Artikel vom 27.06.2025 06:00 Uhr
Die Einteilung für die neue Saison in der Bezirksliga, die in drei Wochen starten soll, ist seit dieser Woche raus, die verkorkste Relegation in Mittelfranken aber noch lange nicht abgehakt. Türkspor Nürnberg hat inzwischen einen Anwalt beauftragt, der die Zulassung für die Bezirksliga-Saison 2025/26 erstreiten soll - der BFV-Verbandsanwalt ist eingeschaltet, der Fall könnte auch vor ein ordentliches Gericht gehen.
Der Schaden, den sich der BFV im Bezirk Mittelfranken eingehandelt hat, ist schon jetzt beträchtlich. Konnten die Pannen im Vorjahr und in den früheren Phasen der aktuellen Relegation noch in einem überschaubaren Kreis gehalten werden, schlug das Ende der Bezirksliga-Relegation zu hohe Wellen. Nicht nur das Medienecho war groß, vor allem sorgt ein im Ergebnis absurder Relegations-Modus weiterhin für Gesprächsstoff und kollektives Kopfschütteln in den Vereinen - weit über die Ligagrenzen hinaus! Abgesehen von immer lauter werdenden Rücktrittsforderungen gegenüber Bezirksspielleiter Felix Böck, der federführend für die Durchführung der Relegation zuständig war, hat Türkspor Nürnberg nach der Entscheidung des Bezirksspielausschusses, den Antrag auf Eingruppierung in die Bezirksliga abzuweisen, sich einen Rechtsbeistand gesucht, der die Interessen des Vereins entschieden vertreten soll.
Dabei ist aber im Interesse aller Eile geboten, denn nicht nur die Bezirksliga (in der Türkspor bisher nicht eingeteilt wurde) - auch die Saison auf Kreisebene (mit oder ohne Türkspor) muss dringend geplant werden. Dementsprechend betont der von Türkspor beauftragte Nürnberger Sportanwalt Felix Steinbach: "Es sollte allen Beteiligten an einer schnellen Entscheidung über die Eingruppierung gelegen sein. Zudem dürfte der geschätzte Präsident des BFV, Dr. Christoph Kern, als Direktor des Amtsgericht Nördlingen einschätzen können, dass die Angelegenheit vor den ordentlichen Gerichten durchaus Aussichten auf Erfolg haben wird."
Der mögliche Antrag auf eine einstweilige Verfügung vor dem Amtsgericht Nürnberg ist bei der "Beschwerde gegen die Entscheidung des Bezirks-Spielausschusses vom 20.06.2025" nicht zu überlesen. Zehn Seiten lang ist das Schreiben, in dem der Anwalt im Detail anführt, welche Versäumnisse und Fehler man bei der Durchführung der in den Fokus geratenen Relegation erkannt habe. Konkret wird beantragt:
1. Die Entscheidung des Bezirks-Spielausschusses Mittelfranken vom 20.06.2025 hinsichtlich der Beschwerde des Türkspor Nürnberg e.V. wird aufgehoben.
2. Türkspor Nürnberg e.V. wird für die Saison 2025/26 in die Bezirksliga Mittelfranken eingruppiert.
3. Hilfsweise zu Ziffer 2.: Die Relegationsrunde zur Bezirksliga Mittelfranken wird vollständig wiederholt.
In der Begründung heißt es unter anderem: "Die Durchführungsbestimmungen zur Festlegung des Relegationsmodus zur Bezirksliga sind in Teilen unwirksam und damit nicht anwendbar. Es fehlt an einer Rechtsgrundlage, zudem widersprechen die Durchführungsbestimmungen den Grundsätzen des fairen Sports und der allgemeinen Fußballregeln. Sie sind darüber hinaus unbestimmt, intransparent, sowie überraschend und unverhältnismäßig. Auch die Anwendung der Durchführungsbestimmungen erfolgte fehlerhaft."
