Artikel vom 30.04.2025 07:00 Uhr
Kapitän Markus Giering steht mit seinem 1. FC Kalchreuth vor spannende Tage und Wochen im Saisonendspurt.
INTERVIEW Das Spitzenspiel verloren und doch die Meisterschaft in der Bezirksliga Nord in der eigenen Hand hat Markus Giering mit seinem 1. FC Kalchreuth. Im fussballn.de-Interview der Woche spricht der 31-jährige FCK-Kapitän über die Entwicklung im Verein und wagt einen Ausblick auf das morgige Kreispokalfinale, den Saisonendspurt, möglichen Landesliga-Fußball auf der Alm und verrät, welche Werte für ihn besonders zählen.
Hallo Markus, ein 0:4 im
Spitzenspiel, aber dennoch die Meisterschaft drei Spieltage vor Schluss in
der eigenen Hand. Wie war die Gefühlswelt auf der Kalchreuther Alm am
Sonntagabend?
Markus Giering (31): Natürlich waren wir erst
einmal enttäuscht aufgrund unserer Leistung, die wir aufs Feld gebracht haben.
Dass Ottensoos trotz verschossenem Elfmeter noch den Ausgleich macht, ist verrückt
und hat natürlich bei dem ein oder anderen Spieler und Zuschauer für etwas
Erleichterung gesorgt.
Wie hast du die 90
Minuten gegen Mögeldorf erlebt und würdest den Spielverlauf einordnen?
Giering: Am Ende des Tages war es ein
hochverdienter Sieg für Mögeldorf. Natürlich könnte man jetzt von guten
Anfangsminuten in der ersten und zweiten Halbzeit sprechen, aber in Summe reichen 15
gute Minuten gegen eine solche Mannschaft am Ende einfach nicht aus.
Wir hatten zwar beim Stand von 0:1 die große Chance auf den Ausgleich, aber
letztendlich war das ein sehr reifer und top Auftritt von Mögeldorf und somit
geht das komplett in Ordnung.
Mal abgesehen von dem
Geschehen auf dem Platz: Eure schmucke Sportanlage war gut besucht,
überwiegt im Rückblick der Stolz auf so einem Rahmen?
Giering: Es ist schön zu sehen, dass Spiele
dieser Art noch immer dafür sorgen, dass die Zuschauer gerne auf den Sportplatz
gehen. Natürlich wünscht man sich dann auch einen guten Auftritt der eigenen
Mannschaft, das hat dann leider nicht ganz so geklappt. Am Ende war es aber mal
wieder eine schöne Werbung für den Amateurfußball, auch wenn dazu eher die
SpVgg Mögeldorf sportlich beigetragen hat.
Der Rahmen stimmte auch am vergangenen Sonntag wieder in Kalchreuth, für das sportliche Highlight waren diesmal aber die Gäste aus Mögeldorf zuständig.
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Lass uns die Zeit knapp
ein Jahr zurückdrehen, da gab es auch schon mal ein 0:4 gegen Mögeldorf
daheim, aber in dieser Saison spielen beide um den Aufstieg mit. War das
für dich zu erwarten?
Giering: Das 0:4 aus dem letzten Jahr würde
ich mal unter „Bergkirchweih-Nachwehen“ abhaken – das gilt jetzt leider in
diesem Fall nicht als Ausrede. Mögeldorf macht eine gute Arbeit, sie können
immer wieder sehr gut ausgebildete Spieler aus der Jugend hochziehen. Ihr sehr
gutes Abschneiden überrascht mich daher eigentlich wenig. Für mich sind sie
fußballerisch die beste Mannschaft der Liga. Was uns angeht – ich glaube, dass
unsere letztjährige Rückrunde schon angedeutet hat, dass wir eine gute Saison
spielen können. Wir haben sicherlich nicht die besten Spieler der Liga und
müssen sehr viel investieren für die Rolle einer Spitzenmannschaft, dass uns
das in diesem Jahr gut gelingt, ist schön zu sehen. Spiele wie gegen Mögeldorf
zeigen aber auch, dass sich das Blatt schnell wenden kann.
Bekanntlich gewinnt ja
die Defensive Meisterschaften: Ihr hattet letztes Jahr schon die wenigsten
Gegentore, diesmal aber mit Abstand. Wie lässt sich das erklären?
Giering: Das klingt nach Floskel, ist aber
am Ende schon der Erfolg der ganzen Truppe. Wir schaffen es in den meisten
Spielen so intensiv anzulaufen, dass wir von Haus aus wenige gegnerische
Chancen zulassen. Das, was dann durchkommt, haben wir bisher mir der Hintermannschaft
top wegverteidigt. Und für alles andere haben wir einen herausragenden Menschen
und Torwart zwischen den Pfosten. Es ist jetzt aber nicht der Fall, dass wir
wochenlang Defensivarbeit trainieren. Faktisch erzielen wir für eine
Spitzenmannschaft das ein oder andere Tor zu wenig, wenn man sich die reine
Statistik ansieht, dann müssen wir zwangsläufig das ein oder andere Gegentor mehr
verhindern, um oben mitschwimmen zu können.
