von Michael Kämmerer
Warum Abtswinds Abteilungsleiter gleich drei Treffer versäumte
TSV Abtswind – FC Eintracht Bamberg 8:1 (5:0)
Weinfestwochen in Abtswind – das ist wie das Oktoberfest für den FC Bayern. Ähnlich den Münchnern zeigen sich auch die Spieler des TSV Abtswind in dieser Zeit traditionell in Hochform. Kurz bevor am Samstag die Sause im Zelt eröffnet wurde, erlebte das geneigte Publikum schon mal auf dem Rasen ein Spektakel par excellence, das im Siegesrausch endete. Aufs Feiern musste die Mannschaft nach dem 8:1 gegen hoffnungslos unterlegene Bamberger allerdings verzichten. Am Montag steht das Auswärtsspiel beim FC Coburg an.
Sobald es Oktober wird, ist in Abtswind alles anders. An den Wochenenden steht das kleine Dorf Kopf, wenn tausende Gäste aus Nah und Fern zum Weinfest ins Festzelt strömen. Da ist natürlich auch die Verlockung für die Fußballer groß, sich ins Getümmel zu stürzen. Erst recht, wenn es wie am Samstag einen rauschenden Sieg zu feiern gibt. Allerdings sind solche Versuchungen mitunter schwer mit dem Terminplan des Bayerischen Fußball-Verbands in Einklang zu bringen. Und so stellte Trainer Petr Skarabela, der Fürther Ex-Profi, nach dem 8:1 über Eintracht Bamberg ganz pflichtbewusst klar, dass man allenfalls „für eine Stunde ins Zelt gehen wird, um etwas zu essen.“ Ausgedehnte Feierlichkeiten könnten schließlich die Vorbereitung auf die nächste Herausforderung stören, die nur zwei Tage später, am Montag, 3. Oktober, in Coburg auf seine Kicker wartet.
Die Chance, sich an die Tabellenspitze heranzupirschen, ist derzeit so groß wie nie. Innerhalb von acht Tagen verdichtet sich der Wettbewerb auf drei Spiele. Am kommenden Samstag ist Tabellenführer Forchheim zu Besuch. Am Ende der wegweisenden Woche könnte Abtswind nach Punkten gleichziehen. Erst danach wird es einen Mannschaftsabend auf dem Weinfest geben. Steffen Barthel hatte am Samstag nach dem Schlusspfiff ohnehin andere Prioritäten. Er drückte sich einen Eisbeutel aufs Knie und musste zum Masseur. Der Abtswinder Überflieger, der vergangene Runde noch eine Liga tiefer für Marktbreit/Martinsheim kickte und nun mit acht Treffern die Torschützenliste der Landesliga anführt, hatte einen Schlag abbekommen. Nach 68 Minuten musste er vom Feld. „Bis Montag ist alles wieder in Ordnung“, gab der 21-Jährige Entwarnung. Pascal Kamolz und Peter Mrugalla mit Trainingsrückstand – also spielte Barthel den Frontmann, statt im offensiven Mittelfeld für Wirbel zu sorgen.
Wobei es gegen die heillos überforderten Bamberger mit ihrer wegen des Finanzkollaps zu Saisonbeginn eiligst zusammengeschusterten Truppe nahezu egal war, wer wo aufgestellt war: Jeder durfte, wie er wollte. Nicolas Wirsching kam sehr früh in den Genuss zweier Tore. Den defensiven Mittelfeldmann hatten die Gäste irgendwie nicht auf dem Schirm, als er sich vorne ins Getümmel begab. Zeitweise spielte Wirsching so offensiv wie ein echter Angreifer, der noch dazu per Kopf zum 1:0 einnetzte (4. Minute) und später lässig den Fuß zum 2:0 in eine Hereingabe hielt (17.). Bambergs Trainer Georg Lunz zerstörte an der Seitenlinie mit Kommandos seine Stimme und blieb doch weitgehend ungehört von seinen Spielern. Ein Heber von Bashkim Peci neben das Ziel musste auf lange Zeit als beste Chance taugen (13.). „Ich bin die ärmste Sau“, sagte Lunz angesichts der prekären Lage seines Vereins, der nach dem Abstieg aus der Bayernliga die Folgen der Insolvenz zu bewältigen hat und sportlich ankämpft, weiter durchgereicht zu werden. „Mir war von Anfang an klar, was uns in der Landesliga bevorsteht“, sagte Bambergs Coach, der im Sommer in der größten Not eingesprungen war, damit es irgendwie weitergehen konnte. Sein Frust verstärkte sich am Samstag, weil die neue Elf seines Vorgängers Petr Skarabela nicht daran dachte, einen Gang zurückzuschalten.
Die Forderung von der Abtswinder Bank nach einem Wirsching-Hattrick ging nicht in Erfüllung, weil Thilo Wilke mit dem 3:0 dazwischenfunkte (19.). Einen Augenblick später legte Steffen Barthel nach (20.). „Schön, wenn es so früh 4:0 steht“, erkannte Abtswinds Sportkoordinator Thorsten Götzelmann. „Dafür ist jetzt die Spannung weg.“ Man kann eben nicht alles bekommen. Auch für Gerhard Klotsch bedeutete die rasche Torfolge Nachteile: Der Abteilungsleiter der Hausherren hatte glatt drei Treffer versäumt, weil er verschossene Bälle auf der benachbarten Pferdewiese einsammeln musste. Was Abtswind ablieferte, war spielerisch ganz hohe Kunst, nahe an der Perfektion, die man in der Landesliga erwarten kann. Das verzückte die einheimischen Zuschauer, die mit Szenenapplaus reagierten. So war das auch bei Steffen Barthels 5:0 (45.) und Frank Hartlehnerts 6:0 (55.), beides Tore nach dem Prädikat „mustergültig“. Schließlich vollendeten Peter Mrugalla und Thilo Wilke in den letzten zehn Minuten das Schützenfest, das nur durch den Bamberger Ehrentreffer gestört wurde. „Entscheidend ist, dass wir unseren Sieg in Coburg bestätigen“, erklärte Trainer Petr Skarabela, der auf bis zu drei Positionen Veränderungen erwägt, um die Belastung für die Akteure zu dosieren. „Wir fahren mit breiter Brust dorthin.“ Wer in elf Spielen 38 Tore erzielt hat, die meisten in der Liga, der muss sich wahrlich nicht verstecken.
Spielbericht eingestellt am 04.10.2016 08:45 Uhr