von FC Coburg/Michael Kämmerer
Gegen die Torfabrik der Liga, den TSV Abtswind, wartete Trainer Matthias „Matze“ Christl mit einer etwas defensiveren Aufstellung auf, indem er Lukas Mosert in die Viererkette zurückzog. Vorne war Calle Schiebel nach verbüßter Rotsperre wieder mit von der Partie und hätte beinahe einen Einstand nach Maß gefeierte. Nach gerade einmal 30 Sekunden zog er aus 20 Metern wuchtig ab, doch der ausgezeichnete Gästekeeper Warschecha konnte das Leder über die Latte lenken. Der FCC blieb das dominante Team und spielte weiter engagiert nach vorne. Fabian Carl verpasste eine Scheler-Hereingabe nur knapp (19.), mehrere gute Schusschancen blieben ungenutzt und nach Halten an Schiebel forderten die Coburger vergeblich Elfmeter (29.).
Förmlich aus dem Nichts das 0:1, als der FCC den Ball wiederholt nicht klären konnte, Mosert einen Prellschlag gegen Murphy mit Pech verlor und Wilke in der Mitte eiskalt verwandelte (34.). Eine einzige nennenswerte offensive Aktion reichte den Gästen mithin zur Pausenführung. Im zweiten Durchgang ordnete TSV-Trainer Skarabela Manndeckung für Coburgs Mittelfeldmotor Eric Heinze an und zog dem Offensivspiel des FCC so erst einmal den Zahn. Abtswind ließ den FCC kommen und beschränkte sich auf wenige, allerdings brandgefährliche Nadelstiche. Insbesondere Endres verpasste wiederholt die Vorentscheidung. Coburg wiederum brauchte bis in die Schlussminuten, um sich echte Ausgleichschancen zu erarbeiten. Dann aber war der eingewechselte Daniel Sam zweimal per Kopf zur Stelle, fand jedoch in Warschecha seinen Meister (86.+89.).
So findet sich die Christl-Elf nun mitten im Abstiegskampf wieder und hat am kommenden Spieltag bei Kellerkind Höchberg ein Weg weisendes Spiel vor der Brust. Der FCC muss dabei darauf vertrauen, dass jede Pechsträhne ein Ende hat und harte Arbeit sich im Sport immer irgendwann auszahlt. Mit Blick auf die Tabelle wird es dafür allerdings auch Zeit.
Spielbericht aus Sicht des TSV Abtswind
Drei Zähler sorgen bei Mannschaft und Fans für ein Sättigungsgefühl
FC Coburg – TSV Abtswind 0:1 (0:1)
Es kann nicht immer ein 8:1 sein. Es gibt beim TSV Abtswind auch Tage, an denen nicht alles von alleine läuft und Tore in Fülle fallen. Der Montagsausflug zum FC Coburg nötigte der Elf von Petr Skarabela einen Kraftakt ab, an dessen Ende ein Arbeitssieg stand. Als Gewinner des Doppelspieltags durfte man sich in jedem Fall fühlen. Jahn Forchheim, der große Konkurrent, verlor am verlängerten Wochenende beide Partien und die Tabellenführung.
Was hatten Christoph Mix und Roland Koos für Befürchtungen gehabt! Als der Bayerische Fußball-Verband im Sommer den Ligaspielplan veröffentlichte, entdeckten die zwei Macher des TSV Abtswind einen kritischen Termin: Für den 3. Oktober war ein Auswärtsspiel angesetzt, und dann auch noch weit entfernt in Coburg. Das ging gar nicht. Denn: Die Kirchweih am ersten Oktober-Wochenende ist den Leuten im Kräuterdorf heilig. Welcher einheimische Zuschauer würde, so die Überlegung von Manager Mix und Reiseleiter Roos, der den Fanbus koordiniert, die Mannschaft in die Ferne begleiten? Nun ist es so, dass der Verband seinen Vereinen einen Terminwunsch pro Saison erfüllt. Und der lautet beim TSV Abtswind traditionell: Heimspiel an der Kirchweih. Weil nun aber ein Doppelspieltag anstand, gab es ein Problem, das sich nicht beseitigen ließ. Weder wollte der BFV einen zweiten Wunsch erfüllen, noch ließ sich der FC Coburg auf den Tausch des Heimrechts ein. Das Abtswinder Auswärtsspiel blieb im Kalender stehen.
Die Sorgen von Christoph Mix und Roland Koos erwiesen sich spätestens dann als unbegründet, als sie am frühen Montagnachmittag all die Leute sahen, die in den Fanbus Richtung Coburg stiegen. Als Koos durchzählte, stellte er fest, dass sämtliche Plätze belegt waren, insgesamt 56. Dass die Anhänger so zahlreich kamen, dürfte auch in direktem Zusammenhang zu den jüngsten Ergebnissen gestanden haben: Die Mannschaft hatte zwei Tage zuvor beim rauschenden 8:1-Erfolg über Eintracht Bamberg reichlich Werbung für sich gemacht. Das machte Lust auf mehr und hatte in manchem den Entschluss reifen lassen, statt Kirchweih einen weiteren Sieg mit dem Team zu feiern. „Wir können nicht immer fünf, sechs Tore schießen, auch wenn das mittlerweile jeder erwartet“, sagte Abtswinds Trainer Petr Skarabela, nachdem seiner Elf gegen Coburg nur ein Treffer gelungen war. Trotzdem fuhren die Fans nicht enttäuscht nach Hause. Ihre Lieblinge hatten mit dem Dreier einen weiteren Schritt in der Tabelle nach vorne gemacht. Fünf Tage vor dem mit Spannung erwarteten Aufeinandertreffen ist Abtswind bereits mit Jahn Forchheim nach Punkten gleichgezogen.
