Allerdings musste Würzburgs Trainer Bernd Hollerbach kurzfristig auf den im Hinspiel eingesetzten Nejmeddin Daghfous verzichten, der wegen Krankheit für das Rückspiel ausgefallen war. Für ihn rückte Marco Haller in die Anfangsformation, so dass der zuletzt in seiner Form verbesserte Mittelfeldspieler im Würzburger Spiel für die kreativen Elemente im offensiven linken Mittelfeld zuständig sein sollte. Ansonsten vertraute Hollerbach denselben Akteuren wie bei der ersten Begegnung beider Mannschaften vor vier Tagen, welche die Würzburger durch die Tore von Richard Weil und Daniel Nagy mit 2:0 gewonnen hatten. Mit den drei im Zweikampf am Boden und in der Luft durchsetzungsstarken Innenverteidigern Richard Weil, Royal-Dominique Fennell und Clemens Schoppenhauer wollten die Gäste vor allem den Duisburger Stürmer Kingsley Onuegbu wieder in Griff bekommen. Hollerbach ließ zudem vor dem Spiel durchklingen, dass er sich nicht nur verstecken wolle, wobei seine Mannschaft in der ersten Halbzeit abwartend agierte und nur wenige Aktionen nach vorne setzen konnte. Auf der Gegenseite setzte der MSV Duisburg Hoffnungen auf die Rückkehr Victor Obinnas, der neben den Außenbahn-Akteuren Kevin Wolze und Giorgi Chanturia seinen Sturmpartner Onuegbu unterstützen sollte. Bereits am Vortag waren die Würzburger mit der Bahn an die Wedau gefahren, um sich dort auf das entscheidende Rückspiel vorbereiten zu können.
Elia Soriano erzielt mit diesem Schuss den Ausgleich.
Thilo Wilke
Selbst die Ordner stimmten vor Spielbeginn in die Fangesänge mit ein, es herrschte eine besondere Stimmung im ausverkauften Duisburger Stadion mit dem seltsamen Namen. Wie erwartet nahmen die Gastgeber das Spiel, angetrieben vom Großteil der rund 30.000 Zuschauer, in die Hand und drängten von Beginn an nach vorne. Als der Druck durch die Hausherren größer geworden war, hatte sich das folgende Eigentor Clemens Schoppenhauers bereits abgezeichnet, obwohl die Gäste in der Defensive nur wenig zugelassen hatten, aber vom Gegner in der Verteidigung fortwährend gefordert worden waren. Mit vollem Einsatz verhinderten Richard Weil und Clemens Schoppenhauer einen Schuss Kingsley Onuegbus, als dieser von Giorgi Chanturia, dem Georgier zwischen Genie und Wahnsinn, freigespielt worden war. Letzterer besaß kurze Zeit danach eine aussichtsreiche Freistoß-Möglichkeit, doch landete der Ball in den Armen Robert Wulnikowskis. Die Rothosen beschränkten sich zu diesem Zeitpunkt auf das Verteidigen, so dass die Offensive kaum für Entlastung sorgen konnte. Kurz vor der Mittellinie hatten sich die Kickers bereits formiert, um mit geschicktem Verschieben keine Lücken im defensiven Verbund entstehen zu lassen. Doch nach einer Flanke Giorgi Chanturias lenkte Schoppenhauer den Ball unglücklich wie unhaltbar ins eigene Tor ab. Zu diesem Zeitpunkt hätte das Spiel zugunsten der Hausherren kippen können, zumal die Zuschauer ihre Mannschaft frenetisch anfeuerten, doch mangelnde Präsenz in der Abwehr machte nicht nur die Hoffnung auf dem „Wunder an der Wedau“ zunichte, sondern zerstörte auch jedwede Aussichten auf die weitere Zugehörigkeit zur 2. Bundesliga mit einem Schlag. Dafür wurden die rund 2000 Würzburger Anhänger, die teilweise im Konvoi gefahren waren und wegen einer Autobahn-Sperrung eine schwierige Anreise auf sich genommen hatten, umso lauter, als Elia Soriano mit einem Schuss aus der Drehung um Thomas Meißner nur vier Minuten später den Ausgleich erzielte. Das Gegentor war mehr als ein Dämpfer für Duisburgs gebliebene Hoffnungen, die abknickten wie ein Strohhalm, da die Meidericher nun drei weitere Tore erzielen mussten.
