Kommentar: Warum die Saison 2019/20 kaum mehr zu retten ist - fussballn.de
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Artikel veröffentlicht am 03.04.2020 um 11:00 Uhr
Kommentar: Warum die Saison 2019/20 kaum mehr zu retten ist
Die Rechnung für ein planmäßiges Saisonende 2019/20 geht in keiner Spielklasse mehr auf. Und auch der Saisonabschluss an sich ist in den lupenreinen Amateurklassen wohl nur auf dem Papier noch möglich. Dass der BFV das Spieljahr aber aktuell noch nicht abbricht, hat "haftungs- und versicherungstechnische Gründe", wie den Vereinen aus den Verbandsligen bereits per Webinar erklärt wurde. 
Von Marco Galuska
Olympische Spiele und Fußball-Europameisterschaft sind für dieses Jahr abgesagt. Selbst der heilige Rasen in Wimbledon bekommt erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg eine Auszeit. Die oberste Spielklasse in Belgien hat am Donnerstag den Abbruch verkündet. Aber die Deutsche Fußball Liga hält aktuell noch an einem Ende der Bundesliga-Saison fest, idealerweise bis zum 30. Juni. "Dafür muss man irgendwann beginnen", verkündete DFL-Geschäftsführer Christian Seifert. Neben der Aussetzung des Spielbetriebs soll bis zum 5. April das Mannschaftstraining unterbleiben, "um die Maßnahmen der Bundesregierung konsequent zu unterstützen".

Eine interessant demütig anmutende Aussage, die Seifert bei der Pressekonferenz am vergangen Dienstag traf, ungeachtet der am Vortag verkündeten Vorgaben der Bayerischen Landesregierung, welche generell keine Lockerung der Ausgangsbeschräkungen vor Ende der Osterferien am 19. April vorsieht. Freilich Profifußball und Amateurfußball sind zwei Paar Stiefel, die DFL ist auf dem besten Weg zum Staat im Staate. Dem Vernehmen nach reichen vereinbarungsgemäß da auch vorerst jeweils 13 gesunde Feldspieler und zwei Torhüter damit die Bundesliga-Saison vor leeren Rängen zu Ende gespielt wird. Verlässlich und planbar ist in Zeiten von Corona allerdings nicht allzu viel. Frag nach beim mächtigsten Präsidenten der Welt! Oder besser doch nicht...

BFV im Windschatten der Politik

Doch zurück vor die eigene Haustüre, zumindest schon einmal perspektivisch. Der BFV tut aktuell gut daran, die zweite Geige zu spielen. Sprich im Windschatten der Landesregierung zu fahren. Der komplette Spielbetrieb bleibt also "bis auf Weiteres" ausgesetzt. Das mag planungstechnisch vorläufig äußerst unbefriedigend erscheinen, ist aber aus "haftungs- und versicherungstechnischen Gründen" aktuell noch alternativlos. Aufstiegswillige Vereine und zum Sparen gezwungene Sponsoren würden mit Rechtsbeistand vor der Türe stehen, sollte der BFV noch vor der Politik den Rolladen für das Spieljahr herunterlassen.

Abseits der aktuellen Gleichung "politische Vorgabe plus 14-tägige Vorbereitungsphase" darf im Zuge der Aufhebung des Denkverbots der Terminkalender allmählich mit mehr Vernunft betrachtet werden. Oder: Wer beschäftigt sich eigentlich schon mit dem kommenden Gegner am 9. oder 10. Mai?

Es gibt hinter verschlossenen Türen gewiss die Rechenspiele eines bei Saisonabbruch konstruierten Aufsteigers aus der Regionalliga (Türk Gücü München wären Schweinfurt & Co damit los) und Bayernliga (Pipinsried wird mit 21 Punkten Vorsprung im Süden durchgewinkt, Eltersdorf, Vilzing und Seligenporten können zu gegebener Zeit den Nord-Meister unter sich ausspielen), je weiter man aber in den Ligen nach unten blickt desto deutlicher wird, dass die Saison 2019/20 weder sauber beendet noch wirklich befriedigend gewertet werden kann - mit aller Ungerechtigkeit (nachrangig zum Primat der Gesundheit) für die derzeit Besten der Amateurligen.

