Interview mit BFV-Präsident Koch: "Ich muss wissen, was an der Basis los ist!" - fussballn.de
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Artikel veröffentlicht am 21.01.2014 um 09:50 Uhr
Interview mit BFV-Präsident Koch: "Ich muss wissen, was an der Basis los ist!"
Bei 24 Kreistagen, sieben Bezirkstagen und dem Verbandstag stellt sich der BFV für die nächsten vier Jahre personell und inhaltlich neu auf. Vor dem Auftakt am Samstag spricht BFV-Präsident Dr. Rainer Koch über seine Erwartungen, die Schwerpunkte auf den Kreistagen und die Herausforderungen für den Amateurfußball. Koch fordert die Vereine auf, zum Kreistag zu kommen und sich einzubringen.
Von BFV
Rainer Koch
BFV

Herr Dr. Koch, das Motto im BFV-Wahljahr lautet „Verband und Vereine – Pro Amateurfußball“. Was steckt dahinter?

Dr. Rainer Koch: Wir wollen sagen: „Der Amateurfußball lebt und hat durchaus gute Zukunftsaussichten!“ Schließlich setzen sich in über 4500 bayerischen Fußballvereinen viele Tausend Mitarbeiter für ihren Klub und damit für den Amateurfußball ein. Hinzu kommen rund 800 ehrenamtliche und ca. 70 hauptamtliche Mitarbeiter im BFV. Der Verband ist der Zusammenschluss aller Vereine. Wir sitzen alle gemeinsam in einem Boot, wir haben alle das gleiche Ziel: Wir wollen, dass unsere Vereine erhalten bleiben und optimistisch nach vorne schauen können. Das schaffen wir nur, wenn wir zusammen „Pro Amateurfußball“ sind. Das Motto ruft deshalb zu Geschlossenheit und einem gemeinsamen leidenschaftlichen Engagement für den Amateurfußball auf.


Ende Januar beginnen die Kreistage. Was sind die Schwerpunkte bei den Veranstaltungen?

Dr. Rainer Koch: Wir werden Bilanz ziehen und Rechenschaft ablegen über die Arbeit der letzten vier Jahre. Nie zuvor in seiner Geschichte hat der BFV mehr in Service- und Dienstleistungen für die Vereine an der Fußballbasis investiert. Die seit dem letzten Verbandstag mit jährlich einer Million Euro ausgestattete Kampagne „Pro Amateurfußball“ hat sich zum wichtigsten Zukunftsprojekt für den Amateurfußball entwickelt. Darüber werden wir berichten und unsere nächsten Vorhaben aufzeigen. Herausforderung Nummer eins ist für mich die demografische Entwicklung und der daraus resultierende unvermeidbare Mannschafts- und Spielerrückgang. Wir brauchen Lösungen für den Umgang des Fußballs mit der Ganztagsschule und den Schwierigkeiten bei der Gewinnung neuer ehrenamtlicher Mitarbeiter für die Vereins- und Verbandsarbeit. Daneben stellen wir uns natürlich auch personell neu auf. Die Vereine wählen auf den Kreistagen die gesamte BFV-Kreisspitze neu. Wir brauchen Geschlossenheit und Miteinander! Wie schon vor vier Jahren werden deshalb auch dieses Mal die Vereine auf den Kreistagen wieder aktiv in Meinungsbildungsprozesse des Verbandes eingebunden.


Das heißt konkret?

Dr. Rainer Koch: Dass wir unsere Vereine bei allen Kreistagen zum Beispiel nach ihrer Meinung zu möglichen Veränderungen im Spielbetrieb fragen. Ganz konkret zu vier Diskussionspunkten: Einem erweiterten Zusatzspielrecht im Senioren-/ Hallen- und Freizeitfußball, flexiblen Mannschaftsgrößen in den unteren beiden Spielklassen, einem freiwilligen Spielklassenwechsel in eine niedrigere Liga sowie einer bayernweiten Einführung der Fair-Play-Liga im U9-Bereich.


Die Fair-Play-Liga wurde in einer Pilotphase getestet. Ohne Schiedsrichter, die Trainer in einer Coaching-Zone und die Eltern zurückversetzt in einen Zuschauerbereich - wie ist Ihre Meinung dazu?

