Über dem Fanblock der Würzburger Kickers waren bei der Choreographie die Auf- und Abstiege seit der Vereinsgründung nachzuvollziehen, ein bewegtes Auf und Ab von der zweiten bis zur siebten Liga – und vielleicht wieder zurück. Dieser Banner darf eventuell schon in wenigen Tagen erweitert werden, denn nach den ersten 90 Minuten im Relegationsduell gegen den MSV Duisburg besitzen die Würzburger eine hervorragende Ausgangslage für einen direkten Durchmarsch von der vierten in die zweite Liga, was zuvor nur dem finanziell gefütterten Rasen-Ballsport aus Leipzig gelungen war. Durch eine gute und vor allem in der Abwehr sichere Leistung bescherte sich Bernd Hollerbachs Mannschaft diesen Vorteil. Würzburgs Trainer überraschte mit zwei Änderungen, denn Dennis Russ, der zuletzt nur zweite Wahl gewesen war, stürmte von Beginn an auf der rechten offensiven Seite. Ebenso überraschend war, dass Dennis Schmitt der Sprung in den Kader gelungen war und er auf der Bank Platz nehmen durfte. Aus der Würzburger Anfangsformation musste Amir Shapourzadeh weichen und im Aufgebot fehlten Liridon Vocaj und Dominik Nothnagel. Jedoch sollten sich diese Umstellungen auszahlen. Beim MSV Duisburg wurden vor allem Torhüter Michael Ratajczak, Baris Özbek und Victor Obinna schmerzlich vermisst. Alle drei Akteure fehlten aufgrund von Verletzungen, obgleich die Duisburger auf Obinnas Einsatz im Rückspiel hoffen. Mit Thomas Meißner stand ein Unterfranke in der Startformation, der Donnersdorfer besetzte eine Position in der Innenverteidigung, während Daniel Felgenhauer als zweiter Franke in Duisburger Diensten als Co-Trainer neben seinem Chef Ilia Gruev Platz nahm.
Joannis Karsanidis gegen Dan-Patrick Poggenberg (Nr.27).
T. Wilke
„Wir wollten in den ersten zehn Minuten gleich Druck machen, was uns auch gelungen ist“, erklärte Hollerbach auf der anschließenden Pressekonferenz seinen Matchplan. Der offensive Start sollte seiner Mannschaft zur schnellen Führung verhelfen, als der Duisburger Kingsley Onuegbu nach einem Würzburger Freistoß den Ball aus dem Strafraum zu schlagen versuchte, was seine Mitspieler zuvor versäumt hatten – doch traf er Peter Kurzweg mit dem Stollen am Kopf. „Den Elfmeter kann man geben. Das war unglücklich von mir, da ich den Ball klären wollte und meinen Gegenspieler nicht gesehen habe“, bestätigte der Duisburger Stürmer die Richtigkeit der Entscheidung von Schiedsrichter Sascha Stegemann. Würzburgs Abwehrspieler Richard Weil, heute als rechter Verteidiger aufgeboten, war die Entstehung egal, sicher verwandelte er den Strafstoß links unten im Eck. „Ich habe meine feste Ecke unten links und dorthin schoss ich so fest es geht. Das hat gut geklappt“, beschrieb der Torschütze seine Ausführung. Die Variante mit dem kopfballstarken Weil als rechter Verteidiger ging auf, denn so standen gleich drei in der Luft sichere Abwehrspieler in der Würzburger Viererkette, die den durchsetzungsstarken Kingsley Onuegbu selbst und Anspiele auf ihn größtenteils stoppten. Nach der Führung änderte sich jedoch das Geschehen, denn die Gäste übernahmen optisch die größeren Spielanteile, während die Hausherren mit einem schnellen Umschalten zu weiteren Erfolgen kommen wollten. Giorgi Chanturia sorgte mit einem Fernschuss erstmals für Gefahr seitens der Gäste, ehe auf der Gegenseite Torhüter Marcel Lenz einen Schuss Nejmeddin Daghfous' parierte. Das Übergewicht Duisburgs beim Ballbesitz wirkte sich allerdings nicht auf das Chancenverhältnis aus, da die Würzburger Abwehr wie so oft in der Liga sicher stand. So überstanden die Hausherren auch die Drangphase Duisburgs in den letzten zehn Minuten der ersten Halbzeit unbeschadet, obwohl sie dabei auch ein Quäntchen Glück benötigten. Erst wehrte Robert Wulnikowski einen Schuss Stanislav Iljutcenkos ab, ehe der von Onuegbu aufgelegte Abschluss Kevin Wolzes am Pfosten landete. Als letzte Aktion der Halbzeit besaß erneut Iljutcenko eine aussichtsreiche Gelegenheit, als er nach erneuter Vorlage Onuegbus mit seinem Schuss das Tor nur knapp verfehlte.
