SpVgg-Coach Markus Häßler war nach der jüngsten 0:7-Pleite in Neudrossenfeld unter der Woche vor allem als Psychologe gefragt: "Ich habe die Jungs an der Ehre gepackt. Das 0:7 war natürlich katastrophal, so darf man sich nicht präsentieren." Zwar versuchte der Selbitzer nach der guten Vorsaison die Erwartungshaltung an seine junge Elf zu bremsen, dennoch erwartete er sich nach dem schwachen Auftritt natürlich im Hochfrankenderby eine Reaktion. Seine Elf hatte etwas gut zu machen. Dabei vertraute der 36-Jährige nahezu erneut der Mannschaft der Vorwoche: "Die Elf von uns ist sicher nicht schlechter als die von Röslau." Verletzungsbedingt gab es aber drei Änderungen in der Startelf: Martin Damrot, Yannick Schuberth und Steffen Widmaier rutschten für Felix Lang, den angeschlagenen Pascal Hager und Daniel Cavelius in die Anfangself. Vor allem der Ausfall von Angreifer Hager schmerzte aber besonders, nachdem Torjäger Bächer schon seit Wochen fehlt. Steffen Widmaier gab daher die "falsche Neun". Aber Markus Häßler wollte nicht jammern. Aber auch die Gäste aus Röslau gingen trotz des Spielausfalls letzte Woche am Stock. Dabei schaute die Aufstellung auf dem Spielberichtsbogen nicht einmal so schlecht aus. Aber der Eindruck täuschte. Holger Sieg spielte mit Schmerztabletten, Christian Neumann war zuletzt krank, Loris Bifano hatte immer noch Schmerzen, Benjamin Lauton und Rasim Yavuz waren zudem weiter angeschlagen. Die Startelf stellte sich demnach selbst auf, da Mohamend Tamo und Florian Spörl weiter verletzt fehlten. Wenigstens waren Markus Walther und Lukas Zakrzewski wieder fit. Im zentralen Mittelfeld drückte jedoch nach dem Tamo-Ausfall der Schuh. Auch die jüngste Selbitzer Pleite machte die Aufgabe nicht leichter. "Gegen einen angeschlagenen Boxer ist es immer besonders schwer", so FC-Coach Rüdiger Fuhrmann, der sich von Beginn an auf eine hochmotivierte Selbitzer Elf einstellte: "Da müssen wir dagegenhalten und die Sache mutig angehen."
Röslau unter Druck, aber letztendlich trotzdem fehlerfrei: Holger Sieg hatte alles im Griff.
Thomas Nietner
Und tatsächlich brannte die Heimelf von Beginn an auf Rehabilitierung. Selbitz war bemüht, hatte etwas mehr Ballbesitz, konnte aber anfangs keinen richtigen Druck auf die Gästeabwehr ausüben. Zwei Schüsse Richtung FC-Tor: Mehr sprang in den Anfangsminuten noch nicht heraus. Aber die Richtung stimmte zumindest schon einmal: Die Häßler-Elf hatte den Vorwärtsgang eingelegt. Mit zunehmenden Spielverlauf erspielten sich die Blau-Weißen auch ein Übergewicht im Mittelfeld und verlagerten das Spielgeschehen weitgehend in die Hälfte der Gäste, die nur schwer in die Zweikämpfe fanden. Doch nicht nur da hakte es bei den Röslauern: Die Gäste hatten insbesondere im Spielaufbau so ihre Probleme, da die Selbitzer auch gut gegen den Ball arbeiteten. So richtig wußte man daher nicht, wohin mit dem Ball. Oft wurde das Spielgerät quer hin- und hergeschoben, nach vorne boten sich jedoch kaum Anspielstationen, so dass der Ball letztendlich meist lang auf Sturmspitze Markus Walther geschlagen wurden. Die Selbitzer Taktik, die die Anspiele geschickt zustellte und so den Spielaufbau über Verteidiger Lukas Zakrzewski erzwang, ging somit auf. Da machte sich das Fehlen des etatmäßigen Sechsers Mohammed Tamo besonders bemerkbar. Rüdiger Fuhrmann tobte an der Seitenlinie: "Das ist zu wenig!". Bei den Gästen war ordentlich Sand im Getriebe. Bei Selbitz war dagegen schon mehr Struktur drin. Meist versuchten es die Platzherren über die quirligen Außen, insbesondere über Yannick Schuberth über die linke Seite. Da war auch immer Alarm, wenn Spielmacher Fabian Elbl vom Zentrum auf den Flügel auswich. Doch im Zentrum fehlte ein Abnehmer. So war die sattelfeste FC-Innenverteidigung letztendlich nicht zu bezwingen. Und wenn die Heimelf schon einmal zum Abschluss kam, agierte sie zu ungenau - so Kevin Winter und Yannick Schuberth, deren Schüsse beide über das Tor gingen. Vor der Pause erhöhte die Heimelf daher nochmals den Druck. Den Treffer erzielten aber überraschend die Gäste auf der anderen Seite - quasi aus dem Nichts. Denn bis dahin war die FC-Elf noch nicht gefährlich vor das Tor von SpVgg-Keeper Mario Möschwitzer vorgedrungen. Auch der Schuss von Marco Siniawa von der Strafraumgrenze wäre wohl eine sichere Beute des Selbitzer Schlussmanns geworden, doch der Schuss wurde noch unglücklich von einem Selbitzer abgefälscht, so dass der Torwart keine Abwehrchance hatte. Die glückliche Führung für die Gäste!