Der Feind des Spielbetriebs - sichtbar und schleierhaft


Dabei wäre das terminliche Problem, dass das Spieljahr nicht bis in den Juni oder Juli abzuschließen ist (abgesehen von konkurrierender Interessen der Arbeitgeber und Familien), nicht das größte. Der "unsichtbare Feind" kann bis zur Marktreife eines verlässlichen Impfstoffs (Optimisten sprechen vom Herbst) sowieso immer wieder aufs Neue dazwischen funken, was dem "schleierhaften Feind", namentlich dem Abstiegsgespenst, in die Karten spielen würde.

Den sportlichen Hintergedanken beiseite: Keine Spielabsage wäre zur besten Jahreszeit verständlicher als in diesem Jahr. Keine Maßnahme des Vereinsvorstands, das gesundheitliche Risiko für seine Mitglieder individuell noch etwas genauer abzuwägen, in der derzeitigen Lage vernünftig belegbar. Es müssen also ALLE überhaupt dürfen - und zudem auch wieder wollen. Und zwar wirklich alle!

Die Suche nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner ist keine leichte, oder wie BFV-Präsident Koch in seiner Videobotschaft festhält: "Wir müssen einschätzen können, wann wieder trainiert werden kann. Wann wieder freiwilliger Spielbetrieb möglich ist und wann in den Ligen wieder Wettbewerbsfußball stattfinden kann. Das setzt nämlich voraus, dass ALLE Vereine wieder spielen wollen und auf all unseren Fußballplätzen auch wieder gespielt werden darf." 

Dass die überlegenen Tabellenführer verdientermaßen feiern wollen würden - geschenkt! Leider! Solange Corona auf Rang eins steht und neben dem gesundheitlichen Risiko die Tabellen auch noch Abstiegsgefahr streuen, bleibt die sportliche Beendigung der Saison in 2020 ein frommer Wunsch. Da wirkt der Vorschlag eines Amateurfußballs ohne Zuschauer eher wie ein hilfloser Rettungsversuch. Eine Kompensation durch TV-Millionen gibt es halt in der Kreisliga nicht.

Der Saisonstart als Ziel


Und was nun? Es bedarf spätestens nach Ostern einer "Exit-Strategie" in vielen Bereichen. Im gar nicht mehr so relevanten Amateurfußball erscheint eigentlich nur logisch: alles auf Anfang! Die Problematik von "Verweigerern" aus sportlicher Sicht ergibt sich beim Neustart nicht mehr. Wo ein Wille ist, ist auch plötzlich wieder ein Weg.

Der reguläre Saisonstart 2020/21 sollte zum heutigen Stand ein Ziel sein, auf das mit einem vier- oder fünfmonatigen Horizont geblickt werden kann. Gerüstet sollten Verband und Vereine aber dann mit der nötigen Flexibilität ins kommende Spieljahr gehen. Denn verbindlich und verlässlich ist derzeit eben nichts - bis auf weiteres! Sollte sich im Spätsommer dann abzeichnen, dass der Saisonstart kaum mehr 2020 erfolgt, dann könnte das Spieljahr, wie vor dem Rundenbeginn (!) zu vereinbaren, notfalls halbiert werden und auch erst im Frühjahr 2021 starten. Für eine einfache Runde könnte es dann immer noch reichen, ehe sich - so die Hoffnung - wieder mehr und mehr Reguläres einstellt.

Frühestens 2021 dürfte der Sport auch wieder wichtig werden, Tabellen und Zahlen eine andere Bedeutung bekommen. Dem Fair-Play-Gedanken nach sollten die Teams, die jetzt oben stehen, auch wieder oben stehen - einer der Bestandteile der eierlegende Wollmilchsau, mit der sich die Verantwortlichen auseinanderzusetzen haben. Aber am Ende des Tunnels ist bekanntlich Licht und dann darf man auch wieder einer großen Gestalt des deutschen Fußballs folgen: „Geht's raus und spielt's Fußball!"

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