Die Eckbälle von der rechten Seite sind Chefsache beim 1. FC Kalchreuth.
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Du selbst spielst in der
Innenverteidigung, gehst bei Eckbällen mit nach vorne – allerdings, um
diese selbst auszuführen. Wie kam es zu der ungewöhnlichen Rolle?
Giering: Ich glaube, ursprünglich ist die
Rolle nur entstanden, da ich einer der wenigen Linksfüße in der Elf bin. Aus
der Not wurde dann in den letzten Jahren immer mehr eine Tugend und in diesem
Jahr klappt es sicherlich außerordentlich oft, was die Torvorlagen angeht,
nichtsdestotrotz ist sicher auch die ein oder andere Breze unter den Eckbällen
und Freistößen dabei.
Wechseln wir den Blick
von der Liga auf den Kreispokal: Wie würdest du den Sieg im vergangenen
Jahr in einem FCK-Ranking einordnen?
Giering: Ich rede bei allem, was den
Amateursport angeht, eigentlich immer gerne von Momenten. Und da reiht sich der
Pokalsieg letztes Jahr natürlich in die Reihe mit dem Aufstieg 2016 in die Bezirksliga
ein. Wir möchten all denen, die es mit uns halten, rund um unseren Sport
einfach schöne Momente bescheren. Gerade in einer Zeit, wo nicht wenige einen
Abgesang auf Ehrenamt und Amateursport halten, ist es einfach schön zu sehen,
dass es noch immer solche Lichtblicke gibt. Ob das jetzt am Ende ein Pokalsieg
ist, eine Meisterschaft oder einfach nur ein besonderer Ausflug, ist für mich
zweitrangig. Aber wenn 200 Menschen aus Dinkelsbühl heimfahren und einen
schönen Tag mit dem FCK hatten, ist das für uns und mich viel wert.
Am morgigen Feiertag
geht es zur Titelverteidigung zum Süd-Bezirksligisten nach Neuses. Was
erwartet ihr bei der Fortuna?
Giering: Was ich an Austausch zwischen den
Vereinen mitbekommen habe, sehe ich einen sehr gastfreundlichen Verein, mit dem wir die
Organisation gut abwickeln konnten. Sportlich kann ich gar nicht allzu viel
über den Verein und die Mannschaft sagen, das überlasse ich unseren Trainern,
aber wenn ich sehe, dass die Mannschaft aus der Kreisklasse durchmarschiert
ist, können sie nicht allzu viel falsch gemacht haben in den letzten Jahren.
Und was darf die Fortuna
von euch erwarten?
Giering: In erster Linie glaube ich eine
sehr gute Kulisse und den ein oder anderen Zuschauer mit großem Durst. (lacht) Neben
dem Mannschaftsbus, der mit Spielern der 1. Mannschaft und unserer E-Jugend
gefüllt ist, kommen zwei weitere ausgebuchte Fanbusse hinzu. Wir rechnen mit
150-200 Kalchreuthern, die mit uns nach Neuses fahren. Wir hätten uns zwar auch
mal über ein Heimspiel im Pokal gefreut, aber dass uns erneut so viele Menschen
begleiten, ist eine schöne Bestätigung für unsere Arbeit. Ansonsten freuen wir
uns mit unserer Truppe einfach auf ein unbeschwertes Pokalspiel, bei dem im
Nachgang nicht die Rechenschieber herausgeholt werden oder der Live-Ticker beobachtet
wird.
Vorfreude aufs das Pokalendspiel: In Altenberg konnte der FCK sein Finalticket buchen, am Mai-Feiertag könnte in Neuses die Titelverteidigung gelingen.
Heidi Huber
Vergangenes Jahr ging es in der Liga um nicht mehr viel bei euch, diesmal sieht es ganz anders aus. Ist da der Pokal eher Fluch oder trotzdem Segen?
Giering: In meinen Augen definitiv ein Segen! Da
komme ich wieder aus der Richtung „besondere Momente“. Am Ende spielt man als
Fußballer viele Jahre Fußball, aber so richtig viele Aufstiege oder Pokalfinals
spielt man ja am Ende doch nicht. Ich sage den Jungs eigentlich gerne
regelmäßig, dass sie es einfach genießen sollen, mit Kumpels Fußball spielen zu
können und eine gute gemeinsame Zeit zu verbringen. Dafür soll der
Amateurfußball am Ende da sein.
Blickt man auf euer
Restprogramm, so scheint es, dass ihr alle Trümpfe in der Hand habt, um
tatsächlich Meister zu werden. Würdest du auf den Aufstieg wetten?
Giering: Ich bin absolut unerfahren in
Sportwetten und somit würde ich auch in diesem Fall meine Finger davon lassen.
