Für den Würzburger FV gab es vor dem Heimspiel gegen Erlangen-Bruck nur eine Devise: Den Abstand zur Tabellenspitze verkürzen, nachdem sich am Freitagabend Schweinfurt und Amberg mit dem torlosen Remis gegenseitig die Punkte weggenommen hatten. Im Vorfeld hatte Trainer Michael Hochrein von seinen Spielern eine Siegesserie gefordert, der Grundstein hierfür wurde heute gelegt. Den Gästen war klar, dass sie es heute schwer haben werden, ein Punkt wäre für die Mannen von Coach Normann Wagner bereits ein Erfolg gewesen, zumal der weiter auf einige Spieler verzichten musste.
Joannis Karsanidis (li.) machte auf der Sechser-Position des WFV wie schon über die ganze Saison eine gute Figur, hier gibt er Mutlu Kilic keine Chance zum Durchkommen.
Nico Rupp
Standen die letzten Gegner auf der Sepp-Endres-Sportanlage noch kompakt hinten drin, um der Würzburger Offensive das Leben schwer zu machen, wurden die heimstarken Gastgeber heute von munter aufspielenden Bruckern überrascht. Mit vorbildlichem Pressing setzten die Mittelfranken den WFV bereits in der eigenen Hälfte unter Druck und erarbeiteten sich damit viele Ballgewinne im Mittelfeld. Folgerichtig hatte der FSV auch die ersten Torchancen des Spiels: Nach sieben Minuten setzte Hakim Graine Flügelspieler Mutlu Kilic in Szene, dessen Schuss wurde im letzten Moment von Philipp Günder abgeblockt. Von Würzburg war in der ersten Viertelstunde nicht viel zu sehen, die Mannschaft kam mit der offensiven Gangart der Gäste nicht zurecht. Einziges Manko des FSV: Die herausgespielten Chancen konnten nicht in Tore umgemünzt werden. Nach und nach riss der WFV das Heft an sich, erspielte sich mehr Spielanteile. Nach guten 20 Minuten gestaltete sich ein offenes Spiel, in dem die alte Schwäche der Würzburger wieder mal offensichtlich wurde: Teilweise ansehnliche Spielzüge endeten an der Strafraumgrenze des Gegners, weil sich die Offensivakteure festliefen. Es musste für den ersten Treffer des Spiels also wie so oft im Fußball eine Standardsituation erhalten. Eine Freistoßflanke des 18-jährigen Adrian Istrefi aus dem linken Halbfeld verlängerte Pascal Kamolz mit dem Hinterkopf in Richtung Tor, Keeper Daniel Himmrich schaute in die Sonne und musste den an sich harmlosen Kopfball zur Ecke abwehren. Und das sollte für Bruck fatale Folgen haben: Istrefi schnappte sich erneut den Ball, schlug diesen gefühlvoll nach innen und der vollkommen freie Mike Dellinger ließ sich diese Gelegenheit nicht nehmen. Aus sieben Metern wuchtete er die Kugel per Kopf in die Maschen, nichts zu halten für Himmrich (33.). Nur fünf Minuten später gab es wieder einen Eckstoß für die Gastgeber und wieder stimmte die Zuordnung in der Gäste-Abwehr nicht, denn Dellinger kam erneut ohne Gegenspieler an den Ball, sein Schuss wurde jedoch abgeblockt. Nach mehrmaligem Nachsetzen und Chaos im Brucker Fünfmeterraum nutzte schließlich Stürmer Pascal Bloemer die Verwirrung aus und stocherte den Ball aus kurzer Distanz über die Linie. Bruck zeigte sich vom plötzlichen 0:2-Rückstand nur kurzzeitig geschockt, in Minute 41 bewahrte Torhüter Sebastian Lechner mit einer Glanzparade gegen Mutlu Kilic seinen WFV vor dem Anschlusstreffer. Die Schlussoffensive der Gäste gegen Ende der ersten Hälfte wurde in der Nachspielzeit bitter bestraft: Würzburg kombinierte sich durchs Mittelfeld und Joannis Karsanidis fasste sich aus 20 Metern ein Herz. Sein trockener Schuss klatschte an den Pfosten und fiel direkt vor die Füße von Bloemer, der zum 3:0-Pausenstand abstaubte (45.+3).
