Beide Mannschaften konnten vor dem Spiel auf eine wahre Erfolgsserie zurückschauen. Mit entsprechend breiter Brust begegneten sich daher beide Teams. Dennoch ging der drittplatzierte Bayernligaabsteiger im Heimspiel natürlich als Favorit gegen die personell gebeutelten Gäste ins Spiel. Denn während SpVgg-Coach Markus Häßler - abgesehen von den beiden Langzeitverletzten Busse und Gabler sowie Elbl - nahezu alle Mann an Bord hatte, war die Verletztenliste bei der Elf von Coach Andi Lang dagegen schon wesentlich länger. Mit Torwart Kiesevetter sowie Münch, Krebs, Kunz, Zwota und neuerdings auch noch Torjäger Höhn fiel gleich eine Reihe wichtiger Spieler aus. Dennoch war der ehemalige Selbitzer Spieler an alter Wirkungsstätte zuversichtlich und fühlte sich in der Außenseiterrolle ganz wohl: "Wir können freiweg von der Seele spielen, wir haben nichts zu verlieren. Das leichteste Spiel für uns. Aber wir wollen es Selbitz schwer machen!" Beide Mannschaften begannen mit einem 4-2-3-1-System, interpretierten dies aber unterschiedlich. Während Selbitz im Heimspiel auf Spieldominanz aus war, forderte SV-Coach Andi Lang enge Räume und schnelles Umschaltspiel von seiner Elf. Bei den Hausherren rutschte dafür Martin Damrot wieder in die Startelf. Die Gäste vertrauten dagegen erneut der siegreichen Elf aus der Partie gegen Vach.
In den entscheidenden Situation war die Gästeabwehr aber stets zur Stelle: Kevin Roger (grün) konnte hier den Ball vor Daniel Cavelius zur Ecke abschirmen.
Thomas Nietner
Beide Teams setzten von Beginn an die Anweisungen ihrer Trainer um und lieferten sich ein laufintensives und gutklassiges Derby, in dem die Anfangsphase jedoch klar an die Heimelf ging. Durch ein aggressives Mittelfeldpressing ließ die Häßler-Elf den Gästen spätestens an der Mittellinie keine Räume mehr und störte das Aufbauspiel früh und vor allem effektiv. Über schöne Ballstafetten bei Ballgewinn gelangte man meist über die Flügel zu aussichtsreichen Flanken, die allerdings zu oft im Sturmzentrum keinen Abnehmer fanden, da die Friesener Innenverteidigung um Woitschitzke und Meyer stets aufmerksam war. Damit setzten die Abwehrrecken eine zentrale Forderung ihres Trainers gut um, SpVgg-Torjäger Markus Bächer das Leben schwer zu machen und ihm wenige Räume zu lassen. Solange die Gäste hinten die Null halten konnten, umso größer sahen sie ihre Chancen auf einen Punktgewinn. Von daher galt die Devise "safety first". Trotzdem konnten Markus Bächer und der laufstarke Daniel Cavelius gleich in den ersten Spielminuten die ersten guten Möglichkeiten für ihre Farben verbuchen. Erst mit zunehmender Spieldauer konnten sich die Gäste aus dem Dauerdruck der Heimelf befreien und deuteten bei schnellen Vorstößen ihre Torgefährlichkeit an. Einige Male gelang es der Selbitzer Abwehr, diese bereits im Keim zu ersticken, aber nach einem unnachahmlichen Sololauf von Patrick Sudol auf dem rechten Angriffsflügel klingelte es nach gut 20 Spielminuten gleich bei der ersten richtigen Chance der Gäste im Kasten der Gastgeber. Frank Fugmann verwertete dabei den Nachschuss. Der Spielverlauf war dadurch auf den Kopf gestellt, denn bis dahin war die Partie doch eher einseitig verlaufen. Doch die Hausherren ließen sich von dem Gegentor nicht aus der Spur bringen und drückten postwendend auf den Ausgleich. Aber die Friesener Abwehr stand sicher. Bis Julian Rietsch kurz vor der Halbzeitpause der verdiente Ausgleich gelang. Als den 22-jährigen Mittelfeldakteur kein Gästespieler am Strafraum angriff, zog der ehemalige Trogener einfach mal ansatzlos ab. Doch trotz weiterer optischer Überlegenheit und Ballbesitzes sollte dem Bayernligaabsteiger kein weiterer Treffer bis zur Pause gelingen. Der Friesener Ersatztorwart Siegfried Kirschbauer brauchte keine weitere Kostprobe seines Könnens abzuliefern. Das sparte er sich vielmehr für die zweite Hälfte auf. Trotz des Unentschiedens zur Halbzeit konnte SpVgg-Coach Markus Häßler zuversichtlich auf die zweite Hälfte blicken, denn die Dominanz seiner Mannschaft im ersten Abschnitt sprach klar für einen Heimsieg. Die Vorgabe, dominant und spielbestimmend aufzutreten, hatte seine Elf bis dahin gut umgesetzt. Lediglich bei dem eigenen Freistoß, der im Gegenzug zur Führung der Gäste führte, war man einmal nicht im Bilde.
