Artikel vom 20.03.2019 06:00 Uhr
Auf Einladung der
Sparkasse Coburg-Lichtenfels und des Coburger Sportverbandes waren
der Präsident des Bayerischen Fußballverbandes und
DFB-Vizepräsident Dr. Rainer Koch und FIFA-Schiedsrichter Dr. Felix
Brych - auch Abteilungsleiter Talentförderung des Bayerischen Fußballverbandes - nach Coburg in
das Lokal "Bayrish Pub" gekommen, um über das Thema „Reise des
Amateursports - wo geht sie hin?“ zu sprechen.
Rainer Engelhardt (li.) von der Sparkasse
Coburg-Lichtenfels und Michael Schulz (re.) vom Sportverband hatten die
Idee für den Sporttalk.
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Herr
Engelhardt, Herr Schulz, wer hatte die Idee, einen Sporttalk in
Coburg ins Leben zu rufen?
Rainer Engelhardt: Wir beide gemeinsam.
Vor etwa zwei Monaten reifte die Idee, ein geeignetes Format zu
bekommen. Wir haben uns zusammengesetzt, um einen passenden Namen,
einen Termin und ein Lokal zu suchen. Und dass es gleich mit der
Verpflichtung von Dr. Rainer Koch und Dr. Felix Brych geklappt hat,
freute uns natürlich umso mehr.
Wie oft ist dieser Sporttalk
geplant?
Rainer Engelhardt: Da sind wir relativ ergebnisoffen.
Aber unser Wunsch ist mindestens zweimal im Jahr, am besten im
Frühjahr und im Herbst. Denn wir wollen lieber Qualität als
Quantität.
Betrifft es nur den Fußball oder sind auch andere
Sportarten mit interessanten Partnern vorgesehen?
Michael Schulz:
Da sich Coburg immer mehr zu einer attraktiven Sportstadt entwickelt
hat, schaut man auf den aufstrebenden Fußball – besonders die
positive Entwicklung des Nachwuchsleistungszentrums – den Handball,
Basketball, Volleyball, die Schützen, Tanzturniere und mehr, wollen wir
natürlich auch aus anderen Sportarten Persönlichkeiten nach Coburg
holen, um der heimischen Bevölkerung dieses Event hautnah zu
präsentieren.
Wie kam man auf das Lokal "Bayrish Pub"?
Michael
Schulz: Wir wollten nicht, wie üblich, Personen auf der Bühne
aufgereiht haben, sondern im schönen, lockeren Ambiente in einem Mix
aus gemütlicher Wirtshausatmosphäre und Sportlerstammtisch
zusammenkommen. Dafür haben wir mit dem "Bayrisch Pub", im Zentrum der Stadt und nahe am Parkhauses gelegen, einen optimalen Standort gefunden.
Positiv beeindruckt zeigten sich Dr. Rainer Koch und Dr. Felix Brych von der Entwicklung des Nachwuchsleistungszentrums in Coburg.
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Am Nachmittag
besuchten Dr. Rainer Koch und Dr. Felix Brych das Coburger
Nachwuchsleistungszentrum in der Wiesenstraße. Beide waren sehr
beeindruckt davon, wie positiv sich der Standort Coburg weiterentwickelt hat. „Ich
bin erfreut, qualifizierte Trainer vorgefunden zu haben. Denn es geht
darum, den leistungsstarken Talenten aus der Region eine optimale
Möglichkeit zu geben, sich weiterzuentwickeln, auch wenn sie nicht in
einer der Großstädte oder Bundesligastandorte zu Hause sind. Unser Ziel
ist, dass die Kinder möglichst lange daheim wohnen können und
trotzdem die gleichen Chancen haben, sich zu guten Fußballern zu
entwickeln“, sagte der BFV-Präsident.
Dr. Felix Brych, der zum vierten Mal im
Nachwuchsleistungszentrum in Coburg zu Besuch war, äußerte sich
ebenfalls sehr positiv, über das, was er beim FCC vorfand: „Coburg ist
geographisch sehr wichtig, auch was die Nähe zu Thüringen betrifft.
Ich bin gerne hier und würde mich freuen, wenn der eine oder andere
Youngster den Sprung in den Profibereich schafft“, erklärte der einstige
FIFA-Weltschiedsrichter.
Michael Schulz (li.) und Jürgen Heeb (re.) vom Coburger Sportverband sowie Rainer Engelhardt (Mi.) von der Sparkasse Coburg-Lichtenfels sprachen zu Beginn die Grußworte.
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Der Sporttalk am Abend
Nachdem Michael Schulz, Rainer
Engelhardt und Jürgen Heeb die Begrüßungsworte gesprochen hatten
und auch die Ehrengäste Dr. Rainer Koch und Dr. Felix Brych,
Sportamtsleiter Eberhard Fröbel, Bezirksvorsitzenden Thomas Unger,
Verbands-Jugendleiter Florian Weißmann und Kreisspielleiter Egon
Grünbeck sowie Vertreter der Stadt Coburg, des Sportamtes und der
Sparkasse Coburg-Lichtenfels auf das Herzlichste willkommen geheißen hatten,
übergab man das Mikrofon an den Moderator des Abends, Michael Eckelt
vom SV Coburg-Ketschendorf. Der richtete gleich die erste Frage an Dr. Rainer Koch und sprach dabei den demographischen Wandel mit einer schwindenden Zahl an Fußballern,
vor allem im Nachwuchsbereich, an. „Es stimmt, die Zeiten
haben sich gegenüber früher sehr geändert. Es gilt, sich den
Herausforderungen zu stellen, da die heutige Generation auch andere
Interessen hat und die Lebensgewohnheiten sich grundsätzlich
geändert haben. Es ist nicht mehr so wie vor Jahren, dass es einen festen Plan,
wie Dienstag und Donnerstag Training, Samstag oder Sonntag Spiele, gibt.