War mit seinen drei Treffern der Mann des Spiels: WFV-Stürmer Pascal Bloemer (re.), hier im Duell mit Thomas Wilke.
Nico Rupp
Die Geschichte der zweiten Halbzeit ist schnell erzählt. Mit der Sicherheit eines beruhigenden Vorsprungs kombinierte sich die junge Mannschaft von Michael Hochrein durch die zweiten 45 Minuten, spielte sich ein ums andere Mal große Chancen heraus – und vergab sie allesamt. Beispiele gefällig? 48. Minute: Kapitän Benjamin Schömig schickt Bloemer mit einem Pass in die Schnittstelle der Brucker Abwehr auf die Reise, doch dessen flacher Abschluss strich am langen Pfosten vorbei. 49. Minute: Mike Dellinger bekam den Ball im Strafraum der Gäste, doch statt selbst abzuziehen, wollte er uneigennützig auf Kamolz ablegen – die Abwehr von Bruck konnte klären. 65. Minute: Diesmal wurde Schömig von Bloemer in Szene gesetzt, doch sein Schlenzer aus spitzem Winkel landete am Querbalken. Die Liste ließe sich noch beliebig fortführen, doch sämtliche Gelegenheiten die Führung auszubauen, wurden zunächst ausgelassen. Erlangen-Bruck wehrte sich zwar nach Kräften, doch nach vorne brachten die Mittelfranken nicht mehr viel zustande. Erst in der 75. Minute keimte noch einmal etwas Hoffnung auf, als Patrick Hagen im gegnerischen Strafraum gelegt wurde. Den schmeichelhaften Elfmeter setzte Graine allerdings zu hoch an – sein strammer Schuss ging einen guten Meter über den Würzburger Kasten. Nach dieser Chance war der Widerstand der Brucker endgültig gebrochen, der Glaube an eine Aufholjagd vollends aufgegeben. In der 80. Minute verstolperte der gerade erst eingewechselte Verteidiger Marvin Meyer das Spielgerät ohne Bedrängnis am Mittelkreis. Bloemer schnappte sich den Ball, schaute kurz und lupfte ihn aus gut 40 Metern über den weit vor seinem Kasten stehenden Himmrich zum 4:0-Endstand ins Tor. Ein sehenswerter Schlusspunkt eines größtenteils einseitigen Spiels, in dem Bruck sich angesichts der mutigen Spielweise zumindest einen Ehrentreffer verdient gehabt hätte.
Mit dem Sieg kann der WFV den Abstand zur Spitze auf sechs Punkte verkürzen und vorübergehend auf Rang Vier vorrücken. Den können sich die Grabfelder aus Großbardorf am Sonntag mit einem Sieg in Ammerthal zurückholen. Am kommenden Wochenende soll die Aufholjagd mit einem Sieg im Derby beim 1. FC Sand fortgesetzt werden, zumal sich die Spitze in Form von Schweinfurt 05 und Jahn Forchheim im direkten Duell gegenüberstehen und sich somit wiederum die Punkte gegenseitig streitig machen werden. Der FSV Erlangen-Bruck muss erneut zu einem Auswärtsspiel reisen, es wird ausgerechnet zum nach wie vor ungeschlagenen FC Amberg gehen. Die Würzburger werden ihrem heutigen Gegner dabei kräftig die Daumen drücken, um möglichst schnell den angepeilten zweiten Platz in der Tabelle zu ergattern. Die Brucker haben noch einen einigermaßen beruhigenden Vorsprung auf die Abstiegsränge, könnte denen aber mit einer erneuten Niederlage am nächsten Wochenende langsam aber sicher näher rücken.
Spielbericht eingestellt am 08.09.2012 21:15 Uhr