Beide Trainer hatten dabei einige Personalsorgen: Während Faruk Maloku auf Etzenrichter Seite seit Wochen schon auf einige Routiniers verzichten muss und mit einem erweiterten "Kindergarten" - sieben Spieler der Startformation sind noch in der A-Jugend spielberechtigt - auflaufen lässt, musste sein Gegenüber, Turgay Karali, auf Mehmet Sögötlü verzichten. Zudem kam für den einige Wochen verletzten Soner Calisir ein Einsatz noch zu früh und der zuletzt im Kasten stehende Bechloul Mehmet musste nach seiner Roten Karte pausieren - der Coach stand wieder einmal im Kasten.
Robert Wendl klärt per Kopf vor Mustafa Jasarevic.
Andreas Bär
Trotz der Ausfälle boten beide Kontrahenten auf tiefem Geläuf und unangenehmen Temperaturen einen Schlagabtausch, der vor allem im taktischen Bereich das Prädikat "hervorragend" vollauf verdient hatte. Während die Nürnberger - in alter FC Bayern-Tradition - sich auf ihr "Mia san mia" verließen und ihre eigenen Stärken in den Vordergrund stellten, knackte Etzenricht den Gegner mit just dem gegenteiligen System. Faruk Maloku stellte seinen, von ihm liebevoll selbst so genannten, "Kindergarten" perfekt auf den Gegner ein. Stephan Herrmann und Andre Biermeier bearbeiteten Spielmacher Ahmet Aydin konsequent, die Defensivreihe ließ die einmal mehr vorzüglich vorgetragenen Positionswechsel von Jasarevic und Boxler nur selten wirklich gefährlich werden und die beiden Stürmer übten extremen Druck auf die spielstarke Dergah-Abwehrreihe um Berkan Caglar aus. Es entwickelte sich folgerichtig ein Klassespiel mit leichten Vorteilen der Hausherren gegen immer wieder stark konternde Nürnberger. Erstmals richtig gefordert war Keeper Karali, als er Grafs Versuch nach feinem Zusammenspiel mit dessen Sturmpartner Dietl hervorragend parierte (20.). Auf der Gegenseite hatte Etzenricht Glück, dass Schiri Götz sein Arbeitsgerät nicht an den Mund führte, als Stephan Herrmann nach einer schon geklärten Ecke Nemetz traf und es durchaus hätte Elfmeter geben können - vielleicht sogar müssen (26.). Eine Minute später war es der agile Mustafa Jasarevi, der alleine vor Keeper Schreglmann auftauchend über den Kasten visierte. Es ging munter hin und her: Nach herrlicher Vorlage Grafs überlief Nico Becker Keeper Karali, Jasarevic, der mit seinem Fehlpass im Spielaufbau diese gefährliche Situation heraufbeschwor, bügelte seinen Fauxpas aus und klärte im letzten Moment auf der Linie (33.). Allmählich gewannen die mit dem Selbstvertrauen aus 13 ungeschlagenen Spielen in die Partie gegangenen Etzenrichter ein optisches Übergewicht. Nach feinem Doppelpass zwischen Graf und Becker spielte dieser Becker in Aktion, der aber über den Kasten visierte (36.). Glück hatten die Gäste kurz vor der Pause: Regisseur Aydin, dem die stark vorgetragene Doppeldeckung überhaupt nicht gefiel, hätte nach einem Foul im Mittelfeld schon da mit der Ampelkarte frühzeitig zum Duschen gehen müssen. Eine Minute später eines der wenigen Glanzlichter des glücklosen Akin Bölük: Seinen Schussversuch klatschte Schreglmann nur ab - es brannte gewaltig im SV-Strafraum.
Stefan Graf im Duell mit Berkan Caglar (grün).
Andreas Bär
Nach dem Pausentee war es dann endgültig soweit: Etzenricht übernahm das Kommando und ließ der Karali-Elf, die mit dem Gegner vor vier Monaten im Hinspiel beim 3:0-Erfolg noch Katz und Maus spielte, kaum mehr zur Entfaltung kommen. Einen 16-Meter-Schuss von Dietl parierte Karali sehenswert (60.), Andre Biermeier hätte alleine vor dem Dergah-Coach auftauchend die Führung markieren müssen, visierte aber drüber (62.). Die fehlende Zielsicherheit hätte sich fast gerächt: Plössner spielte das Leder in die Füße Boxlers, der am stark reagierenden Schreglmann scheiterte, Bölük drückte den Abstauber knapp neben den Kasten (67.). Dabei hatte Etzenricht da schon einen personellen Vorteil, weil Aydin nach einem Foul dann endgültig zum Duschen musste. Die fünf Prozent Aufwand, die sich Etzenricht danach sparte, hätten sich fast negativ ausgewirkt. Am Ende konnten die Hausherren dennoch strahlen. Was eng mit Joker Christian Luff zusammenhing. Gerade auf dem Feld, wurde sein 16-Meter-Schuss zur Ecke abgelenkt, die er selbst trat. Plössners abgeblockten Kopfball spitzelte Graf zu Nico Becker, der Karali keine Abwehrchance ließ (77.). Die Endphase war nichts für schwache Nerven. Dergah Spor versuchte händeringend, den Ausgleich zu markieren, Etzenrichts Kräfte schwanden allmählich. Es kam der große Auftritt von Keeper Schreglmann. Der körperliche für einen Torwart als Winzling zu bezeichnende Schramek-Ersatz avancierte zum ganz großen, als er Bölüks Freistoß sehenswert parierte (79.). Eine Minute später der nächste große Auftritt des starken Berkan Caglar: Biermeier schickte Becker steil, der Karali umkurvte und den Torjubel schon auf den Lippen hatte. Doch da hatte er die Rechnung ohne den einstigen Bayernligakicker Caglar gemacht, der das Leder von der Linie wuchtete. Der letzte große Auftritt war dann SV-Keeper Schreglmann vorbehalten, der Boxlers 18-Meter-Riegel einmal mehr sehr stark entschärfte.
Die Etzenrichter, deren Saisonziel 50 Punkte waren, sind durch das 14. Spiel ohne Niederlage am Tabellenzweiten aus Friesen dran und haben ihren schärftsten Verfolger auf Distanz gehalten. Mit Buch und Buckenhofen warten zwei machbare, aber auch schwere Aufgaben. "Wir wollen so weitermachen und uns von Woche zu Woche weiterentwickeln", hält Coach Maloku den Ball betont flach. "Wir müssen die Niederlage verarbeiten", so Dergah-Teammanager Dieter Rebel, der den Rückstand auf Etzenricht und Friesen vor der Winterpause möglichst noch verkürzen will. "Unser Ziel war es vorne mitzuspielen", so der seit acht Wochen bei Dergah tätige Rebel.
Spielbericht eingestellt am 18.11.2012 15:11 Uhr