Dr. Rainer Koch: Ich bin ein klarer Befürworter. Wir haben die Fair-Play-Liga nicht erfunden. Anderswo in Deutschland gibt es das schon seit einigen Jahren. Meine Kollegen dort berichten mir, dass es ohne Probleme funktioniert. Die Kinder können ohne Druck von außen spielen, haben so mehr Spaß am Fußball. Und um noch ein Missverständnis aus der Welt zu räumen: Wir wollen die Fußballplätze nicht zu einer eltern- oder zuschauerfreien Zone erklären. Natürlich sollen die Mütter und Väter bei den Spielen ihrer Kinder weiter mitfiebern. Möglicherweise haben sie ja sogar mehr Spaß, wenn sie während des Spiels gemeinsam mit den anderen Eltern zuschauen und dabei vielleicht sogar einen Kaffee zusammen trinken. Eine Gegenfrage: Haben Sie schon einmal Eltern am Spielplatz erlebt, die dauernd neben der Schaukel oder Rutsche stehen und den Kindern brüllend zurufen, wo, wie und mit wem sie als nächstes zu spielen haben? Ich nicht! Die Debatte um die Fair-Play-Liga erinnert mich ein wenig an einige emotionale Diskussionen zum Thema Rückwechseln vor vier Jahren. Wir hatten uns damals zu einer Sachdiskussion mit den Vereinen entschlossen und am Ende hat die Mehrheit der Vereine zugestimmt. Heute gehört das Rückwechseln ganz selbstverständlich zum Spiel dazu. Ich hoffe, dass unsere Jugendausschüsse die Vereine mit der Idee zur Fair-Play-Liga überzeugen können.


Sie haben angekündigt, wieder alle 31 Kreis- und Bezirkstage zu besuchen. Warum?

Dr. Rainer Koch: Weil mir ungeachtet aller Aufgaben und zeitlichen Belastungen im DFB und für den Amateurspitzenfußball als BFV-Präsident die Vereine an der Basis ganz besonders am Herzen liegen. Ca. 90 Prozent unserer Mitgliedsvereine spielen auf Kreisebene Fußball. Deshalb muss ich wissen, was an der Fußballbasis los ist, möchte hören, was dort geleistet und gedacht wird. Der persönliche Austausch mit den Menschen, die an der Basis ehrenamtlich alles für ihren Klub tun oder für den BFV arbeiten, ist für mich unverzichtbar.


Können Sie schon verraten, was Sie in Ihrer Grundsatzrede ansprechen werden?

Dr. Rainer Koch: Die Zukunftssicherung von Verband und Vereinen trotz demografisch bedingtem Rückgang an Spielern und Mannschaften, trotz Ganztagsschule, trotz vielfältiger Veränderungen der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, trotz immer erdrückender werdender Konzentrierung des Medieninteresses auf den professionellen Spitzenfußball. Es geht mir um „Pro Amateurfußball“, ein klares und geschlossenes Bekenntnis des Verbandes und seiner Vereine zum Amateurfußball. Ich werde die Dienst- und Serviceleistungen des Verbandes für die Vereine ansprechen und über die Finanzierung reden. Ich werde ankündigen, dass wir dank guter Haushaltsführung des Schatzmeisters am Verbandstag keine Gebührenerhöhungen vornehmen müssen und darüber hinaus ganz generell für die nächste Wahlperiode lediglich die unvermeidlichen, in diesen Zeiten aber Gottlob sehr geringen inflationsbedingten Angleichungen beschließen lassen wollen – vorausgesetzt die bestehenden Finanzierungsgrundlagen des Verbandes bleiben erhalten. Wir sehen trotz aller Kostensteigerungen eine Chance, die Leistungen des Verbandes für die Fußballbasis in den nächsten vier Jahren weiter wie gewohnt und ohne Leistungskürzungen erbringen und finanzieren zu können. Wir dürfen dabei aber nie vergessen, dass ein Großteil unserer Mitgliedsvereine weit weniger als 50 Prozent der von ihnen ausgelösten Kosten des Verbandes selbst zu tragen hat.


Wieso sollten die Vereine Ihrer Meinung nach zum Kreistag kommen?

Dr. Rainer Koch: Der Amateurfußball wird immer dann besonders wahrgenommen, wenn er sich geschlossen und in großer Zahl äußert. Wir beklagen zu geringe Zuschauerzahlen im Amateurfußball, obwohl sich an jedem Wochenende über eine Million Menschen auf bayerischen Amateurfußballplätzen aufhalten, ungefähr 15 mal so viele Menschen, wie in die Allianz Arena passen. Wir sollten aber nicht klagen, sondern auf den Kreistagen aufzeigen, welch große gesellschaftliche Bewegung der Amateurfußball ist. Wir können den BFV als Repräsentanten seiner Mitgliedsvereine stärken, indem wir gemeinsam die Weichen für eine gute Zukunft des Amateurfußballs stellen. Die Vereine können und sollen die Verbandsarbeit und den Amateurfußball mitgestalten. Ich wünsche mir deshalb, dass möglichst viele die Kreistage besuchen, sich in das Arbeitsprogramm einbringen und dadurch den BFV, den Zusammenschluss der Vereine, und dessen Mitarbeiter stärken.

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