussballn.de
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Artikel veröffentlicht am 29.07.2020 um 06:00 Uhr
Kommentar: Ein hausgemachter Motivations-Super-GAU
Der "Anlass zum vorsichtigen Optimismus", wie es der Bayerische Fußball-Verband vor Wochenfrist geschrieben hat, war noch keiner: Denn Vorbereitungsspiele wird es bis auf weiteres nicht geben, das ergibt sich indirekt aus dem Bericht aus der Kabinettssitzung der Bayerischen Staatsregierung, welche die Geltungsdauer der bestehenden Infektionsschutzmaßnahmenverordnung schlicht um zunächst zwei Wochen verlängert hat.
Von Marco Galuska
Man könnte meinen, mit der Empathie ist es nicht so ganz weit her bei den hohen Damen und Herren in München. Je nach Blickwinkel ließe sich der Staatsregierung in der Landeshauptstadt vorwerfen, dass man es versäumt habe, noch in der letzten Kabinettssitzung vor der Sommerpause der stolzen Anzahl von 4500 Fußballvereinen im Freistaat die Ausübung des Volkssports in jener Form zu gestatten, wie er seit jeher seinen Reiz hat: im Wettkampf mit anderen Mannschaften.

Schneller testen als Söder erlaubt

Man könnte sich aber auch über das aktuelle Infektionsgeschehen im In- und Ausland informieren, Entwicklungen beobachten oder gar auf die stets mahnenden Finger der Professoren von Lauterbach bis Wieler schauen, um schließlich ein mulmiges Gefühl in der Magengrube zu bekommen, wenn dennoch landauf- und abwärts wieder kunterbunt gegeneinander gekickt werden soll. Und das am besten gleich doppelt am Wochenende. Vielleicht mit der Corona-App als Schutzpatron beim Blitzturnier samt anschließender Players Party? Schneller testen als Söder erlaubt. Damit man Versäumtes der vergangenen Wochen und Monate aufholt, um dann zumindest im Ligapokal auch ganz bestimmt das zu schaffen, was sich in der irgendwann einmal begonnenen und vielleicht irgendeinmal doch noch endenden Saison (2019, fortfolgend) auf normalem Wege nicht mehr so recht realisieren ließe.

Corona teilt die Gesellschaft zwischen Befürworter und Skeptiker der Lockerung. Der bayerische Ministerpräsident fährt seinen Kurs voller Überzeugung und gibt sich als selbstbewusster Wegweiser aus der Krise. So wie auch das BFV-Präsidium trotz heftigen Gegenwindes vom eigenen Weg sehr überzeugt ist. Im Jahr 2020, vielleicht aber auch noch etwas länger, wird in Bayern nicht in erster Instanz im Haus des Fußballs entschieden, wann wieder Fußball gespielt wird. Die Spielmacher Bayerns sind derzeit die Söders, Herrmanns und Humls (nicht zu verwechseln mit der Influencerin, die am Mats hängt) und die hören - den Fußballern schmeckt es freilich wenig - derzeit mehr dem Robert als dem Rainer Koch zu. Dazu merkte der BFV-Präsident vergangene Woche zwar noch offensiv lobbyistisch an: „Dass der bayerische Amateurfußball auf höchster politischer Ebene Gehör findet, ist ein starkes Zeichen echter Wertschätzung", schränkte aber ungewollt prophezeihend ein: "Wir alle müssen bedenken und respektieren, dass aber nicht wir als Verband diese Entscheidung treffen, sondern die Staatsregierung.“

Blaues Auge im Ringen mit der Politik

Bitter schmeckt nun aber die Suppe, die man den Vereinen gewissermaßen damit eingebrockt hat, weil ganz offensichtlich jene Hoffnung köchelte, der bei Begutachtung des Infektionsgeschehens der vergangenen Tage beim Kurs der bayerischen Politik aber kaum überraschend die Grundlage fehlte. Eine Hoffnung, die sich dann gestern nonchalant wieder auflöste und eigentlich mehr Enttäuschung verbreitet hat als dazu nötig gewesen wäre. Der BFV ist im Kampf gegen Corona in den Ring gestiegen und hat sich erneut ein blaues Auge abgeholt.