Dennis Russ kurz vor dem Flankenversuch gegen Dan-Patrick Poggenberg.
T. Wilke
Die zweite Halbzeit schrieb um den nach siebzig Minuten eingewechselten Daniel Nagy seine eigene Geschichte, denn erst holte sich der 25-Jährige nur sechs Minuten, nachdem er das Spielfeld betreten hatte, seine fünfte gelbe Karte ab und wird für das Rückspiel – ebenso wie Duisburgs Branimir Bajic nach seiner zehnten Verwarnung – gesperrt sein, ehe er das für dieses Spiel vorentscheidende zweite Tor erzielte. Mit Nagy wurde ein Spieler zum Entscheider, der in den letzten Wochen bei Hollerbach nur noch zweite Wahl gewesen war. Zuvor hätte Marco Haller aber schon den Zwischenstand erhöhen können, als er nach einem aussichtsreichen Vorstoß über die linke Seite und Rico Bentallis Rückpass von der Grundlinie freistehend zum Schuss gekommen war. In dieser Phase, als die Ideenlosigkeit Duisburgs gegen Würzburgs sattelfest sitzende Abwehr zunehmend offensichtlicher wurde, wurde der Gästeblock von Minute zu Minute leiser, denn auch die Duisburger Anhänger bemerkten, dass ihrer Mannschaft im Spiel nach vorne die Durchschlagskraft fehlte. Auch die Kreativität aus dem Zentrum fehlte, so dass die Würzburger Kickers keine gegnerische Chance im zweiten Durchgang mehr zuließen. Als sich Nejmeddin Daghfous nach einem Pass Daniel Nagys über die rechte Seite bis zur Grundlinie durchgespielt hatte, bediente er erneut den vor das Tor gelaufenen Nagy mit einer flachen Hereingabe, der den Ball von kurzen Pfosten ins lange Eck ins Tor schob. Für die Gäste ein weiterer Tiefschlag, von dem sich die Meidericher trotz des Versuchs, wenigestens ein Auswärtstor mitzunehmen, in den letzten zehn Minuten nicht mehr erholten. Während sich die Hausherren weiterhin engagiert in den Zweikämpfen und konsequent im Spiel nach vorne zeigten, fehlte den insgesamt enttäuschenden Gästen um den dribbelstarken Giorgi Chanturia nicht nur das Durchsetzungsvermögen, sondern auch generell die Leidenschaft, mit der sich die Würzburger als Außenseiter dem Favoriten entgegenstellten. „Einige waren nicht wach. Bei so einem Spiel müssen wir eigentlich alle richtig gallig sein“, wusste Onuegbu um lahme Zebras.
Nejmeddin Daghfous behauptet gegen Branimir Bajic (re.) den Ball.
T. Wilke
Wie in den bisherigen DFB-Pokal-Begegnungen gegen die Bundesligisten aus Düsseldorf, Braunschweig und Bremen herrschte am ausverkauften Dallenberg auch in der Relegation zur 2. Bundesliga wieder eine besondere Stimmung. Nach Spielende feierte die Mehrheit im Stadion die Mannschaft, während der Duisburger Anhang lautstark seinen Unmut über eine schwache Leistung des eigentlichen Favoriten äußerte. Schon in vier Tagen stehen sich beide Konkurrenten zum zweiten Mal um den letzten Platz im deutschen Fußball-Unterhaus gegenüber. Waren 9806 Zuschauer am Dallenberg, so werden es an der Wedau mehr als 30000 Zuschauer sein, denn auch das Duisburger Stadion wurde bereits als ausverkauft gemeldet.
Spielbericht eingestellt am 21.05.2016 00:17 Uhr