"Falsche Neun": Steffen Widmaier ersetzte den angeschlagenen Pascal Hager im Angriff.
Thomas Nietner
Zufrieden konnte Rüdiger Fuhrmann trotz der Halbzeitführung mit der Darbietung seiner Elf nicht sein. Spielerisch hatten die Röslauer viel Luft nach oben. Der FC-Coach stellte daher um und brachte mit Rasim Yavuz eine neue Offensivkraft. Denn nach vorne ging bei den Gästen bisher kaum etwas. Marco Siniawa rutschte dafür von der rechten Seite ins Zentrum und Sebastian Hermann auf die Sechs. Jetzt lief es besser bei der Fuhrmann-Elf. Auch Markus Walther kam zu seinem ersten Torabschluss. Die Partie war nun ausgeglichener. Die besseren Möglichkeiten hatten jedoch weiter die Gastgeber. Einziges Manko: Sie hatten keinen Vollstrecker in ihren Reihen. Stefan Ermer und Kevin Winter vergaben aus aussichtsreicher Position. So richtig zwingend war das jedoch alles nicht. Die Blau-Weißen agierten im Angriff oftmals zu zögerlich und auch der letzte Pass kam nicht. Da konnte Fabian Elbl wirbeln wie der wollte und auch der groß gewachsene Andre Keilwerth hatte mit einem Kopfball nicht das notwendige Glück. Also schlug wie schon vor drei Wochen die Stunde von "Joker" Sebastian Schott. Der ehemalige Münchberger verlieh den Angriffsbemühungen der Heimelf noch einmal neuen Schwung. Doch nicht nur das: Keine vier Minuten nach seiner Einwechslung stand es tatsächlich postwendend 1:1. Was war passiert? Der eingewechselte Schott zirkelte einen Freistoß an den Innenpfosten. Fabian Elbl reagierte blitzschnell und staubte zum verdienten Ausgleich ab. Jetzt schöpfte die Heimelf noch einmal Hoffnung. Da war mehr drin als ein Punkt, die Blau-Weißen bliesen zur Schlussoffensive. Von Erfolg war diese jedoch nicht gekrönt. Das hatte gegen nachlassende Gäste einen einfachen Grund: Sebastian Blechschmidt. Der Röslauer Keeper avancierte in der Schlussphase zum Matchwinner für seine Farben. Erst lenkte der 22-Jährige einen Schott-Freistoß über die Latte, dann parierte der frühere Hofer bei einem Schuss von Kevin Winter erneut bärenstark. Anders als noch vor drei Wochen gegen Kasendorf reichte es in den letzten Spielminuten daher nicht mehr zum dreifachen Punktgewinn. Aber auch damit konnte Markus Häßler leben, seine Elf hatte nach der desolaten Vorstellung in Neudrossenfeld wieder zurück in die Spur gefunden.
So richtig zufrieden war nach dem Schlusspfiff aber keine Seite. Selbitz ärgerte sich nach einer soliden Vorstellung über zwei liegen gelassene Punkte und ein unglückliches Gegentor, die Gäste dagegen über ihre eigenen Vorstellung. "Die Jungs haben gerade ihren Aufstrich von mir bekommen. Das war heute eine ganz schwache Vorstellung, auch wenn bei uns einige Spieler fehlen und wir auf dem Zahnfleisch gehen", so der FC-Coach nach der Partie, dem angesichts der Darbietung vor den noch fünf ausstehenden Begegnungen Angst und Bange wird: "Das wird eng. Die Trainingsbeteiligung wird aufgrund der Verletztenliste ja immer geringer. Das merkt man eben auf dem Niveau." Nach der Neudrossenfeld-Packung konnte man sich bei den Gastgebern aber schnell mit der Punkteteilung anfreunden: Die Richtung stimmt wieder bei den Frankenwäldlern. Zum Rückrundenauftakt erwartet man am kommenden Wochenende Dergahspor Nürnberg. Da ist nach der 1:4-Hinspielpleite noch eine Rechnung offen. Für die Röslauer steht dagegen das Landkreisderby gegen Schlusslicht Poppenreuth auf dem Programm.
Spielbericht eingestellt am 24.10.2015 20:29 Uhr