James Holland wird von Dennis Russ verfolgt.
Thilo Wilke
Zwar kehrten die Hausherren mit Willen aus der Pause zurück auf das Feld, doch merkte man gerade den Gästen an, dass sie durch den in der ersten Halbzeit späten, doch sofortigen Ausgleich großes Selbstvertrauen bekommen hatten. Vo allem der in der Abwehr stets präsente Innenverteidiger Clemens Schoppenhauer schien dem Duisburger Druck standzuhalten wie ein unüberwindbarer Wellenbrecher. Mit großer Ruhe und beachtlichem Stellungsspiel hatte er maßgeblichen Anteil daran, dass die Gäste anfangs der zweiten Halbzeit nur wenige gefährliche Situationen zu überstehen hatten. Angreifer Victor Obinna war nach einem langen Ball im Zweikampf gegen Richard Weil zu Fall gekommen, doch hatte Schiedsrichter Tobias Stieler zu Recht auf Weiterspielen entschieden, da die Anziehungskraft in diesem Fall eine zu große Wirkung ausgeübt hatte. Genauso war es, als wieder Obinna auch gegen Peter Kurzweg einen Elfmeter zu schinden versuchte. Duisburgs Mittel waren derart begrenzt, das Anrennen so einfallslos und plump, dass dem vermeintlichen, doch letztlich auf ganzer Linie enttäuschenden Hoffnungsträger Obinna nichts weiter einfiel, als sich fallen zu lassen. Ansonsten hatte die Würzburger Abwehr nicht viel zu tun, um alle weiteren Situationen zu klären, so dass sich viele enttäuschte Anhänger schon vor Spielende auf den Heimweg begaben. Sie verpassten nur noch einen unnötigen Platzverweis gegen Victor Obinna, wen sonst, der aus purem Frust den Schiedsrichter nach einen wiederum zu Recht nicht gegebenen Foul beleidigte und bei seinem beschämenden Abgang weiter lautstark fluchte. Den Startschuss für feiernde Würzburger Kickers gab das sehenswerte Tor Rico Benatellis, der nach Zuspiel Adam Jabiris mit einem Schlenzer in den oberen linken Winkel selbst das Rückspiel noch in einen Sieg auf ganzer Linie verwandete.
Die Würzburger Fans bejubeln den Aufstieg.
Thilo Wilke
2:0 zu Hause und 2:1 auswärts – viele Deutungen ließen diese beiden Ergebnisse nicht zu. Beide Trainer sprachen entsprechend auf der Pressekonferenz von einem verdienten Würzburger Aufstieg in der Relegation. Zum sechsten Mal in acht Jahren Relegation zwischen der 2. Bundesliga und der 3. Liga setzte sich die unterklassige Mannschaft durch. Die Würzburger Kickers marschieren dadurch innerhalb von zwei Jahren von der Regionalliga in die 2. Bundesliga durch. Noch vor fünf Jahren spielte der Verein mit seiner ersten Mannschaft in der Landesliga. VfB Stuttgart, Hannover 96, 1. FC Nürnberg heißen nun drei der siebzehn Gegner in der neuen Liga. Greuther Fürth, Karlsruher SC und FSV Frankfurt sind weitere Mannschaften, denen die Rothosen bei ihrem bislang einzigen Gastspiel im deutschen Fußball-Unterhaus in der Saison 1977/78 schon einmal begegneten. Attraktive Gegner stellen ebenso der 1. FC Kaiserslautern, FC St. Pauli und 1860 München dar und Bekanntschaft schlossen die Würzburger Kickers bereits im DFB-Pokal mit Fortuna Düsseldorf und Eintracht Braunschweig. Doch der Aufstieg bringt auch Aufgaben mit sich: Das Stadion muss den Anforderungen entsprechend, das Umfeld nun ebenso schnell wie die sportlichen Erfolge wachsen. Denn die Saison in der 2. Bundesliga startet am 5. bis 8. August. Auf dem Rasen genossen die Spieler derweil den Moment und tobten in einer spontanen Aufstiegsfeier vor dem mitgereisten Anhang. Würzburgs diesmal nicht eingesetzter Amir Shapourzadeh gab dabei die Marschroute für die bevorstehende Nacht vor: „Ich will keinen sehen, der vor 6 Uhr nach Hause geht.“
Spielbericht eingestellt am 25.05.2016 00:53 Uhr