Die Vorzeichen waren sehr gut vor dem Spitzenspiel der Landesliga Nordwest in Kitzingen. Mit den Bayern traf der Tabellendritte auf den Vierten aus Abtswind, beide Aufsteiger gehören zu den dominierenden Mannschaften in der Liga. Einzig das Wetter spielte nicht mit: Bei frostigen Temperaturen und Nieselregen, durchsetzt mit der einen oder anderen Schneeflocke, war der tiefe Bayernplatz nicht einfach zu bespielen. Auf Seiten der Hausherren dachte man gar über eine Spielabsage nach, entschied sich aber dann doch für dafür, die Partie stattfinden zu lassen. Die richtige Entscheidung bei zwar schwierigen, aber keineswegs unmöglichen Platzverhältnissen.
Kitzingens Außenverteidiger Oliver Stark (mi.) war in der Anfangsphase mit seinen Defensivaufgaben vollauf ausgelastet. Hier nimmt er es mit Michael Seuling (li.) und Jonas Wirth (re.) auf.
Nico Rupp
Manch einer der 350 Zuschauer mag sich in der ersten Viertelstunde verwundert die Augen gerieben zu haben: Der TSV Abtswind trat in Kitzingen selbstbewusst wie eine Heimmannschaft auf, hatte viel Ballbesitz und ließ die Bayern kaum ins Spiel kommen. Das lag auch an der taktischen Einstellung mit Simon Wolf als Schatten von Kitzingens Spielmacher Tolga Arayici, der in der ersten Halbzeit fast komplett aus dem Spiel genommen wurde. Dementsprechend konnten die Gäste die ersten Tormöglichkeiten für sich verbuchen, auch wenn es sich dabei zunächst nur um Weitschüsse handelte. Zwei Mal war es Sebastian Otto, der mit Schüssen aus der zweiten Reihe den Kitzinger Torhüter Malte Schulze-Happe prüfte, in diesem jedoch seinen Meister fand (13., 15.). Die beste Chance in dieser Phase hatte wiederum Sebastian Otto, der nach feinem Zuspiel von Albert Fischer im Strafraum völlig frei an den Ball kam, diesen in Rücklage jedoch in die Wolken jagte (22.). Es war nun nicht so, dass Kitzingen hier überhaupt nichts zustande brachte. Es fehlten aber die Präzision im Spielaufbau und der Zug zum gegnerischen Tor. Das änderte sich im Laufe der ersten Halbzeit. In der 28. Minute verzeichneten die Gastgeber durch einen Weitschuss vom ansonsten eher blassen Jörg Otto den ersten Schuss auf das Tor von Irnes Husic. Überhaupt schienen Schüsse aus der zweiten Reihe in Halbzeit Eins das Mittel zum Zweck zu sein, vier Minuten später versuchte sich Abwehrmann Christopher Lenhart aus 25 Metern, scheiterte aber am Gästekeeper. Nachdem sich die Hausherren nach einer guten Stunde also ins Spiel gekämpft hatten, entwickelte sich eine ausgeglichene Partie, der allerdings nach wie vor die Strafraumszenen etwas abgingen. Die letzte nennenswerte Möglichkeit vor der Pause hatten noch einmal die Gäste (34.): Eine Freistoßflanke von der rechten Seite durch Sven Gibfried erreichte Sebstian Otto mit dem Kopf, konnte aber nicht genug Druck hinter den Ball bringen, um Schulze-Happe zu überwinden. Fazit zur Halbzeit: Nach starkem Beginn von Abtswind kam Kitzingen immer besser ins Spiel, konnte sich aber wie die Gäste keine klaren Chancen herausspielen.
Kämpfte, ackerte und war auch nach vorne gefährlich: Sebastian Otto (li.) war der klare Sieger im Bruderduell mit Jörg. Hier ist es Philipp Schlarb (re.), der ihm den Ball streitig macht.