Gleichwohl war der Auftritt in Coburg ein hartes Stück Arbeit. „Ich habe von Beginn an gespürt, dass bei uns der Ball anders gelaufen ist als am Samstag und die Kombinationen nicht perfekt waren“, sagte Mittelfeldspieler Jonas Wirth, dem nach dem verlängerten Wochenende wie den meisten Kollegen 180 Minuten in den Knochen steckten. „Erholung war zu kurz. Die Jungs haben auf die Zähne gebissen. Mancher hatte zum Schluss leichte Probleme“, stellte Petr Skarabela. Zwei Veränderungen hatte er im Vergleich zum Spiel gegen Bamberg vorgenommen: Für Frank Hartlehnert war Jona Riedel in die Startaufstellung gerückt. Im Sturm ersetzte Jörg Otto den leicht angeschlagenen Steffen Barthel. „In dem erwartet kampfbetonten Spiel wollte ich ihm eine kleine Auszeit geben, damit er gegen Forchheim wieder vollkommen fit ist“, erklärte Skarabela. „Außerdem soll jeder zum Zug kommen.“ In der Abwehr verteidigte Przemyslaw Szuszkiewicz zum zweiten Mal in Folge innen statt außen und brachte dort seine Qualitäten deutlich besser zur Geltung. „Auch wenn er selbst das anders sieht, ist er in der Mitte mit seinem linken Fuß, seiner Kopfballstärke und seiner Übersicht besser aufgehoben“, sagte der Trainer.
Über eine halbe Stunde dauerte es, bis Abtswind den ersten vernünftigen Angriff einleitete. Bis dahin war vieles Stückwerk gewesen und hatte den Gegner zu Abschlüssen animiert. In der 34. Minute aber eroberte Carl Murphy den Ball auf der linken Seite, drängte bis zur Grundlinie und bediente mit seiner Flanke Thilo Wilke. Der ließ sich nicht zweimal bitten und nutzte den Freiraum mit einem Direktschuss zur 1:0-Führung, seinem siebten Saisontor. Während Durchgang eins abgesehen davon zum Vergessen war, wurde Abtswinds Initiative nach der Pause erkennbar. Und die ging mitunter von Nicolas Wirsching aus. Immer wieder brach der defensive Mittelfeldakteur nach vorne auf, um das Spiel anzutreiben. „Das Zusammenspiel zwischen Nici und mir auf der Sechserposition funktioniert gut. Ich bin eher der defensivere von uns beiden“, erklärte sein Nebenmann Jonas Wirth die Rollenverteilung. „Wir sichern uns gegenseitig ab.“ In der 55. Minute servierte Wirsching den Ball auf den Kopf von Jürgen Endres, dessen Abschluss knapp über die Latte strich. Später provozierte er gegen Coburgs Carsten Hahn einen Pressschlag, der zum gefährlichen Torschuss wurde (68. Minute). Jürgen Endres per Fernschuss (62.) und der eingewechselte Steffen Barthel beim Freistoß (72.) lieferten gute Ansätze. Ungleich größer war die Chance für Barthel nach sehenswerter Kombination. Statt selbst abzuziehen, legte er den Ball nochmals zu Jona Riedel – Abseits (78.). So blieb der Vorsprung der Gäste dünn.
Coburg hatte zwischenzeitlich seinen Torjäger eingewechselt. Daniel Sam war in der Vorsaison mit 28 Treffern Garant dafür gewesen, dass der Klub nicht abgestiegen war. Im Sommer plagte ihn über Wochen eine Verletzung am Fuß, sodass er die Vorbereitung verpasste. Seit Kurzem trainiert er wieder. „Wir führen ihn langsam heran“, sagte Trainer Matthias Christl. „Er muss erst richtig fit werden, um uns helfen zu können. Dann kann er unsere Lebensversicherung werden.“ Zweimal sorgte der langgewachsene Sam bei Standardsituationen für Schreckmomente. Viel fehlte nicht, und der 32-Jährige hätte in den wenigen verbleibenden Minuten zum Ausgleich eingeköpft. Abtswinds Torhüter Florian Warschecha verhinderte das 1:1 mit Bravour. „Wir wollten gar nicht mit hohen Bällen spielen, sondern am Boden bleiben, Kurzpass spielen und Dreiecke bilden“, sagte Matthias Christl. Im munteren Schlussbogen der Partie lieferten sich beide Seiten ein offenes Duell. Das bessere Ende für die Abtswinder hätte früher eintreten können: Steffen Barthels Schuss klärte Leonhard Scheler für seinen geschlagenen Schlussmann (87.). Jürgen Endres ging mit der Möglichkeit, alleine zum Tor zu ziehen, zu sorglos um und scheiterte an Daniel Shabestari (90.). Klagen mochten die Abtswinder Fans darüber nicht. Für Unmut hatte unter ihnen allein der Umstand gesorgt, dass es im schmucken Stadion keine Bratwürste gab, die in Coburg als traditionelle Spezialität gelten.
Spielbericht eingestellt am 04.10.2016 08:40 Uhr