Never change a winning team - gleich beide Mannschaften verfuhren nach der alten Fußballerweisheit und setzten auf die jeweils siegreiche Elf vom vergangenen Wochenende. Das hieß Siegtorschütze Andre Keilwerth blieb erstmal wieder auf der Bank, während der angeschlagene Fernando Redondo bei der Heimelf nach seinem Pferdekuss wieder mit von der Partie war. Der Ex-Hofer Marcel Findeiß musste dagegen passen. Nach dem Warmlaufen stand fest: Es reichte noch nicht für einen Einsatz. Aber nicht nur wegen des Ausfalls des erfahrenen Rückkehrers erwartete der Selbitzer Coach Hendrik Schödel keine leichte Partie gegen den Aufsteiger aus Mittelfranken. Am vergangenen Sonntag machte sich der Selbitzer schließlich selbst ein Bild vom Gegner und war begeistert: "Das haben sie wirklich clever gespielt." Im Vergleich zum nicht unbedingt überzeugenden, wenn auch siegreichen Mitterteich-Spiel forderte er deshalb von seiner Elf mehr Ballsicherheit und Druck: "Der Ball muss besser laufen." Mit dem Selbstvertrauen eines kecken Aufsteigers präsentierten sich dagegen die Gäste nach dem 1:0-Erfolg gegen Veitsbronn. Ein Sieg, der den Mittelfranken weiter Auftrieb verliehen hatte. Darauf wollte der neue SC-Coach Alex Maul - einst Drittligaspieler in Regensburg - aufbauen: "Den Schwung wollen wir mitnehmen. Wir werden uns hier nicht verstecken und wollen frech sein." Das klang bei hochsommerlichen Temperaturen durchaus nach einem interessanten Fußballspiel. "Wir machen hier unter der Woche keinen Ausflug, um die Punkte abzugeben. Wir wollen mit etwas Zählbaren im Gepäck heimfahren", spielten die Gäste auf Sieg.
In der Anfangsphase scheiterte Schwabachs Florian Nisslein (li.) noch an Torhüter Mario Möschwitzer.
Thomas Nietner
Und seine Elf setzte Forderung ihres neuen Trainers auch prompt um: Die Schwabacher spielten wie vor der Partie angekündigt frech nach vorne und versteckten sich keineswegs. Mit dem Schwung aus dem Veitsbronn-Spiel suchte die Maul-Elf nach Ballgewinn aus einer sicheren Defensive stets zielstrebig den Weg nach vorne. Mit einer Dreierkette, die in der Rückwärtsbewegung zur Fünferkette wurde und die beiden Außen Eleftherios Sadikis und Patrick Soldner mit einer läuferisch starken Leistung bestachen, machen die Gäste bereits im Mittelfeld die Räume eng. Die Selbitzer Schlüsselspieler Fernando Redondo und Kevin Winter konnten das Aufbauspiel der Gastgeber erst überhaupt nicht aufziehen. Nach vorne ging daher erst einmal so gut wie gar nichts bei den Blau-Weißen, während eben jene Ballverluste immer wieder für höchste Gefahr sorgten, wenn die Abwehr nicht geordnet war. Mit dem System der Mittelfranken hatten die Frankenwäldler so ihre Probleme und fanden auch nicht recht eine Lösung dafür. Ein eher zufälliger Flankenschuss von Angreifer Sebastian Schott war daher die einzige Schrecksekunde, die die Gäste in der Anfangsphase überstehen mussten. Doch der Ball strich knapp am Tor vorbei. Ansonsten verzeichnete die Schödel-Elf zwar eine Vielzahl von Eckbällen, aber auch die Standards waren schwach. Besser und vor allem effektiver präsentierte sich dagegen der Aufsteiger, der jedoch über das gesamte Spiel nie den Eindruck hinterließ, dass es erst die zweite Partie in der neuen Liga war für den einstigen Bayernligisten. Die Führung in der 19. Spielminute durch Torjäger Michael Weiß war daher auch nicht unverdient und ebenso wenig überraschend. Der Gästestürmer konnte sich am Strafraum den Ball in aller Ruhe zu Recht legen und ins untere Eck abziehen. Der Selbitzer Plan, hier ein frühes Tor zu erzielen, ging somit nach hinten los. Vielmehr waren Gäste die taktisch clevere und organsiertere Mannschaft. Aber damit noch nicht genug. Die Mittelfranken hatten nun Lunte gerochen. So setzte Verteidiger Fabian Schötz gleich darauf einen Kopfball nach einer Ecke nur knapp daneben. Die Gäste machten fortan weiter ordentlich Druck und schoben die Heimelf in die eigene Hälfte. So wollten eigentlich die Gastgeber auftreten. Verkehrte Welt in Selbitz! Die Gäste unterbanden den Spielaufbau, indem sie die Räume eng machten und schalteten blitzschnell um. So wie beim zweiten und dritten Tor vor der Pause. Die Selbitzer Mannschaft war mit den drei Gegentoren zu diesem Zeitpunkt aber noch gut bedient. Vor allem die drei offensiven Kräfte Florian Nisslein, Camine de Biasi und Michael Weiß bekamen die Selbitzer nie in den Griff. Allein Keeper Mario Möschwitzer hielt seine Elf mit einer starken Parade vor der Halbzeit noch im Spiel. Warum Hendrik Schödel vor den Gästen gewarnt hatte, war spätestens jetzt jedem klar.