Nico Rupp
Die zweite Hälfte begann vielversprechend: Nach einem Fehler in der Abtswinder Hintermannschaft spielte Philipp Schlarb am gegnerischen Strafraum quer auf Tolga Arayici, der mit einem Schlenzer das lange Eck anvisierte. Doch obwohl sich der Kitzinger Spielmacher viel Zeit für seinen Abschluss ließ, ging das Leder deutlich am Tor vorbei (48.). Die Hausherren hatten sich während beim Pausentees offenbar viel vorgenommen und verbuchten zunächst die größeren Spielanteile für sich. Bei Abtswind ging wie in Hälfte Eins fast alle Gefahr von Sebastian Otto aus. Wie in der 52. Minute, als er den Ball flach und scharf in den Strafraum drosch, Julian Schuhmann allerdings in höchster Not klären konnte. Verwirrung dann in der 59. Minute: An der Seitenlinie stand Dustin Höppner vom TSV Abtswind bereit zur Einwechslung. Doch der Schiedsrichterassistent machte den Unparteiischen auf etwas aufmerksam: Der nominelle Kapitän des Teams von Jochen Seuling stand gar nicht auf dem Spielerbogen! Höppner verpasste damit nicht nur den Einsatz im Derby, sondern musste darüber hinaus völlig frustriert die Ersatzbank verlassen. Zurück zum Spiel, das nun zusehends verflachte. Es häuften sich die Fehlpässe sowie Fehler bei der Ballannahme. Es dauerte bis zur 71. Minute, als es wieder einmal Sebastian Otto war, der mit einer Körpertäuschung seinen Gegenspieler Philipps Schlarb aussteigen ließ und quasi von der rechten Eckfahne das Leder flach in die Mitte schlug. Am langen Pfosten rutschte Michael Seuling nur denkbar knapp am Ball vorbei – die bis dato beste Chance in der zweiten Hälfte. Kurz darauf kam Peter Mrugalla für Philipp Kutzenberger in die Partie. Der Stürmer spielte mit einem dick eingegipsten Unterarm, erst gestern hatte er sich den Daumen gebrochen. Mit Mrugalla kam frischer Schwung in das Spiel und er war es auch, der die entscheidende Szene des Spiels einleitete: Nach einem Fehler im Aufbauspiel von Kitzingen kam der mit bislang 13 Toren beste Abtswinder Liga-Torschütze an den Ball. Gedankenschnell passte er den Ball in die Schnittstelle der Abwehr zu Sven Gibfried. Der wurde im Strafraum rüde von den Beinen geholt – eine Koproduktion von Außenverteidiger Schlarb und dem herausstürmenden Schulze-Happe (76.). Obwohl der Keeper an den Ball kam, war die Elfmeterentscheidung vertretbar. Der 34-jährige Schlussmann war damit nicht einverstanden und holte sich noch die Gelbe Karte wegen Meckerns ab – dies sollte noch Folgen haben. Zum Strafstoß trat der eingewechselte Shkelqim Kruezi an – und knallte die Kugel an den linken Torpfosten! Von dort prallte der Ball an den verlängerten Rücken von Schulze-Happe und trudelte über die Linie. Pech für Kitzingen und den Torhüter, doch es sollte noch schlimmer kommen: Nachdem Schulze-Happe den Ball in Richtung des Unparteiischen warf, schickte dieser den Keeper mit Gelb-Rot frühzeitig zum Duschen. Rückstand und Unterzahl: Keine einfachen Vorzeichen, um ein Spiel in der Schlussphase noch zu drehen. Zumal nach der durch den Platzverweis bedingten Umstellung der Bayern auf eine Dreierkette die Abwehr zunächst noch unorganisiert war. Das hätte Mrugalla zur schnellen Erhöhung ausnutzen müssen, doch nachdem er den neuen Heimkeeper Florian Nöth bereits ausgespielt hatte, spielte er uneigennützig quer auf Axel Zehnder, statt in das nur noch von Innenverteidiger Matthias Brunsch bewachte Gehäuse einzuschießen. Zehnder vergab die Großchance derweil kläglich (80.). In den letzten zehn Minute kam es zum altbekannten Phänomen, dass sich die Mannschaft in Unterzahl aller Hemmnisse entledigte und plötzlich schwungvoll nach vorne spielte. Doch Florian Warschecha (88.) und Tolga Arayici (90+4.) verpassten es aus vielversprechenden Positionen, den Ausgleich zu erzielen. Erst in Unterzahl konnte die Mannschaft von Wolfgang Schneider ihre Spielstärke zeigen und bewiesen, dass sie nicht zu Unrecht in der Spitzengruppe der Liga zu finden ist. Allein, es nützte nichts mehr.
Es blieb beim knappen Erfolg des TSV Abtswind, der sich damit in der Tabelle wieder an Bayern Kitzingen vorbeischiebt. Nach dem Unentschieden von Erlenbach gegen Gerolzhofen und der Pleite des SV Pettstadt in Augsfeld, hat Abtswind nun nur noch zwei Punkte Rückstand auf die Tabellenspitze und ist der große Gewinner des Spieltags. Zufrieden mit der Hinrunde können beide Vereine sein, waren doch die Ziele der beiden Aufsteiger deutlich niedriger gesteckt, als es die jetzige Platzierung vermuten lässt.
Spielbericht eingestellt am 27.10.2012 21:28 Uhr