Ich glaube, am Ende würde jeder Sportler lügen, wenn er auf dem Fußballplatz in
den 90 Minuten keinen Erfolg haben möchte. Dafür ist jeder Spieler natürlich
auch einfach zu ehrgeizig. Und trotzdem hat jede der drei noch folgenden
Mannschaften, auch Hersbruck als Absteiger, genug Potenzial, um gegen uns zu
bestehen. Ottensoos oder Altenberg sind die besten Beispiele dafür. Ich denke, wir
sind gut beraten, uns einfach auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren und
weniger „was wäre wenn“ zu spielen. Alles zu seiner Zeit. Ein Highlight wird sicherlich
unser Spiel gegen die SpVgg Erlangen, ganz abseits vom Rasen. Mit unserem
Sondertrikot, das wir 200-mal verkauft haben, und der Aktion für das Kinder-
und Jugendhospiz in Erlangen zeigen wir einmal mehr, dass der Fußball auch im
Amateurbereich viel, viel mehr kann – ich hoffe ganz besonders bei dem Spiel auf
eine dem Anlass würdige Kulisse.
Du bist ein Urgestein
auf der Alm, hast die Entwicklung hautnah miterlebt. Was würde die
Landesliga für den FCK und dich persönlich bedeuten?
Giering: Für den Verein wäre das sicherlich
nach dem großen Highlight 2016 der nächste Meilenstein, mit einem 3000-Einwohner-Dorf in die Landesliga aufzusteigen. Wir haben uns hier in Kalchreuth
vor über zehn Jahren ganz bewusst dazu entschieden, einen anderen Weg
einzuschlagen als vielleicht noch in der vorherigen Zeit. Das ging nicht immer
nur bergauf, wir hatten Saisons dabei, in denen wir fast abgestiegen wären, zurück in die Kreisliga. Am meisten würde es mich tatsächlich für unsere treuen
Anhänger freuen, die Woche für Woche dem FCK die Daumen drücken und den Verein
seit Jahrzehnten begleiten, teilweise das Sportheim mitgebaut haben. Und für
die Jungs, die auf dem Feld und nebendran den FCK nicht nur auf dem Trikot,
sondern im Herzen tragen. Für all diese Menschen bin ich sehr dankbar. Auch da
komme ich wieder auf die Momente zu sprechen – ihnen allen einen solchen Moment
zu schenken. Über die Bedeutung für mich persönlich habe ich mir ehrlich gesagt
bisher kaum Gedanken gemacht - das ist am Ende auch nicht wichtig. Es ist nur
Fußball. Mein Lebensglück hängt nicht von einer Liga-Zugehörigkeit ab, sondern
von einer guten gemeinsamen Zeit mit meinen Freunden, die kann ich in jeder
Liga und auf jedem Tabellenplatz haben.
Mit Freunden zusammenspielen: Die sportlichen Ziele will Markus Giering nicht zu sehr an Tabellenplatz und Liga festmachen.
Heidi Huber
Welche persönlichen
Ziele hat der Fußballer Markus Giering noch?
Giering: Ehrlich gesagt, war für mich meine
„fußballerische Laufbahn“ nie von Zielen geprägt. Es klingt relativ
unspektakulär und langweilig, aber die Ziele sind schnell erzählt. Es gibt
keine, außer verletzungsfrei dem Sport und dem Ehrenamt nachgehen, solange es
andere und mich glücklich macht. Und dann den Absprung zu schaffen, bevor der
Moment verpasst ist. Mir war und ist immer wichtig, gewisse Werte vorzuleben.
Vereinstreue vorzuleben. Ein guter Mensch zu sein. Ich gebe mir Mühe und hoffe, dass mir das gelingt.
Ich durfte mit großartigen Menschen bisher zusammenspielen. Mit meinem besten
Freund viele Jahre zusammenspielen. Dafür bin ich dankbar. Vielleicht zum
Abschluss doch ein Ziel: ein Spiel mit meinem aktuell 7-jährigen Neffen Henry
gemeinsam für den FCK. Wir müssen uns dann nur einigen, wer die 16 trägt. (lacht)
Und wie sieht dein
langfristiger Wunsch für deinen Heimatverein aus?
Giering: Am Ende wünsche ich mir für
meinen Heimatverein Menschen, die durch ihr Engagement und ihr Herzblut den FCK
zu einem besonderen Verein machen. Es wird in den nächsten Jahren sicherlich
nicht einfacher, Menschen für Vereinsarbeit, Ehrenamt und Amateursport zu
begeistern. Aber ich finde, wir sind mit all unseren Projekten und Themen auf
einem guten Weg. Das ist nie eine Garantie für die nächsten Jahre oder
Jahrzehnte, deswegen sind wir alle auch gut beraten, „das Hier und Jetzt“
ausreichend zu genießen und dankbar zu sein. Am Ende interessiert es in vielen
Jahren niemanden mehr, in welchem Jahr man in welcher Liga auf welchem
Tabellenplatz gelandet ist. Was aber immer bleibt, sind viele besondere Momente
und Erinnerungen, die man mit seinem Verein und den Menschen drum herum schafft
und mit ihnen teilt. Und von diesen Momenten darf gerne noch der ein oder
andere dazukommen.