Carmine De Biasi (vo.) wirbelte die Abwehr der Selbitzer um Felix Edelmann mächtig durcheinander.
Thomas Nietner
Die Halbzeitansprach des Selbitzer Trainers hatte aber offenbar gefruchtet. Mit einer ganz anderen Körpersprache kam seine Elf aus der Kabine. Die Heimelf versuchte noch einmal, den Anschluss herzustellen und wäre beinahe damit auch erfolgreich gewesen. Denn für knapp zehn Spielminuten übernahm sie das Spielgeschehen. Aber Sebastian Schott vergab dabei die große Chance zum Anschlusstreffer, als der den Ball frei vor Schlussmann Alexander Gebelein in die Wolken knallte. Und auch der Schiedsrichter spielte nicht mit, als Kevin Winter von Baris Bulut im Strafraum zu Fall gebracht wurde. Der Unparteiische sah zuvor schon ein Foulspiel - allerdings außerhalb des Strafraums. Fast im Gegenzug sorgte Michael Weiß dann für die Entscheidung. Und wie? Mit einem feinen Lupfer aus nahezu unmöglicher Position überwand er den weit vor seinem Tor stehenden Selbitzer Schlussmann mit dem Tor des Tages. Der dritte Treffer des einstigen Ansbachers! Hendrik Schödel brachte daraufhin noch einmal Andre Keilwerth als letztes Mittel. Aber auch der Torschütze vom vergangenen Wochenende sollte am Spielverlauf dieses Mal nichts mehr ändern. Es spielten weiterhin die Gäste. Nur mit dem Unterschied, dass sie in der Schlussphase der Begegnung nicht mehr an SpVgg-Keeper Mario Möschwitzer vorbeikamen. Der Selbitzer blieb in der einen oder anderen Szene Sieger im Eins-gegen-Eins-Duell und als er sich dann doch einmal geschlagen geben musste, rettete der eingewechselte Maximilian Lang auf der Torlinie für seinen Torhüter. Der Schlusspfiff des Schiedsrichters erlöste die Heimelf letztendlich. Ein gebrauchter Tag für die Frankenwäldler.
Yannick Schuberth (re.) muss gegen Patrick Soldner den Rückwärtsgang einlegen.
Thomas Nietner
Die Gäste aus Mittelfranken beeindruckten nicht nur mit einer taktischen Meisterleistungen, sondern bestachen auch durch die Bank als Team, ohne erkennbaren Schwachpunkt: Vorne wirbelte das Dreieck Nisslein, Weiß und De Biasi außen rannten Soldner und Sadikis, in der Mitte organisierten Bulut und Oktay, während hinten Schötz, Ruder und Mohrbach den Laden zusammenhielten. Dabei hinterließen die Mittelfranken keineswegs den Eindruck eines typischen Aufsteigers, sondern eher einer Spitzenmannschaft. Auch die Zuschauer staunten nicht schlecht: Einen solch starken Gegner hatte man auf der Au schon lange nicht mehr gesehen. Aber der Schwabacher Coach blieb trotz der Lorbeeren für seine Elf am Boden. Weitere Fahrten als die nach Selbitz wird es für seine Mannschaft in absehbarer Zeit nicht geben. Das heißt: Im Kreis der Titelfavoriten sieht er die junge Elf (noch) nicht. Die Zähler nahmen die frechen Gäste aber gerne mit. Der Ausflug in den Frankenwald hat sich gelohnt. Der nächste Gegner Röslau steht wohl vor einer schweren Hürde. Einfach wird es aber auch die Selbitzer Elf nicht, ihre Fans zu versöhnen. Am Wochenende kommt noch ein Aufsteiger: Aber auch der ATSV Erlangen gilt dank einiger erfahrener Kicker nicht als typischer Newcomer. Im Gegenteil.
Spielbericht eingestellt am 21.07.2016 12:19 Uhr