„Das ist eine knackige Mannschaft und es wird sich zeigen, wer sein Spiel besser durchbringt“, ahnte FCL-Trainer Oliver Müller wohl schon vor dem Anpfiff, welche Herausforderung auf eine personell arg gebeutelte Mannschaft warten würde. Der Gast dachte nämlich gar nicht daran, als Aufsteiger beim Vorjahresvierten in Ehrfrucht zu erstarren. „Wir haben bisher keinen schlechten Fußball gespielt und wollen den Gegner hoch attackieren, Druck ausüben und in Ballbesitz kreativ und mutig auftreten“, so FCO-Coach Andreas Baumer, der seinen Mannen trotz vier Spielen ohne Sieg eine gehörige Portion Offensivpower einimpfte.
Das lange Bein von Jan Haselmann (li.) ist etwas länger als das von Tim Dotterweich.
Bernd Riemke
Und genauso legte Oberhaid auch los. Bevor sich die Lichtenfelser Hintermannschaft einigermaßen sortierte, war sie auch schon aus den Angeln gehoben. Fabian Trunk tauchte nach einem starken Anspiel in die Tiefe mutterseelenallein vor Torhüter Weise auf, der den Abschluss bärenstark zur Seite abwehren konnte. Dort lauerte Niklas Schmitt auf den Abstauber, wurde jedoch vom ganz langen Bein Kevin Wiges geblockt. Ein echter Weckruf war das für die Hausherren allerdings nicht. Der Aufsteiger bestimmte das Tempo und ließ Ball und Gegner laufen. „Wir wollen schnell in die Rückeroberung gehen“, gab Andreas Baumer vor dem Spiel noch die Devise aus und genau das taten seine Mannen. Das Geschehen wurde weitgehend in die Hälfte der Hausherren verlagert. Auch und gerade, weil das eigene Pressing gegen die sich spielerisch gut befreienden Oberhaider meist ins Leere lief. Nach knapp einer halben Stunde stellte Lichtenfels daher die Bemühungen in vorderster Front ein wenig ein und verlagerte sich im Spielaufbau auf lange Bälle hinter die gegnerische Abwehr. Eine Maßnahme, die Wirkung zeigte, denn so kamen auch die Gastgeber zu ersten Abschlüssen. Eine direkte Funk-Ecke lenkte Jonas Schirm gerade noch über den Querbalken und als nach dem nächsten Standard das Leder für Sekundenbruchteile völlig unberührt einen Meter vor der Torlinie lag, packte schlussendlich Schirm energisch zu. Ebenfalls mit der Hand am Ball war nach einer Hereingabe von der Seite ein FCO-Verteidiger im Strafraum, doch der Pfiff des Unparteiischen blieb aus. In dieser zehnminütigen Drangphase zeigte die Lichtenfelser Offensive, wozu sie im Stande ist. Kurz vor dem Halbzeitpiff durfte auf der anderen Seite noch einmal Torsteher Weise sein Können unter Beweis stellen, als er bei einem Dotterweich-Linksschuss beherzt zupackte.
Beim Abschirmen des Balles trifft Tim Dotterweich (vo.) seinen Kontrahenten Christopher Schaller mit dem ausgestreckten Arm unabsichtlich im Gesicht.
Bernd Riemke
Der zweite Durchgang nahm einen anderen Verlauf. Während Oberhaid weiterhin sehr flüssigen Kombinationsfußball zeigte, machten sich die Korbstädter die Erkenntnisse der ersten Halbzeit zu Nutze. Aus der eigenen defensiven Kette heraus wurde das Mittelfeld hoch und weit überspielt. Gesucht wurde dabei immer wieder Lukasz Jankowiak, der wie ein Magnet entweder per Kopf verlängerte oder den Ball selbst gegen mehrere Abwehrspieler behauptete. Der Kapitän des FCL wurde zum prägenden Mann des Spiels. Ein Tor selbst blieb ihm vergönnt, gleichwohl er mehrmals das Leder auf den rechten Schlappen bekam und sein anvisiertes Ziel des Öfteren nur knapp verfehlte. Besser machte es in der 50. Minute Adrian Brehm, der allerdings auch in perfekte Position gebracht wurde – und zwar vom Gegner. Ein Ploner-Querpass am eigenen Strafraum fand nicht seinen Innenverteidiger-Kollegen Schmitt, sondern den gedankenschnellen Brehm. Der legte sich das Leder noch einmal kurz vor, um dann unhaltbar zum umjubelten 1:0 zu versenken. Als knapp zehn Minuten später Jankowiak nach einem Treffer am Fuß im Strafraum zu Boden ging, übernahm Fabian Funk die Verantwortung, verlud Keeper Schirm vom Elfmeterpunkt und so lief der FCO nach einer Stunde plötzlich einem Zwei-Tore-Rückstand hinterher. Nun offenbarten sich die Mängel im Spiel des letztjährigen Bezirksliga-Meisters, denn Schönspielen alleine reicht nicht. Oberhaid bekam in der Folge sehr viel Ballbesitz und kombinierte sich mitunter ansehnlich bis an und um den Strafraum heraum. Dort waren die technisch beschlagenen Angreifer jedoch mit ihrem Latein am Ende. Dominik Schmitt, der nach dem 0:2 aus der Innenverteidigung ins zentrale Mittelfeld gerückt war, verzog dabei ebenso zweimal wie Simon Roppelt. Dessen feines Solo – allerdings schon in der 89. Minute – war symptomatisch für die Offensive des FCO. Roppelt, der nicht nur einmal für gehörig Unruhe in der Lichtenfelser Hintermannschaft sorgte, tanzte sich auch hier durch mehrere Abwehrbeine hindurch, um schließlich aus 17 Metern Torhüter Weise direkt in die Arme zu schießen. Dass der eingewechselte Kevin Kleylein es bereits in der Nachspielzeit auf der anderen Seite nicht besser machte und bei einem Konter freistehend an Jonas Schirm scheiterte, sollte am Ende nicht mehr ins Gewicht fallen.
Ob der Übermacht von zwei Oberhaidern (im Vordergrund: Max Hüttner) schlägt Leon Holzheid (re.) den Rückwärtsgang ein.
Bernd Riemke
Es blieb beim 2:0 für den 1. FC Lichtenfels, dem ersten Saisonsieg der Korbstädter, die sich diesmal einfacher Mittel bedienten, die zum Erfolg führten. Der Aufsteiger aus dem Bamberger Landkreis muss sich vorwerfen lassen, einen zwar spielerische überzeugenden Auftritt hingelegt zu haben, jedoch den nötigen Zug zum Tor vermissen zu lassen. Diese 90 Minuten im Karl-Fleschutz-Stadion waren ein klarer Beleg für die viel zitierte Weisheit, dass Fußball ein Ergebnissport ist. Denn gewonnen hat diesmal die abgezocktere Mannschaft und das unter dem Strich auch keinesfalls unverdient.
Spielbericht eingestellt am 09.08.2023 23:33 Uhr