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Artikel veröffentlicht am 22.05.2025 um 10:00 Uhr
die amateurschreiber - Folge 55: U23-Regel haltlos – Was das für den Fußball heißt
PODCAST In Folge 55 von "die amaterschreiber" ist Sebastian "Basti" Baumann allein am Mikro – Co-Host Uwe Kellner musste kurzfristig passen. Dafür gibt’s mit Sportrechtsanwalt Felix Steinbach einen Gast, der weiß, worauf es ankommt: Die umstrittene U23-Regel in der Regionalliga Bayern und ihr Bruch mit dem EU-Recht stehen im Mittelpunkt eines spannenden Talks.
Von Sebastian Baumann
Ausgangspunkt des Gesprächs ist der Fall Schwaben Augsburg, die mehrere Spiele gewannen, jedoch angezeigt wurden, weil sie gegen die U23-Regelung des Bayerischen Fußball-Verbands (BFV) verstoßen haben sollen. Diese sieht vor, dass auf dem Spielberichtsbogen vier deutsche Spieler unter 23 Jahren aufgeführt sein müssen, die noch kein A-Länderspiel absolviert haben. Steinbach kritisiert diese Regelung scharf, da sie die deutsche Staatsbürgerschaft als Kriterium einfordert – ein klarer Verstoß gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Artikel 45 AEUV. Wäre lediglich von EU-Bürgern die Rede, gäbe es aus seiner Sicht keine rechtlichen Bedenken. Auch der DFB sei betroffen, denn eine analoge Regelung findet sich in der DFB-Satzung für die 3. Liga. „Das ist eigentlich juristisch ein Selbstläufer. Die Regelung ist in der aktuellen Form europarechtswidrig“, sagt der Rechtsanwalt.

Der Fall ging ungewöhnlich weit: Nicht vor ein Verbandsgericht, sondern vor ein echtes Schiedsgericht des 1. Zivilsenats am OLG Nürnberg – ein Schritt, den viele Vereine aus Kostengründen scheuen. Dieses Schiedsgericht entschied, dass Schwaben Augsburg die Punkte behalten darf, obwohl der Regelverstoß formal vorlag.


Gast ist dieses Mal Rechtsanwalt Felix Steinbach.
privat

Widersprüche und Lücken im System

Der Host und sein Gast sprechen auch über die Widersprüchlichkeit, dass Vereine trotz aufgehobener Urteile weiterhin Geldstrafen erhalten – zuletzt 200 Euro für die DJK Vilzing. Diese resultieren aus einem anderen Paragraphen, der formal noch gültig ist. Ein Missstand, der den Bedarf an klareren Regeln und transparenter Kommunikation offenbart.

Gleichzeitig kritisiert Steinbach technische Mängel in den digitalen Spielsystemen, z.B. die fehlende Sperranzeige bei Spielberechtigungen. Vereine stünden dadurch vor einem Dilemma: Auf der einen Seite sollen sie sich auf das System verlassen, auf der anderen Seite sind sie bei Fehlern allein verantwortlich. „Es ist schwer nachvollziehbar, dass diese Systeme technisch nicht in der Lage sind, so etwas anzuzeigen. Das schreckt Vereine ab – und ist rechtlich heikel“, sagt Felix Steinbach.

Reformbedarf und mögliche Lösungen

Steinbach plädiert deutlich für eine Überarbeitung der Spielordnung, nicht nur beim BFV, sondern auch auf DFB-Ebene und in anderen Sportarten. Besonders kritisch sieht er die ungleiche Behandlung von EU- und Nicht-EU-Spielern und die strikte Auslegung der Regelungen. Als Alternativen schlägt er Anreizsysteme vor, wie z.B. in Österreich, wo Vereine für den Einsatz junger Spieler finanzielle Boni erhalten. Auch aus dem Eishockey ließen sich Konzepte übernehmen – etwa eine flexible Kaderregelung, die zusätzliche Plätze für Nachwuchstalente erlaubt. Darüber hinaus sieht Steinbach auch kartellrechtliche Probleme in der bisherigen Ausgestaltung der Regelung. Die U23-Vorgabe könne potenziell den Wettbewerb verzerren und müsse aus diesem Blickwinkel ebenfalls angepasst werden.

Ehrenamt, Fairness und die Rolle der Juristen

Am Ende diskutieren Sebastian "Basti" Baumann und Felix Steinbach, wie sich der steigende Einfluss des Sportrechts auf den Amateurfußball auswirkt. Einerseits sorgt mehr Juristerei für Rechtsklarheit, andererseits schreckt sie ehrenamtlich Engagierte durch Formalismen und Haftungsängste ab. Steinbach sieht die Entwicklung ambivalent, wünscht sich aber mehr Dialog zwischen Verbänden und Basis.
Die Regelungen müssen nicht nur rechtssicher, sondern auch praktikabel und fair für den Amateursport sein“, sagt Felix Steinbach zum Schluss.


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