von tsv-abtswind.de, Michael Kämmerer
Mit einem Bravourstück hat der TSV Abtswind für Verzückung auf ganzer Linie gesorgt. Nahezu aus der Erinnerung gelöscht war die Auftaktniederlage nach dem beeindruckenden ersten Heimspiel der Saison, das Ergebnis und Erlebnis gleichermaßen bot. Zur Leidtragenden wurde die TG Höchberg, die sich schon früh in der Abwärtsspirale drehte.
Kurz vor dem Anpfiff demonstrierte Petr Skarabela ein klares Signal der Stärke. „Heute ist unser Tag!“, rief der 48 Jahre alte Trainer des TSV Abtswind, als er an der Auswechselbank vorbeischritt und jeden Reservespieler, alle aus dem Betreuerstab mit der Hand abklatschte. Das hatte etwas Orakelhaftes. Erfolg hat schließlich auch mit Psychologie zu tun. Es dauerte nicht lange, bis Skarabelas Prophezeiung sich ihren Weg in die Realität bahnte. Abtswind spielte wie aus einem Guss. So gut, dass der Trainer später feststellte, eine von ihm angeleitete Mannschaft habe noch nie eine bessere Halbzeit gespielt als an diesem schwülen Freitag im Juli.
Dass Abtswind früh führte und das Rasenviereck beherrschte, wie es das Team eine Woche zuvor in der Anfangsphase getan hatte, ehe es das Spielen einstellte und verlor, mochte diesmal niemanden anfechten. Zweifel an der eigenen Qualität? Nicht heute. Nicht gegen die TG Höchberg. Die Abtswinder bewiesen, dass sie lernfähig sind, dass sie nicht denselben Fehler begingen wie in Schweinfurt. Pascal Kamolz hatte den Elfmeter eingefädelt. Als ihn Lucas Moser das erste Mal anging, reagierte Schiedsrichter Peter Dotzel nicht. Zwanzig Sekunden später im gleichen Zweikampf war die Lage eindeutig. Jörg Otto traf in der 16. Minute stilsicher zum 1:0 vom Strafstoßpunkt.
Dass der Gegner bereits in diesem frühen Stadium Auflösungserscheinungen zeigte, gab der Begegnung eine unaufhaltsame Stoßrichtung. Pascal Kamolz, in der Vorwoche von der Bank ins Spiel gekommen, schuf eine Situation, die Höchbergs Julian Hippacher ein folgenschweres Foulspiel abverlangte. Der Konter war beendet, genauso wie die Begegnung für den Verteidiger, der als letzter Mann eingestiegen war: Rote Karte wegen Notbremse. Gerade siebzehn Minuten waren da gespielt. Abtswind nahm die Konstellation als Aufforderung, noch mehr des Guten zu investieren. Pressing pur lautete die Maxime, die dem Ganzen die Krone aufsetzte. Wie weit vorne selbst die Defensiven zu finden waren, verdeutlichte die Entstehung des 2:0. Rechtsverteidiger Carl Murphy wagte im Strafraum zunächst einen Seitfallzieher, eroberte den Ball zurück, um querzulegen. Steffen Barthel zauderte nicht, zog einfach ab und traf bereits zum dritten Mal in der noch jungen Punkterunde (24.).
Eben noch Schütze, wenig später Vorbereiter des nächsten Abtswinder Tores: Barthels Schuss durch die lückenhafte Abwehr prallte von Schlussmann Tobias Weihs vor die Füße von Frank Hartlehnert. Der Abstauber zum 3:0 war bloße Formsache (28.). Und auch kurz vor der Pause machte der neunzehn Jahre alte Keeper den entscheidenden Fehler, eine Hereingabe von Przemyslaw Szuszkiewicz, Abtswinds linkem Verteidiger, durch die Hände gleiten zu lassen. Jörg Otto fiel der Ball regelrecht vor die Füße – 4:0 (45.). Natürlich war die Entscheidung bereits mit dem Halbzeitpfiff gefallen.
„In einer solchen Situation kann man der Mannschaft nicht mehr allzu viel mitgeben“, sagte Höchbergs Trainer Thomas Kaiser über seinen Pausenvortrag. „Wunderdinge waren nicht mehr zu erwarten.“ Es ging nur noch darum, mit Anstand und Würde zu verlieren. Da passte es in den vermaledeiten Tag, dass Kapitän Matthias Grünewald in Carl Murphys Flanke sprang und vor dem herbeifliegenden Pascal Kamolz zum 0:5 ins eigene Tor köpfte (47.). Ein Treffer war das Einzige, was dem 30-jährigen Abtswinder Angreifer, der an zahlreichen Aktionen beteiligt war, an diesem Tag zum perfekten Glück fehlte. Immerhin war ihm das Lob des Trainers sicher. „Er hat ein richtig gutes Spiel“, sagte Petr Skarabela. „Ich habe auf ihn gesetzt.“
Es war nicht die einzige Veränderung nach dem Schweinfurt-Spiel gewesen. Die zuletzt verhinderten Thilo Wilke, Jörg Otto und Nicolas Wirsching (als Innenverteidiger) waren in die Anfangself zurückgekehrt. „Das hat geklappt, wie ich es mir vorgestellt habe“, erklärte Skarabela. Kein einziges Mal geriet das Abtswinder Gehäuse wirklich in Gefahr. Als der Höchberger Jeffrey Karl in den Schlussminuten ausnahmsweise zum Kopfball hochstieg, flog Torhüter Florian Warschecha für die Galerie. Die Intensität des Abtswinder Spiels hatte Mitte der zweiten Hälfte nachgelassen. Wer wollte es den Akteuren übelnehmen?
Wohltuend ausgeglichen blieb in der Niederlage übrigens Thomas Kaiser. Der neue Trainer der Gäste, der zuvor in Diensten des Kreisligisten TSV Eßleben gestanden hatte, wirkte trotz des happigen Ergebnisses gefasst. „Es gibt noch andere Dinge im Leben als Fußball“, stellte der 38-Jährige fest. „Das hilft mir, auch in solchen Momenten eine gewisse Ruhe nach außen zu tragen.“
Spielbericht eingestellt am 23.07.2016 10:41 Uhr