Gefährliche Ballverluste, die die Gäste zum Kontern einluden: Julian Schütz (blau) verliert den Ball an Patrick Sudol.
Thomas Nietner
Doch auch Häßlers ehemaliger Mannschaftskamerad und langjähriger Freund Andreas Lang, seit Saisonbeginn Coach beim SV Friesen, konnte beim Seitenwechsel zufrieden mit seiner Elf sein. Angesichts der vielen personellen Ausfälle und Umstellungen bot sein Team im ersten Durchgang trotz weniger eigener Torchancen eine gute Partie und verlangte den ambitionierten Selbitzern alles ab. Aber unmittelbar nach dem Seitenwechsel setzten die Gastgeber nahtlos an die Druckphase der ersten Hälfte an und hatten durch Torjäger Markus Bächer gleich zwei gute Möglichkeiten, bei denen sich allerdings Torwartroutinier Kirschbauer auszeichnen konnte. Aber wie schon in den ersten 45 Spielminuten blieben die Kronacher durch Konter weiterhin brandgefährlich. Mit zunehmender Spieldauer bot sich den formstarken Gäste immer häufiger die Möglichkeit zum schnellen Umschalten, als die Gastgeber verstärkt auf den Führungstreffer drückten, aber gegen die kompakte Friesener Abwehr immer seltener spielerische Lösungen fanden. Insbesondere über Patrick Sudol, der im zweiten Abschnitt kaum mehr zu bremsen war, kamen die Gäste nunmehr häufiger vor das Tor von SpVgg-Schlussmann Mario Möschwitzer, verpassten es aber letztendlich, den "Lucky Punch" zu setzen. Das Spiel war nunmehr auf beiden Seiten völlig offen, was aber beide Teams nicht davon abhielt, weiterhin auf Sieg zu spielen. Die taktischen Fesseln waren auf beiden Seiten an diesem Tag nicht vorhanden. Vielmehr wurde die Partie in der Schlussphase noch einmal hektisch und ruppiger. Wie es in einem Derby nun mal so ist. Gleich zwei Akteure mussten daher vorzeitig zum Duschen. Bei Friesen erwischte es Andre Scholz nach wiederholtem Foulspiel, auf der Gegenseite Julian Rietsch. Dem Selbitzer Torschützen blieb in der letzten Spielminute jedoch in höchster Not gegen den durchgebrochenen Patrick Sudol auch kaum etwas anderes übrig, als den langjährigen Neudrossenfelder unsanft von den Beinen zu holen. Der bärenstarke Mittelfeldspieler der Friesener wäre durch gewesen.
Am Ende stand somit ein leistungsgerechtes Unentschieden im Frankenwaldderby. Während die Heimelf klar die erste Hälfte bestimmte, konnten sich die Gäste in der Schlussphase besser in Szene setzen und hatten durch den bärenstarken Patrick Sudol ihrerseits die Chance zum Siegtreffer. Die Gastgeber hätten bis dahin schon den Sack zumachen müssen und mussten so froh sein, dass die Gäste nicht mit einem Konter den Spielverlauf völlig auf den Kopf stellten. Letztendlich konnten beide Teams jedoch mit der Punkteteilung leben, Friesen allerdings mehr als Selbitz. Denn durch das Remis verlor die Häßler-Elf etwas den Anschluss an die beiden Spitzenplätze, da die beiden Erstplatzierten Röslau und Feucht ihre Begegnungen erfolgreich bestreiten konnten. Die Serie der beiden Frankenwaldteams hält jedoch weiter. Friesen ist nunmehr seit zehn Partien ungeschlagen, Selbitz seit fünf Begegnungen. In der nächsten Woche geht es für die Spielvereinigung zum Gastspiel nach Vach, während die Kronacher mit Quelle Fürth ein weiteres Spitzenteam erwarten.
Spielbericht eingestellt am 01.11.2014 19:07 Uhr