Juristisch heikel wird es gleich zu Beginn, wobei von einer "strukturellen Rechtsschutzvereitelung" die Rede ist. Soll heißen: Die Rechtsmittel für die Relegationsteilnehmer (u.a. auch Türkspor Nürnberg) seien nach der Veröffentlichung der Durchführungsbestimmungen realistisch nicht möglich gewesen, da diese zu jenem Zeitpunkt Anfang Mai noch nicht einmal als Relegationsteilnehmer feststanden und somit (noch) nicht betroffen waren.
"Gruppenphase: nicht nur sportlich fragwürdig, sondern formal rechtswidrig"
Weiter greift der Anwalt in seiner sieben Punkte umfassenden Begründung gegenüber dem BFV auch grundsätzlich die umstrittene Gruppenphase an, welche "nicht nur sportlich fragwürdig, sondern formal rechtswidrig" sei. "Die Durchführungsbestimmung vom 01.05.2025 erfindet damit einen Relegationsmodus, den § 24 SpO ausdrücklich nicht kennt und auch nicht zulässt. Dies wiegt umso schwerer, als der Gruppenmodus mit integrierter Verlängerung de facto ein Hybrid-Modell darstellt: Es wird einerseits nach Gruppenwertung entschieden, andererseits aber ein KO-Moment (Verlängerung, Elfmeterschießen) in Einzelspiele eingezogen – ein struktureller Widerspruch, der vom Regelwerk nicht gedeckt ist."
Im Rahmen einer "Unverhältnismäßigkeit und sportliche Unsachlichkeit des Relegationsmodus" greift der Anwalt die Thematik des Vorteils durch ein erzieltes Eigentor seitens Türkspor auf und sagt deutlich: "Dass der Verband dies bagatellisiert, indem er die Verantwortung auf taktisches Verhalten abschiebt, verkennt die eigene systemische Verantwortung für ein nicht tragfähiges Relegationsmodell."
Neutraler Platz vs. Heimspiele
Des Weiteren gäbe es eine "Widersprüchlichkeit und innere Inkonsistenz der Durchführungsbestimmungen", wonach die Partien letztlich nicht auf neutralem Platz ausgetragen wurden, was nicht mit den Auf- und Abstiegsbedingungen aller drei Kreise Neumarkt/Jura, Nürnberg/Frankenhöhe und Erlangen/Pegnitzgrund in Einklang zu bringen sei: "In allen Auf- und Abstiegsbedingungen der Kreise ist ausdrücklich festgehalten, dass die Relegationsspiele zur Bezirksebene auf neutralen Platz ausgetragen werden." Die "fehlende Anwendungsvoraussetzung der Verlängerungsregelung" kommt ebenso zur Sprache, weil eben - anders als in den Durchführungsbestimmungen beschrieben („Da auf neutralem Platz gespielt wird, muss nach Abschluss des Spiels ein Sieger ermittelbar sein.“) nicht auf neutralem Platz gespielt wurde.
Noch bis Ende dieser Woche erwarte man eine Entscheidung und Rückmeldung, ansonsten müsse man "eine entsprechende einstweilige Verfügung beim Amtsgericht Nürnberg" beantragen, heißt es im Schreiben des Anwalts abschließend. Der Ball liegt also abermals beim Verband, wie mit der Beschwerde umzugehen ist.
BFV-Präsident schaltet Verbandsanwalt ein
Vor dem Hintergrund der Beschwerde via Anwaltskanzlei kam am gestrigen Donnerstag weitere Bewegung in den Fall: Fest steht, dass der Bezirks-Spielausschuss in Mittelfranken nicht mehr entscheidend sein wird, auch der Verbands-Spielausschuss muss sich darum nicht bemühen. Vielmehr hat BFV-Präsident Kern inzwischen eine unmittelbare, letztinstanzliche Entscheidung beim BFV-Verbandsanwalt Fritz Reisinger beantragt. Mit der Maßnahme, mögliche Instanzen zu überspringen, wird der gebotenen Eile Rechnung getragen, um die Ligeneinteilung zeitnah zu klären. Es ist aktuell ein ziemliches Schlamassel, mit dem sich der Verband befassen muss, zwei Wochen nach dem ominösen Ende der Bezirksliga-Relegation, drei Tage vor der Rundentagung der Bezirksligen in Mittelfranken und drei Wochen vor dem Start der neuen Saison.