von Rudi Dümpert
Winfried Scholz ist mehr Jahre Bierverkäufer mit der Schubkarre beim TSV Aubstadt als alle elf Spieler zusammen im Trikot des TSV, die sich gegen die bis dato sieglose DJK Ammerthal die dritte Heimniederlage (bei zwei Unentschieden) eingehandelt haben. Auch DJK-Co-Trainer Willi Haller ist so eine treue Seele, hat „von Kind auf bis 40“ bei diesem Verein aus der Oberpfalz gespielt und wurde, womöglich nur für dieses eine Spiel, Bayernligatrainer, weil der Cheftrainer Andy Speer unter der Woche gehen musste. Winfried Scholz hat nach diesem Spiel in einem Satz zusammengefasst, wie es um den aktuellen Zustand dieses TSV Aubstadt aussieht: „Nach Forchheim habe ich gedacht, wir wären am Boden. Heute sind wir noch tiefer.“ Während Willi Haller fast entschuldigend in der Pressekonferenz erklärte, wie und warum seine Mannschaft soeben und zum ersten Mal in dieser Saison drei Punkte gewonnen hatte und dies ohne den berühmten neuen Besen zu zitieren: „In der ersten Halbzeit haben wir nicht viel zugelassen und bei unserem Tor, na ja, so viel Glück hat man selten. In der zweiten Halbzeit hat Aubstadt immer mehr Druck aufgebaut. Ja, doch, da hat uns das Glück schon auch einige Male geholfen.“
In Wirklichkeit waren diese Ammerthaler das Harmloseste, was seit Jahren in Aubstadt gespielt hat. Wie aber konnte der Vizemeister der Vorsaison so ein Spiel verlieren? Weil zurzeit alles passiert, was nur passieren kann. Nicht genug, dass Eggemann, Noack, Bauer, Erdenbrecher und Bäcker fehlten, musste auch noch auf den letzten Drücker Kapitän Daniel Werner vom Spielbericht aus der Startelf gestrichen werden. Auch damit nicht genug: In der heißen Schlussphase zog sich auch noch Julius Benkenstein einen Kreuzbandriss (erste Diagnose eines anwesenden Arztes) zu. Schließlich wäre das Tor des Tages eine Szene fürs Kuriositätenkabinett. Ein harmlose Flanke vor sein Tor hätte TSV-Keeper Christian Mack sonst mit dem Strohhut gefangen, ließ den Ball aber durch die Hände auf seinen Kopf fallen. Von da fiel er Abstauber Patrick Stauber auf den Kopf und von da ins Tor – Symptom einer Seuche.
Dieser Genickschlag saß wie all jene in den sechs Spielen, die die Abschter bisher verloren haben. „Ich weiß nicht, wie die Mannschaft so aufhören konnte Fußball zu spielen“, monierte Francic. „Da hat man noch 77 Minuten Zeit das wettzumachen und verfällt derart in Panik.“ In der ersten Halbzeit ließ die geschundene Aubstädter Fußballseele keine vernünftige Idee mehr zu, wie man eine Lücke gegen zehn Abwehrspieler findet. Nur Julian Grells 16-m-Volleyschuss war eine Bayernligafußballszene. Aber auch wie er pariert wurde von einem Könner seines Fachs, Kevin Schmidt zwischen den Pfosten des DJK-Tors, bei dem sich die DJK´ler besonders bedanken dürfen für diesen unverhofften Dreier.
Was der nämlich in der zweiten Halbzeit meisterte, war, neben dem guten Schiedsrichter Stefan Klerner, wirklich Bayernligareif. Francic soll in der Halbzeit nämlich lauter als sonst geworden sein, „obwohl es in der Situation gar nichts bringt, noch drauf zu hauen. Die Jungs sind am meisten von sich selber enttäuscht.“ Versucht hat er dann alles, was die Personaldecke noch hergab. Selbst Daniel Werner schluckte noch Schmerztabletten und warf sich in die finale Angriffsschlacht. Spätestens nach einer Stunde wurde nämlich nur noch in eine Richtung Fußball gespielt. „Ultima ratio“ wurde in Aubstadt mit „Brechstange“ übersetzt. Francic beorderte alle drei langen Innenverteidiger, Werner, Benkenstein und Köttler, in die Spitze, nachdem alle Zufälle, Ungenauigkeiten und unzähligen Verteidigerbeinen den vielfach möglichen Ausgleich verhindert hatten. Was für Strukturen eines Verzweiflungs-Angriffssystems!
Chancen waren nicht nur für den Ausgleich, sondern für einen satten Sieg der Abschter noch da. Aber sie hätten wohl bis in die Dunkelheit spielen können an diesem Tag, an dem Kevin Schmidt so toll hielt, Willi Haller so viel Glück wie noch nie hatte und Winfried Scholz, der die TSV-Fans mit Frustbieren und die DJK-Fans mit Lustbieren bediente, vollauf bedient war.
Spielbericht eingestellt am 30.08.2014 21:44 Uhr