von Michael Kämmerer
Der Tabellenführer startet eine furiose Aufholjagd und wird belohnt
SV Alemannia Haibach – TSV Abtswind 2:4 (2:0)
Abtswind am Rande einer Niederlage – zumindest eine Stunde lang sah es in Haibach danach aus. Solange liefen die Mannen von Petr Skarabela einem Zwei-Tore-Rückstand hinterher. Doch dann holte das Team Tor um Tor auf und schnappte sich dank seiner unvergleichlichen Qualität den Sieg. Damit rangiert der TSV weiterhin ungeschlagen an der Spitze der Landesliga. Wer will das Team ernsthaft stoppen?
Lautstarke Musik drang aus dem Keller, durchzogen von Jubelschreien und wildem Gepolter. Das Ganze hatte Ausmaße, dass den Hausherren angst und bange wurde um ihre in die Jahre gekommene Einrichtung. Die Mannschaft des TSV Abtswind, völlig losgelöst und in aufgedrehter Stimmung, machte dann doch keine Anstalten, die Umkleidekabine einzureißen, auch wenn es sich von außen so anhörte. Die Erleichterung der Spieler entlud sich nach dem Schlusspfiff wie der Korken einer durchgeschüttelten Sektflasche. Der Verlauf der Partie bei Alemannia Haibach entsprach so gar nicht dem Muster, wie es die Abtswinder in dieser bislang so erfolgreichen Saison gewohnt sind. Nicht nur dass das Team von Trainer Petr Skarabela nach 338 Minuten in der Landesliga mal wieder ein Gegentor und kurz darauf sogar ein zweites zuließ. Mit dem 0:2-Rückstand des ungeschlagenen Tabellenführers zur Pause deutete sich eine faustdicke Überraschung an. „Hätten wir noch ein Unentschieden geschafft“, sagte Petr Skarabela, „wäre das in Ordnung gewesen.“ Seine Mannschaft wollte jedoch mehr als nur einen Punkt.
Vor allem aber spielte sie ihre unglaubliche Qualität bis zum letzten Angriff aus. In nicht mal einer halben Stunde gelangen Abtswind auf diese beeindruckende Art vier Treffer. Angetrieben vom überragenden Adrian Dußler, der per Foulelfmeter und Distanzschuss den 2:2-Ausgleich erzwang, kam es besonders über die linke Seite immer wieder zu Vorstößen. Frank Hartlehnert und Przemyslaw Szuszkiewicz bildeten ein Duo, das viel bewegte und zwei Treffer vorlegte. „Przemek hat mich positiv überrascht“, sagte Petr Skarabela. „Das war seine beste Leistung überhaupt.“ Hartlehnert rutschte von jetzt auf gleich in die Aufstellung, weil Jürgen Endres schon nach wenigen Minuten Muskelprobleme am Oberschenkel bekam. Nichts deutete darauf hin, dass die Gäste – abgesehen von diesem frühen Wechsel – in Unannehmlichkeiten geraten sollten. „Wir haben auch in der ersten Halbzeit gut gespielt“, stellte Skarabela fest. Allerdings fand keine der vier guten Möglichkeiten in dreißig Minuten den Weg ins Tor. Mal brachte Haibachs Schlussmann noch ein Körperteil an den Ball, mal blockte ein Abwehrspieler im letzten Moment, oder aber Abtswind stand sich beim Abschluss selbst im Weg.
Wie es funktionieren kann, um in Führung zu gehen, zeigten die Gastgeber eindrucksvoll: Ohne Vorwarnung schossen sie sich durch Mato Papic in Führung (30.). Derselbe stand kurz darauf auf Zuspiel von Pasqual Verkamp schon wieder alleine vor dem Abtswinder Gehäuse und schraubte das Ergebnis mit dem zweiten Schuss bereits auf 2:0 für den vormaligen Bayernligisten (36.). „Das haben die beiden in der ersten Halbzeit sehr gut gemacht“, lobte Haibachs Trainer Slobodan Komljenovic, der einstige Verteidiger der Frankfurter Eintracht, sein wuselndes Stürmerpaar. Die überragende Torausbeute der Platzherren hätte sich um ein Haar vergrößert. Beim nächsten Angriff eroberte Mato Papic den Ball, leitete direkt weiter zu Pasqual Verkamp, der die riesige Gelegenheit zur Vorentscheidung vergab und den Abschluss frei vor dem Tor neben den Pfosten setzte (58.). „In dem Moment hätten wir den Deckel auf das Spiel machen können“, sagte Komljenovic. Nicht unerheblich war auch, dass Marcello Fiorentini, Haibachs Strippenzieher im Mittelfeld, zum Heißsporn wurde. Selbst nach einer Gelben Karte wegen Meckerns blieb der 37-Jährige nicht ruhig, so dass ihn der Trainer aus dem Spiel nahm, ehe es der Schiedsrichter tat.
„Das war aus meiner Sicht entscheidend für die Schwächung des Haibacher Spiels“, sagte Petr Skarabela. Der Impuls für die Abtswinder Aufholjagd entstand aus einem Foul des Haibachers Pasquale Lauria an Pascal Kamolz im Strafraum. Torhüter Julian Schneider hatte den Angriff mit einem schnellen, weiten Abschlag eingeleitet. Nach Dußlers Strafstoß-Anschlusstreffer zum 1:2 in der 61. Minute liefen die Gäste mitsamt Trainer Skarabela heiß. Der 49-Jährige stand an der Seitenlinie im einsetzenden Regen unter Strom und peitschte sein Team unüberhörbar nach vorne. Die letzten 25 Minuten besaßen eine hohe Intensität. Es spielte nur noch Abtswind mit dem festen Entschluss, den Rückstand aufzuholen. Adrian Dußlers Schuss zum 2:2 von jenseits der Strafraumkante brachte die Erlösung (74.). Doch es kam noch besser: Mit den Treffern von Nicolas Wirsching und Mathias Brunsch zum 4:2-Endstand stand Abtswind in der Achterbahnfahrt der Gefühle mit einem Mal ganz weit oben – genauso wie mit dreizehn Punkten und 19:3-Toren in der Tabelle. Als Verfolger scheint derzeit nur der ASV Vach in Sicht.
Spielbericht eingestellt am 13.08.2017 10:30 Uhr