Die heutigen Angebote in der digitalisierten, schnelllebigen Welt
kann man nicht mehr mit der Vergangenheit vergleichen, als wir noch "Tipp-Kick" und Schafkopf in der dritten Halbzeit spielten.“
Fragen aus dem Publikum
Norbert Sauer (früherer
Bayernligaspieler des VfB Coburg und Bayern-Auswahlspieler) meldete
sich zu Wort und sprach die Einführung der aufstiegsberechtigten Reserven
an. Dadurch werde alles zerrissen, was an den fehlenden
Einnahmen der kleinen Vereine messbar sei. Dieses Thema sagte Dr.
Rainer Koch ist schon 20 Jahre alt. Es bleibe den Vereinen selbst
überlassen, ob sie mit ihren zweiten Mannschaften aufstiegsberechtigt
spielen wollen oder nicht.
Jürgen Müller (langjähriger
Senioren- und Jugendtrainer) sprach harte Worte Richtung BFV nach
München. Er beschwerte sich, dass "der Fisch zuerst immer am
Kopf stinke" und dass Nordbayern benachteiligt werde, was die Zukunft des
Fußballs, besonders im Nachwuchsbereich betreffe. Er sprach auch den
Spielplan an und die Tatsache, dass von Ende Mai bis Mitte Ende Juli – bis auf
einige Relegations- und Vorbereitungsspiele „tote Hose“ auf den
Plätzen herrsche. Dr. Rainer Koch antwortete darauf, dass viele Projekte, zum Beispiel mit Schulen laufen, regelmäßig einen „Fußballtag“ zu veranstalten. Machbar ist vieles, aber da immer mehr
Lehrerinnen unterrichten, sei es nicht so einfach. Bei der Gestaltung
der Spielpläne sei darauf zu achten, dass die Spieler genügend
Pausen haben, um zu regenerieren. Auch die Ferien- und Urlaubszeit
sei zu beachten, auch weil bei vielen Vereinen die Bespielbarkeit,
wie auch die Pflege des Rasens den jeweiligen Städten obliegt.
Ein
zorniger Dieter Hartan, der seit 21 Jahren die Coburger
Hallenfußball-Stadtmeisterschaften - die ja als Privat-Hallenturniere laufen - organisiert, regte sich über die
geänderten Regeln in der Halle auf, wie Einkicken, der Anstoß
zum Gegner, dass der Torwart den Ball durch die gesamte
Halle wirft, der dann postwendend vom anderen Keeper gegenüber
zurückkommt oder die eigentlich für den Handball vorgesehenen
kleineren Tore.
Sportamtsleiter Eberhard Fröbel wurde
ebenfalls sehr laut und forderte: „Die Staatsmittel für die
Pflege und Sanierung der Sportanlagen oder auch bei Renovierungen an
Sportheimen von Heizung, Toiletten, Dächern und mehr müssten erhöht
werden. Zudem sollte zusammen mit dem BLSV mehr Einfluss auf die
Politik genommen werden. Die Vereine gehören mehr unterstützt. Ein
Beispiel ist, dass es in Coburg kaum Jugendkriminalität gibt, was an
den vielen Ehrenamtlichen dort liegt, die sich um die Kinder und
Jugendlichen kümmern.“
Gerhard Amend (Stadtrat und
ehemaliger Richter am Landgericht) kritisierte die
Jugendpolitik. „Die jungen Leute sind in den Vereinen bestens
aufgehoben. Mehr Beachtung und Zuspruch müssen die bekommen, die
orientierungslos sich selbst überlassen sind und mehr in der
Isolation landen.“
Von links FIFA-Schiedsrichter Dr. Felix Brych, Moderator Michael Eckelt, BFV-Präsident Dr. Rainer Koch und Michael Schulz vom Sportverband.
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Thema Digitalisierung
Angerissen wurde die sich immer
weiterentwickelnde Digitalisierung mit Apps und mehr beim BFV,
die Art des Relegationsmodus in den einzelnen Verbänden und auch die Entschädigung der kleinen, ursprünglichen Heimatvereine, sollte ein Spieler später einen Profivertrag erhalten.
Die Fragen
an Felix Brych zum Videobeweis in der Bundesliga und Rudelbildungen würden den
Abend sprengen, so seine Antwort, und wurden daher übergangen.
Am Ende bedankte sich Rainer
Engelhardt für das unentgeltliche Kommen der beiden Gäste und übergab von der Sparkasse
Coburg-Lichtenfels einen 300-Euro-Scheck an Dr. Rainer Koch für die
BFV-Sozialstiftung in München. Michael Schulz
überreichte im Namen des Sportverbandes an beide Verbandsvertreter je einen Präsentkorb.
Nach gut zwei Stunden endete dieser erstmals im Großen und
Ganzen sehr gelungene Sporttalk, der für die Zukunft Lust auf mehr
machte!