von Matthias Ley
„Pfosten, in die Fresse, rein!“ (Bielefelds Pressesprecher Axel Ubben über das Eigentor von Keeper Rowen Fernandez beim 2:2 am 33. Spieltag gg. Dortmund). Eigentlich ist die Partie bereits nach zehn Minuten gelaufen. 20 Meter vor dem gegnerischen Tor steckte Daniel Hey den Ball durch die Gasse auf Sebastian Otto.
Abtswinds Stürmer sprintete befreit von dannen, umkurvte den letzten Mann und wurde unsanft von eben diesem gelegt. Eine klare Sache: Elfmeter und zumindest Gelb für Keeper Marcel Weid. Zum Erstaunen der zuschauenden Allgemeinheit beließ es der Unparteiische bei Elfmeter. Keine farbliche Ermahnung, nicht einmal ein mahnendes Sätzchen fiel. Wenige Augenblicke später schickte ihn Peter Mrugalla in die falsche Ecke. Ein verdientes 1:0 für die Gastgeber, spielbestimmend, lauffreudiger, präziser im Kombinationsaufbau. Und die Seuling-Truppe agierte weiter nach vorn. Wenige Minuten nach dem 1:0 schickte Sebastian Otto seinen Angriffspartner steil. Mutterseelenallein rannte Peter Mrugalla allein auf Schlussmann Marcel Weid zu. Im letzten Moment kam noch Matthias Ebert hinzu und störte den Stürmer beim finalen Torabschluss. Im Nachfassen entschärfte der Keeper einen sogenannten Hundert-Prozenter
Das Tor und die klaren Chancen danach warfen die Spielverhältnisse über den Haufen. Die Gastgeber verloren den roten Faden, die sichere Spielanlage zu Gunsten von hoch und weit. Diese schiefen Dinger landeten traumwandlerisch sicher als Beute des Höchberger Mittelfelds. Der Plot spielte sich nun dauerhaft vor dem Kasten von Irnes Husic ab, der nun auch öfters im Rampenicht stand, als einem Keeper lieb sein kann. Der Ausgleich, nein eher ein Doppelschlag der Kracken lag in der Luft. Abtswind bekam die Bälle nicht aus der Gefahrenzone. In der 30. Minute schloss Lukas Meyer aus halbrechter Position flach ins lange Eck ein. Wenige Minuten darauf kombinierten sich Andreas Ullrich, Lukas Meyer und Jeffrey Karl butterzart durch den Slalomstangenwald, im Volksmund TSV-Mittelfeld genannt. Schnell, direkt, wie aus dem Lehrbuch. Der letzte Pass auf Ullrich jedoch wittert, nein stank brachial nach Abseits. Das Zuspiel ging nach vorne, während sich der Stürmer ungefähr auf Höhe des Torwarts befand, vielleicht sogar bereits an diesem vorbeigezogen war. Schwer zu sagen ohne Standbild. Linienrichter Marcel Bagel ließ den Arm in kräfteschonender, herabhängender Position und weiter gings im Takt. Höchberg rannte an, Abtswind stand dicht eingezwängt im eigenen Strafraum. Bis zum Seitenwechsel eine einzementiert Rollenverteilung.
Nach Schattengenuss, Ansprache und Kühlem ins Genick sahen die Zuschauer ein kaum verändertes Bild. Doch im weiteren Verlauf wurde die Partie zunächst ausgeglichener. Von Neutralisieren um den Mittelkreis herum wandelte sich die Angelegenheit zu Abtswinder Anrennen und Höchberger Abwehr. Jetzt standen die Kracken tief eingezwängt im hinteren Drittel des Spielfeldes, kurz vor dem letzt abschließenden Maschendrahtzaun. Für beide Seiten ein Tanz auf dem Drahtseil. Den Gastgebern schien alles egal: Tor oder angewärmtes Selterswasser (in Ermangelung eines konstruierten Spielabbruchs. Dafür ist es zu heiß). Alles nach vorne, weite Bälle in die Spitze oder kurz und knackig über die Außenpositionen. Auch Verteidiger können vorne mal im spielerischen Sinne „die Ellebogen ausfahren“. Auf der anderen Seite versuchten die Gäste bei Ballbesitz, und sei er auch noch so kurz, schnell umzuschalten. Bei fortschreitender Spieldauer mutierte dies zu Befreiungsschlägen. Erinnerte stark an die hilflose Abtswinder Phase zum Ende der ersten 45 Minuten. Jetzt stemmten sich die Kracken gegen die Flut. Chancen beinahe im Minutentakt. Peter Mrugalla überlupfte den herauseilenden Torwart Marcel Weid. Matthias Grünewald klärte auf der Linie. Sebastian Otto blockte den Weg frei für Axel Zehnder. Dessen Schuss landete in den langen Armen von Höchbergs Torwart. Den Gong des Tages präsentierte ihnen Michael Herrmann. Beinahe aus dem Stand zog er aus gut und gerne 35 Metern rechte Außenbahnposition ab. Mit vernehmlichen Krachen touchierte die Pille das Lattenkreuz. Der Ausgleich lag, eher stand in der flirrenden Hitze in der Luft. Kurz vor Schluss erlöste Sebastian Otto im Nachfassen an einen abgewehrten Mrugalla-Schuss den eigenen Anhang.
Gewöhnlich entweicht die Luft im Spiel nach einem solch späten Ausgleich explosionsartig. Man reicht sich das Patschehändchen, sagt gegenseitig artig „Danke schön“ und bringt die letzten Minuten mit Stehgeigen auf ein kulturell einseitiges Niveau. Nicht an diesem aufgehitzten Samstagnachmittag. In diesen letzten Minuten suchten und bekamen beide Seiten noch jeweils zwei klare Einschussmöglichkeiten. Tristan Schmid stieg am höchsten und wuchtete den Ball über die Querlatte. Auf der anderen Seite scheiterten zunächst Axel Zehnder, dann Sebastian Otto an jeweils einem hinderlichen Abwehrbein.
Dann pfiff Stefan Klerner zur endgültigen Erfrischung im größten Entmüdungsbecken der Liga, dem Abtswinder Schwimmbad. Unmittelbar nach dem Schlusspfiff begann eine beidseitige intensive Analyse: Einen Punkt gewonnen oder deren zwei vertändelt?
Spielbericht eingestellt am 22.08.2012 09:06 Uhr