Das Duell der beiden größten Würzburger Vereine, selbst wenn es auf Seiten der Kickers nur die U23 war, elektrisierte die Massen. Rund 1700 pilgerten bei nasskaltem Wetter an die Sepp-Endres-Sportanlage, auf der sich Blau und Rot im ewig jungen Klassiker duellierten. Die Kulisse stimmte also. Auch für die Akteure war es ein besonderes Spiel nicht nur, weil es heutzutage selten geworden ist, vor so einer Kulisse auflaufen zu dürfen. Denn mehrere Spieler in Reihen der Zellerauer haben eine Vergangenheit bei den Kickers. Mit Andre Koob, Adrian Istrefi, Cristian Dan und Wojtek Droszcz trugen bereits vier WFV-Stammspieler das Trikot der Rothosen. Nun bilden sie das Gerüst der Blauen, die sich im oberen Tabellenmittelfeld der Bayernliga festgebissen haben. Dort würden auch die kleinen Kickers stehen, wären der Elf von Claudiu Bozesan zu Saisonbeginn ob eines unzulässig eingesetzten Spielers drei Punkte abgezogen. So standen die Blauen, die in Bestbesetzung ins Derby starteten, vor der Partie fünf Zähler vor den Roten, die mit Dominik Nothnagel erfahrene Verstärkung bekamen.
Erik Schnell-Kretschmer (Kickers) sucht den Weg an Andreas Ganzinger vorbei.
Alexander Rausch
Vor der stimmungsvollen Kulisse – die Fans der Blauen begrüßten ihr Team mit einer Fahnenchoreo und beide Fangruppierungen bekämpften sich lautstark – begann die Heimelf im ungewohnten 4-4-2, was die Gäste im weiteren Spielverlauf immer wieder vor Probleme stellen sollte. Aus einer sicheren Defensive heraus erarbeiteten sich die Gastgeber in der Anfangsphase ein leichtes, optisches Übergewicht. Besonders Adrian Istrefi, der mit einem harmlosen Freistoß den ersten Torschuss abgab, forderte immer wieder das Leder, blieb aber zunächst ohne Fortune, da auch die Gästeabwehr sehr diszipliniert verteidigte. So sollten Chancen auf beiden Seiten Mangelware bleiben. Dennoch entwickelte sich ein intensiver Schlagabtausch, in dem sich beide Teams vornehmlich im Mittelfeld bekämpften und in ihren Offensivaktionen die Lücke in der gegnerischen Abwehr suchten. Während es Adrian Istrefi und Cristian Dan aus der Distanz versuchten, hatte Moritz Lotzen auf der anderen Seite die Führung der Roten auf dem Fuß. Doch der Youngster schoss nach einer zu kurz abgewehrten Fries-Flanke Christian Steinmetz an. Die Gäste waren nun etwas besser in der Begegnung, bissen sich aber an der WFV-Defensive die Zähne aus. Ein Schuss von Can Sakar, einer der auffälligsten Kickers-Akteure, ging knapp über den Balken. Das sollte es aus Rothosen-Sicht in der ersten Hälfte gewesen sein. Zwar hatten auch die Hausherren offensiv nur wenig zu bieten, schlugen aber sieben Minuten vor dem Pausentee eiskalt zu. Eine feine Kombination über links, wo Patrick Hofmann auf Adrian Istrefi weiterleitete, vollstreckte Wojtek Droszcz aus fünf Metern eiskalt und versetzte die Heimfans erstmals in Ekstase. Mit diesem Spielstand ging es dann auch in die Kabinen.
Benjamin Schömig kann Erik Schnell-Kretschmers Flanke nicht unterbinden.
Alexander Rausch
Zum zweiten Durchgang brachte Kickers-Coach Claudiu Bozesan mit Adrian Dußler für Erik Schnell-Kretschmer einen frischen Mann für die Außenbahn, am Spiel sollte diese Umstellung allerdings kaum etwas ändern. Beide Teams agierten weiterhin aus einer kompakten Defensive heraus und bekämpften sich im Mittelfeld. Selbst mit Dennie Michels Einwechslung ließen die kleinen Kickers weiterhin die nötige Durchschlagskraft vermissen. Er mangelte schlichtweg an Ideen, die auf der anderen Seite beinahe die Blauen gefunden hätten, als Patrick Hofmann alleine auf Jan Nirsberger zustürmte. Doch sein Abschluss geriet zu schwach. So war es wenig später Cristian Dan vorbehalten, nach einer maßgenauen Schmidt-Flanke zum viel umjubelten 2:0 einzuköpfen. Wuchtig hatte sich der Rumäne im Kopfballduell gegen Dominik Nothnagel durchgesetzt. Kurz darauf brachten die Gäste mit Pascal Jeni einen weiteren Offensivmann, Chancen blieben aber weiterhin rar. Lukas Boateng köpfte einen Freistoß von Adrian Dußler knapp daneben. Die Rothosen mühten sich nach Kräften, die besseren Möglichkeiten hatten aber die nun konternden Gastgeber. Mehrmals machte sich der emsige Patrick Hofmann auf den Weg, spielte aber die Chancen nicht konsequent zu Ende. Erst Simon Heim hätte – nach Vorlage Hofmanns – beinahe den dritten Treffer markiert, doch Jan Nirsberger war auf dem Posten. Der WFV schien den Heimsieg sicher ins Ziel zu bringen, musste aber plötzlich nochmals zittern. Nach einem unnötigen Foul Simon Heims 20 Meter vor dem Tor schlenzte Adrian Dußler das Leder galant über die Mauer ins linke Eck. Doch die aufkeimende Hoffnung erstickte die Reitmaier-Elf mit cleveren Auswechslungen und konzentrierter Abwehrarbeit.
Andreas Ganzinger (Würzburger FV) grätscht Onur Ünlücifci das Leder vom Fuß.
Alexander Rausch
Damit feierten die Blauen im prestigeträchtigen Stadtderby einen verdienten und lange Zeit ungefährdeten Erfolg gegen den Nachbarn, welchen Spieler und Fans nach dem Spiel ausgiebig feierten. Damit bleibt der WFV eine der Positiv-Überraschungen der Saison und rangiert mit 24 Punkten weiterhin im oberen Tabellenmittelfeld. Die kleinen Rothosen hingegen verlieren erstmals seit sechs Spielen wieder und haben nun acht Punkte Rückstand auf den Lokalrivalen.
Spielbericht eingestellt am 10.10.2016 00:02 Uhr