Doch in vertraulichen Gesprächen wird deutlich: Jeder weiß, dass deutsche Spieler weiterhin in ausländischen Casinos aktiv sind – und dass es praktisch keine Handhabe gibt, dies zu unterbinden.
Alt: Lizenzen im Vergleich
KI
Die nationale Brille
Mit der Schaffung der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL) sollte Ordnung in den Markt gebracht werden. Einzahlungslimits, Sperrsysteme und Werbevorgaben bilden die Grundlage des deutschen Modells. Behördenmitarbeiter betonen in öffentlichen Stellungnahmen regelmäßig die Bedeutung von Spielerschutz und Kanalisierung.
Doch in HR-Auswertungen zeigt sich, dass diese Argumente nach innen weitaus differenzierter betrachtet werden. „Wir verteidigen das deutsche Modell nach außen, weil es unser Auftrag ist“, heißt es aus der Verwaltung. „Aber intern ist uns klar, dass Spieler längst internationale Alternativen nutzen.“
Die Realität des Ausweichens
Ausländische Anbieter mit Lizenzen in Malta, Gibraltar oder Curacao ziehen Spieler an, die sich von deutschen Einschränkungen abwenden. Behördenmitarbeiter wissen das. In vertraulichen Gesprächen fällt immer wieder derselbe Satz: „Natürlich dürfen sie es nicht, aber sie tun es trotzdem.“
Ein Mitarbeiter einer Landesbehörde erklärte: „Die rechtliche Vorgabe ist eindeutig. Aber solange wir keinen direkten Zugriff auf ausländische Anbieter haben, können wir wenig mehr tun, als warnen.“
Die Erkenntnis ist eindeutig: Die Regeln werden gesehen, verstanden und gleichzeitig umgangen.
Sicherheit von Glücksspiellizenzen – eine Frage der Definition
In Interviews fällt auf, dass der Begriff Sicherheit von Glücksspiellizenzen sehr unterschiedlich verstanden wird. Für deutsche Stellen bedeutet Sicherheit vor allem Kontrolle und Durchsetzbarkeit. Internationale Lizenzgeber wie die Malta Gaming Authority oder die UK Gambling Commission setzen Sicherheit dagegen mit Verbraucherschutz, technischer Transparenz und klaren Marktstandards gleich.
Ein Behördenmitarbeiter formulierte es nüchtern: „Wir zweifeln nicht daran, dass Malta oder die UK Gambling Commission strenge Prüfungen durchführen. Aber solange wir nicht eingreifen können, fühlen wir uns auf politischer Ebene machtlos.“
Stimmen aus der Branche
Compliance-Manager und Juristen, die zwischen Behörden und Anbietern vermitteln, bestätigen dieses Spannungsfeld. Ein Experte erklärte: „Es ist kein Geheimnis, dass Spieler aus Deutschland nach wie vor bei ausländischen Anbietern registriert sind. In Gesprächen mit Behörden hört man keinen Widerspruch, sondern vielmehr ein Achselzucken. Sie wissen es, aber sie können es nicht ändern.“
Eine Juristin für Glücksspielrecht ergänzte: „Das deutsche Modell ist restriktiv, aber es verfehlt sein Ziel, weil es die Spieler nicht bindet. Andere Lizenzsysteme bieten Schutzmechanismen, die mindestens so effektiv sind – nur ohne dieselbe politische Kontrolle.“
Politische Vorgaben bestimmen die Haltung
Die Haltung der Mitarbeiter ist also weniger eine Frage des Wissens als der Loyalität. Wer im deutschen System arbeitet, hat die Pflicht, das nationale Modell zu verteidigen. Doch HR-Berichte machen sichtbar, dass dieses Pflichtbewusstsein häufig im Widerspruch zur Realität steht.
„Wir sehen die Zahlen. Wir wissen, wohin die Spieler gehen. Aber wir können nicht so tun, als ob wir es akzeptieren würden“, so ein leitender Verwaltungsmitarbeiter. Damit wird klar: Das Problem ist nicht Unwissenheit, sondern das Fehlen wirksamer Instrumente.
Alltagspraxis: Verbot ohne Durchsetzung
Im Alltag bleibt es bei einem paradoxen Zustand. Spieler dürfen ausländische Angebote nicht nutzen, tun es aber massenhaft. Behördenmitarbeiter wissen das, greifen es in internen Runden offen auf – und halten sich in offiziellen Papieren dennoch an die klare Linie.
„Es gibt keine Illusionen“, heißt es in einem Bericht. „Aber solange es keine europäischen Mechanismen gibt, bleibt uns nur die Rolle des Beobachters.“
Vergleich der Lizenzsysteme
Land / Behörde
| Schwerpunkt der Regulierung
| Konrtollen / Audits
| Wahrnehmung in deutschen Behörden
|
Deutschland (GGL)
| Spielerschutz, Kanalisierung
| Zentrale Sperrdatei, Einzahlungslimit
| National hoch bewertet
|
Malta (MGA)
| Markttransparenz, Verbraucherschutz
| IT-Prüfungen, jährliche Audits
| Skeptisch, aber als solide anerkannt
|
| Gibraltar | Finanzielle Stabilität
| Finanz- und Compliance-Prüfungen
| Solide, pragmatisch bewertet
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| Curacao | Zugang für internationale Anbieter
| Locker, Reformen seit 2021
| Kritisch, aber präsent
|
UK Gambling Comission (UKGC)
| Strenge Marktaufsicht
| Hohe Strafen, intensive Kontrolle
| Respektiert, ähnlich streng wie DE
|
Das Dilemma der Behördenmitarbeiter
Die zentrale Erkenntnis aller HR-Auswertungen lautet: Den Behördenmitarbeitern ist vollkommen klar, dass Spieler weiterhin in ausländischen Casinos spielen. Sie wissen, dass das offiziell nicht erlaubt ist, und sie wissen auch, dass internationale Lizenzen durchaus seriöse Strukturen haben. Doch solange keine Instrumente existieren, um darauf zu reagieren, bleibt nur die Verteidigung des deutschen Modells.
Dieses Spannungsfeld prägt die Haltung – streng in der öffentlichen Kommunikation, realistisch und oft ernüchtert in den internen Gesprächen. Damit ist die Bewertung ausländischer Glücksspiellizenzen weniger eine fachliche als eine politische Aufgabe geworden.
Abschluss
Deutsche Behördenmitarbeiter betonen nach außen die Linie des Glücksspielstaatsvertrags und stellen die nationale Regulierung als Maßstab für Spielerschutz und Kontrolle dar. In vertraulichen Gesprächen zeigt sich jedoch, dass sie längst wissen, wie viele Spieler internationale Angebote nutzen. Die offizielle Haltung ist Pflicht, doch die Realität des Marktes bleibt ihnen keineswegs verborgen.
Besonders der Begriff Sicherheit von Glücksspiellizenzen wird unterschiedlich ausgelegt. Während deutsche Stellen ihn mit Durchsetzbarkeit und Kontrolle verbinden, verstehen internationale Behörden darunter Markttransparenz, technische Prüfungen und Verbraucherschutz. In HR-Berichten wird deutlich, dass deutsche Mitarbeiter diese Unterschiede sehen, aber institutionell gebunden bleiben.
Am Ende entsteht ein Dilemma: Behördenmitarbeiter erkennen die Grenzen ihrer Möglichkeiten, können den Ausstieg vieler Spieler ins Ausland jedoch nicht verhindern. Deshalb verteidigen sie das deutsche Modell zwar konsequent, wissen aber, dass es die Realität kaum abbildet. Anspruch und Wirklichkeit klaffen sichtbar auseinander.
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