Hinterher sind bekanntlich alle schlauer. Der BLSV war es sogar schon vorher. Oder er hat einfach das bessere Gehör, vielleicht auch eine weniger brachial anmutende Lobby, in höchster politischer Ebene. Der Landesverband des Sports in Bayern hatte zuletzt Anfang Juli auf eine "zeitnahe weitere Lockerung gehofft", ohne danach noch einmal weiter konkret zu werden. Immerhin stimmte der Kompass von BLSV-Präsident Jörg Ammon. Bis Stufe drei der Lockerung deckte sich die Vorhersage mit den folgenden Beschlüssen aus dem Kabinett. Der BLSV hat aber auch für sich erkannt, dass Schweigen zum richtigen Zeitpunkt nicht so verkehrt sein muss und die Einschränkung "bei günstig verlaufendem Infektionsgeschehen" nicht nur zierend angefügt war. Stufe vier bleibt weiter das Ziel - aber in Corona-Zeiten eben nicht nach dem Motto "koste es, was es wolle!"

Bayern und seine Nachbarbundesländer

Die Fußball-Vereine in Bayern müssen vielmehr erkennen, dass es eine recht vollmundige Meldung war, als der BFV am vergangenen Mittwoch die "nächste Woche" für die Freigabe der Vorbereitungsspiele aktiv zur Sprache brachte und damit eifrige Planungen bei seinen Mannschaften auslöste. "Wir preschen nicht vor", war das Credo, das aus dem BFV-Präsidium so gerne vermeldet wurde - Ansichtssache mögen sich einige nun wieder denken.

Eine Rechtfertigung folgte noch am gestrigen Abend per Pressemitteilung, diesmal durch den BFV-Geschäftsführer: "Wir hatten auf diesen Schritt gesetzt, da auch in den Nachbarbundesländern wieder gespielt werden kann und auch viele bayerische Vereine dorthin ausweichen, um Freundschaftsspiele auszutragen", erklärt Jürgen Igelspacher ohne jene "Mia-san-mia-Mentalität", an der sämtliche 20 Entscheidungen der übrigen Landesverbänden im DFB zum Saisonabbruch abgeperlt waren. Ähnlich wie der BFV nun an Bayerns Regierung abtropfte.

Aber der Kampf geht weiter, verspricht Igelspacher zugleich: „Wir werden weiterhin im Sinne unserer Vereine bei der Politik vorsprechen und unsere Interessen klar zum Ausdruck bringen. Gleichzeitig gilt es aber auch, die Entscheidungen der Bayerischen Staatsregierung zu akzeptieren, denn die Zahlen haben sich im Vergleich zur Vorwoche verändert und wir stehen in Bayern erst am Beginn der Sommerferien.“ Nun gut, Bayerns Staatsminister Florian Herrmann, sprach in der Pressekonferenz gestern von "weitgehend stabilen Zahlen", die Strategie der Vor- und Umsicht gelte dazu weiter unverändert, die Sommerferien haben planmäßig begonnen. Der Amateurfußball stand nicht auf der Agenda. Die Lobbyarbeit erfährt Grenzen.

Trainer, ich bin dann mal im Urlaub!

Doch karten wir nicht weiter nach, blicken wir nach vorn. Vor allem gilt es jetzt den hausgemachten Motivations-Super-GAU unter den Fußballern irgendwie einzufangen. "Wir hoffen auf eine baldige Lockerung hinsichtlich von Trainingsspielen – wenn auch ohne Zuschauer und mit handhabbarem Hygienekonzept. Das wäre der nächste herbeigesehnte Schritt, ehe wir dann von Wettkampfspielbetrieb sprechen", so Igelspacher unverdrossen. Sommerpause im Kabinett hin oder her - das BFV-Präsidium tagt am morgigen Donnerstag und bleibt bei seinen Plänen. Pauschal heißt das: Fortsetzung der Saison "im September". Mindestens vier Wochen vorher wird die Wiederaufnahme des Spielbetriebs aber angekündigt. Wer jetzt schon meint nachrechnen zu müssen, bitte sehr!

Einige Spieler werden das tun. Umso häufiger könnte es nun heißen: Trainer, ich bin dann mal im Urlaub! An Flughäfen, Bahnhöfen und Autobahnen wird jetzt zumindest zuverlässig getestet, auf den Sportplätzen wohl frühestens in der zweiten August-Hälfte. Von Liga und Ligapokal reden wir dann zu gegebener Zeit. Wann diese kommt, werden wir sehen. Der Rest ist Schweigen.

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