von Michael Kämmerer
Dank eines Zauberfußes sorgt der Abtswinder für Freude und Erleichterung
Am Freitag geisterte die Nachricht vom sofortigen Bayernliga-Aufstieg des TSV Abtswind durchs Netz. Die Partie gegen Frohnlach finde daher nicht gegen die zweite Mannschaft, sondern gegen die erste Garde statt. Ein Blick auf den Kalender verriet: Das musste ein Aprilscherz gewesen sein, das Machwerk eines Narren. Ein Vergnügen war die Begegnung für Abtswind allemal. Langsam wird es unheimlich mit der Häufung spektakulärer Tore, die Jürgen Endres scheinbar mühelos aus dem Fußgelenk fließen. Wie ein Magier das Kaninchen beherrscht der Abtswinder den Umgang mit dem Ball und zaubert Schüsse aus dem Hut, die das sonst so kritische Publikum in Staunen versetzt. Applaus, Applaus! Im Herbst gegen die Würzburger Kickers II überwand der 24-Jährige den Schlussmann mit einem Heber aus gut vierzig Metern. Vor wenigen Wochen wiederholte er das Kunststück gleich zweimal gegen den FC Coburg. Und nun? Sein Zauberstab funktionierte auch gegen den VfL Frohnlach II. Diesmal waren es zwanzig Metern, doch die Aktion geriet nicht weniger sehenswert. Es war ein Tor, das sich mit Worten nur unzureichend beschreiben lässt. Einen Eckball seines Mitspielers Jörg Otto traf der offensive Mittelfeldspieler aus seitlicher Schusshaltung derart schwungvoll und präzise, dass das Leder ans obere Torgestänge klatschte, nach unten sprang und wieder aus dem Gehäuse heraus. Des Schiedsrichters Adjutant an der Linie legte sich fest, schwang umgehend seine Fahne. Wollte heißen: Der war drin. Frohnlacher Protestgesten blieben aus. „Wenn man sonst sieht, wie Jürgen aufs Tor schießt – Hut ab, hat er gut gemacht“, sagte Abtswinds Trainer Thorsten Götzelmann, und man fragte sich unweigerlich, ob in der Aussage nicht doch irgendwie Ironie zu suchen war. Mit Witz versuchte jedenfalls Jürgen Endres das Geheimnis seines Erfolgs zu erklären. „Es gibt nur einen Tipp“, meinte der Torschütze: „Nicht zum Training kommen.“ In Wahrheit steckt hinter solchen Abschlüssen einiges an Überlegung, Instinkt und Wagemut. Wenn Jörg Otto die Ecken schießt, postiert sich Endres in der Nähe des Strafraums. So will es die gemeinsame Absprache. „Als der Ball zu mir kam und keiner neben mir stand, musste sich einfach abziehen“, erklärte der 24-Jährige, der in dieser Saison mit nunmehr zwölf Treffern der torgefährlichste Abtswinder ist und mit Nebenmann Jörg Otto ein abschlussstarkes Duo bildet. Das 2:0 nach 75 Minuten ließ Abtswinds Erleichterung entweichen wie ein gelöster Korken den Druck aus einer aufgeschäumten Sektflasche. Vieles hatte dem Heimspiel vor zwei Wochen gegen ein anderes Kellerkind geglichen, als Abtswind gegen Leinach früh in Führung ging war, den zweiten Treffer nicht nachschieben konnte und am Ende den Ausgleich kassierte. Diesmal war der Schlussakkord ein anderer, ein besserer für Abtswind. Patrick Gnebner hatte schon gut losgelegt. Als Frohnlachs Torhüter Michael Edemodu ihm den Ball vor die Füße patschte, erzielte der Winterneuzugang vom TSV Neustadt/Aisch seinen ersten Pflichtspieltreffer im grün-weißen Dress (2. Minute). Es folgten Angriffswellen der Abtswinder, nur eben der zweite Treffer nicht. So blieb die latente Gefahr, sich aus dem Nichts etwas einzufangen. Frohnlachs Philip Spindler unternahm einen Versuch, dem der sonst beschäftigungslose Zerberus Florian Warschecha mit einem Hechtsprung die Wirkung nahm (22.). Der Lautstärkevergleich der beiden Trainer machte es deutlich: Thorsten Götzelmann war hörbar unzufriedener als sein Frohnlacher Kollege Oliver Müller. Entweder sein Team finalisierte die Angriffe nicht, indem etwa der letzte Ball ungenau kam, oder der Druck war zu gering, als dass die Gäste in die Bredouille gerieten. Bei den Oberfranken machte sich nach der Pause die prekäre Personalsituation bemerkbar: Lediglich Trainer Müller (48) und sein Assistent Alexander Schalk (42) standen als Reserve im Aufgebot. Im Winter hatten sie drei Akteure an die eigene Bayernliga-Mannschaft abtreten müssen, die in gleicher Weise in den Abstiegskampf verstrickt ist. Abtswind boten sich gegen die zunehmend müden Gäste mehr Lücken. Die Gelegenheiten wurden besser. Thilo Wilke fehlte beim Schuss nicht viel (58.). Jörg Otto hielt den Ball frontal auf den Torhüter nach Carl Murphys feiner Vorlage (65.). Kein Wunder also, dass Abtswind ein Déjá-vu vermeiden wollte, das erst dank Genius Jürgen Endres seinen Schrecken verlor. Zumal auch noch Andreas Herrmann und Nicolas Wirsching in der Schlussphase aussichtsreich zum Abschluss kamen. In nächster Zeit sind Abtswinds Herausforderungen von anderer Qualität. Kickers Würzburg II, Schweinfurt II und Bayern Kitzingen warten. „Das sind zwei sportliche Brocken und ein emotionaler Brocken“, sagt Thorsten Götzelmann, der mit seiner Mannschaft am liebsten alle drei aus dem Weg räumen will. Besonders die Partie in Würzburg reizt den 43-Jährigen: „Nach dem Spiel sollen sich die Kickers denken, dass sie nie wieder gegen Abtswind spielen wollen.“
Spielbericht eingestellt am 04.04.2016 07:52 Uhr