von Michael Kämmerer
Wenn Fußball martialische Kräfte entwickelt
ASV Rimpar – TSV Abtswind 1:1 (1:1)
Der Blick auf die Tabelle war schon mal angenehmer. Abtswinds Trainer Petr Skarabela zog nach dem kargen Unentschieden in Rimpar das Handy aus der Tasche und musste feststellen, dass der Abstand zur Konkurrenz gewachsen war. Vor Kurzem sah das noch anders aus, als die Spitze zum Greifen nahe war. In der aktuellen Momentaufnahme kommt das Team auf Platz sieben bei sechs Zählern Rückstand ein wenig abgehängt daher.
Michael Herrmann humpelte ums Feld. Und das schon vor dem Anpfiff. Das war kein gutes Zeichen. Im Abschlusstraining drei Tage zuvor war es energisch zur Sache gegangen. Ein unglücklicher Zweikampf, dann stand fest: Der Abtswinder Kapitän, der zu Saisonbeginn sechs Spiele fehlte, ist schon wieder verletzt, der Knöchel lädiert. Einige Wochen wird Herrmann erneut aussetzen müssen. Dabei braucht Abtswind einen wie ihn nicht nur wegen seiner Führungsqualitäten, sondern auch, weil er auf außen Gas geben kann. Wozu das Vakuum führen kann, machte eine Szene deutlich, die für Abtswind am Sonntagnachmittag in Rimpar als schicksalhaft galt: Da versuchte plötzlich Thilo Wilke hinten rechts zu verteidigen. Wer sich Wilkes Leistungsdaten ansieht, erkennt schnell, dass dessen Spiel in der Offensive liegt. Nicht umsonst hat der Flügelspieler in dieser Runde reihenweise getroffen.
In der 25. Minute allerdings musste der 25-Jährige einen Zweikampf an der Eckfahne gewinnen – und verlor. Rimpars Sebastian Hüfner spielte ihn einfach aus, und dann wusste sich Wilke nur mit einem Foul am Trikot zu helfen. Die Kettenreaktion der Fehler setzte sich beim Freistoß fort: Weil am vorderen Pfosten niemand absicherte, gab es keinen, der Fabian Hüsam bedrängen konnte. Außer Schlussmann Florian Warschecha, dem beim Rimparer 1:0 das gestreckte Bein gegen den Kopf knallte. Für Minuten war die Partie unterbrochen, während Warschecha einen blutstillenden Turban angelegt bekam. Der Torhüter, seit geraumer Zeit an der Schulter beeinträchtigt, versuchte es trotz Platzwunde über dem linken Auge und musste sich nach dem nächstbesten Schuss eingestehen, dass es so nicht weitergehen konnte. Eingeschränktes Sehen und ein schwindeliger Kopf verhalfen seinem Stellvertreter Patrick Hefner nach gut einer halben Stunde zum ersten Pflichtspieleinsatz im TSV-Trikot. Es sollte ein gemütlicher Nachmittag für den 19-Jährigen werden, der im Nachwuchs der Würzburger Kickers und des Würzburger FV das Fangen gelernt hatte.
Denn seine Vorderleute fingen sich nach diesem Schock. Was bis dahin nicht funktioniert hatte, wurde abgestellt. Irgendwie musste es schließlich gelingen, an den Hausherren vorbeizukommen, die so sehr aufs Verteidigen setzten, dass sich mancher fragte, was das mit Fußball zu tun hatte. „Das macht keinen Spaß und nervt“, fand Thilo Wilke, der sich seiner eigentlichen Bestimmung besann und für den Ausgleich sorgte. Das ging nicht geräuschlos vonstatten. Bevor Wilke in der 41. Minute mit einem satten Schuss unter die Latte und Saisontor Nummer acht zum 1:1 traf, bot sich Pascal Kamolz die Großchance. Torhüter Maximilian Schmitt wehrte den ersten Schuss ab und lenkte den zweiten an die Latte. Mit dem Ausgleich war vorerst vergessen, dass Kamolz Sekunden zuvor von Florian Späth elfmeterreif ausgehebelt worden war. Doch das Thema Strafstoß erzeugte später noch genug Gesprächsstoff.
Immerhin waren die Gäste nun drin im Spiel, aber die Rimparer erwiesen sich als der befürchtet unangenehme Gegner, der durch sein Rückzugsverhalten und seine Defensivstrategie Probleme bereitete. Die Mannschaft von Trainer René Grimm, so viel war klar, wollte das Unentschieden mit aller Gewalt verteidigen, statt mit ein wenig Risiko die Chance auf ein zweites Tor zu suchen. Wenn zehn Gegenspieler rund ums Tor einen Schutzwall errichten, ist es mit den Entfaltungsmöglichkeiten nicht weit her. Es war selten, dass einer wie Jörg Otto so frei den Ball von Carl Murphy aufgelegt bekam, ihm dann aber der Abschluss misslang, weil das Leder in die Hacken sprang (71. Minute). Oder dass ein Freistoß wie der von Otto Torwart Schmitt in den Flugmodus versetzte (75.). Es gab einfach kein Vorbeikommen. Dass später nachgekartet wurde, lag nicht an Thilo Wilkes berechtigtem Gelb-Rot-Verweis, Abtswinds erstem der Saison (86.).
Die Aufreger fanden im Rimparer Strafraum statt, wo die Verteidiger grätschten, dass man sich fragte, was denn noch passieren musste, bis es endlich Elfmeter gibt. Oder wie Abtswinds Trainer Petr Skarabela es formulierte: „Vielleicht muss einem von uns erst der Fuß abgehackt werden, dass der Schiedsrichter mal pfeift.“ Als Pascal Kamolz den Gegenspieler abgeschüttelt hatte, stieg ihm Rimpars Martin Eck hinterher und legte ihn mit Körperkontakt (74.). Genauso erging es Jörg Otto gegen Nicolas Moskwiak in der Schlussminute. „Das waren klare Elfmeter. Von den drei elfmeterreifen Situationen muss der Schiedsrichter wenigstens eine pfeifen“, sagte Skarabela fassungslos.
Rimpars Trainer René Grimm, der bei der letzten Attacke gegen Kamolz selbst an der Entscheidung des Unparteiischen zweifelte, hatte seine eigene Erklärung: „Die Abtswinder wollten unbedingt einen Elfmeter provozieren, der zuvor keiner war. Dann kann man später nicht erwarten, dass der Pfiff kommt, wenn tatsächlich ein Foul vorliegt. Das ist keine Absicht, sondern menschlich. Der Schiedsrichter war in der Zwickmühle.“ Dass seine Mannschaft einen Zähler ergattert hatte, war René Grimm trotzdem beinahe unangenehm. Der Rimparer wusste um die schmeichelhafte Punkteteilung.
Spielbericht eingestellt am 17.10.2016 08:24 Uhr