Es war kalt in Würzburg, sehr kalt. Und die 456 zahlenden Gäste sahen zunächst auch nicht viel Herzerwärmendes. Die Gäste aus Bayreuth waren natürlich mit breiter Brust angereist, auch die Hausherren hatten mit vier Siegen aus den letzten fünf Spielen eine Erfolgsbilanz vorzuweisen. Trainer Christian Graf sah durchaus die Möglichkeit, für eine Überraschung zu sorgen und verordnete defensive Disziplin und frühes Pressing, um den Aufbau der spielerisch überlegenen Gäste zu stören. Ein intensiver Kick mit viel zu vielen Karten folgte und sorgte im Anschluss für wütende Debatten auf dem Rasen.
Zunächst passierte nicht viel, doch die Partie ist von Beginn an umkämpft. Hier läuft Andreas Zehner (li.) Manuel Hiemer an.
Georg Meyer
Das Spiel begann ohne große Umschweife mit hoher Intensität, aber wenigen Torraumszenen. Die Würzburger wollten zunächst hinten sicher stehen, doch wenn sie mal den Ball hatten, dann wirkte alles etwas zu unkonzentriert und wenig durchdacht. Die Gäste auf der anderen Seite spielten, wie man es von einem Tabellenführer erwartet - ruhig, überlegt und souverän. Nachdem die Anfangsphase weitestgehend ereignislos vorüberzog, sorgten die Gäste dann in der 13. Minute für einen deutlichen Weckruf. Manuel Hiemer kam an der Strafraumgrenze an den Ball und prüfte mit einem strammen Schuss die geistige Anwesenheit des Würzburger Keepers Jan-Peter Grunz. Dieser konnte nur abprallen lassen und es kam zu einem heillosen Durcheinander im Strafraum der Hausherren, in dem sowohl Ulbricht als auch Kolb beinnahe noch zu Einschussmöglichkeiten kamen. Die Würzburger waren nun gewarnt und wollten ihrerseits die Offensive etwas ankurbeln. Nach einem Laufduell auf der linken Seite von Mike Dellinger und Stefan Kolb, fiel Erstgenannter plötzlich in Strafraumnähe zu Boden - der Schiedsrichter zeigte auf den Punkt! Die anschließenden hitzigen Diskussionen brachten ihn dazu, sich noch einmal bei seinem Assistenten zu erkundigen. Dieser verlegte den Tatort sodann außerhalb des Strafraums, kein Elfmeter (15.). Es sollte nicht die einzige Situation bleiben, in der der Unparteiische eine unglückliche Figur machte. Das Spiel wurde nun immer zerfahrener, die vielen Fouls und die daraus resultierenden Standards nahmen völlig den Spielfluss heraus. Eben jene Standards waren aber durchaus gefährlich - hüben wie drüben. In der 35. Minute zog Stefan Kolb einen ruhenden Ball aus etwa 25 Metern auf den langen Pfosten, Grunz sah ihn sehr spät und konnte nur mit Mühe noch zur Ecke klären. Die Gäste zeigten insgesamt die reifere Spielanlage und versprühten mehr Torgefahr, die Hausherren blieben jedoch stets in Schlagdistanz. Das war unter anderem dem hervorragenden offensiven Pressing geschuldet, der es der Bayreuther Innenverteidigung und auch dem allgegenwärtigen Kapitän Schreckinger erschwerte, das Spiel geordnet aufzubauen. Hervorzuheben ist hier sicherlich Andreas Zehner, der sich aufrieb und ein ungeheures Laufpensum abspulte. Kurz vor der Pause musste Christian Graf dann bereits zum ersten Mal wechseln, für Johannes Lotter ging es verletzungsbedingt nicht weiter.
Ein Kampf auf Biegen und Brechen nimmt seinen Lauf – auch weil dem Unparteiischen die Partie etwas entgleitet. Alexander Schreckinger (re.) setzt zur Sense an...
Georg Meyer
Der zweite Durchgang sollte deutlich nervenaufreibender als der erste werden. Das lag zum Einen daran, dass beide Teams wirklich mit großer Leidenschaft zu Werke gingen, zum Anderen aber auch an den Folgen, die ein dermaßen kartenreiches Spiel nun mal mit sich bringt. Doch der Reihe nach, zunächst kamen die Hausherren deutlich wacher und entschlossener aus der Kabine und kamen zu Chancen. So wie Andreas Ganzinger kurz nach Wiederanpfiff, dessen toller Schuss aus etwas spitzem Winkel gerade noch von Andreas Sponsel entschärft werden konnte (47.). Wenig später dann eine Schlüsselszene für dieses Spiel. Nach einem Allerweltszweikampf im Mittelfeld gingen die Gäule mit Stefan Kolb durch, sein Nachtreten gegen den am Boden liegenden Gegenspieler wurde sofort mit der Roten Karte geahndet. Alle Proteste halfen nichts, der Platzverweis ging durchaus in Ordnung. Mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch rannten die Gäste nun weiter trotzig an, den fehlenden Mann bemerkte man zunächst kaum. Doch der WFV konnte im weiteren Verlauf der Partie immer deutlicheres Kapital aus der Überzahl schlagen. Als sich in der 60. Minute plötzlich ein Riesenloch auf der linken Seite auftat und der eingewechselte Hofmann zum Sprint ansetzte, hatten die Zuschauer den Torschrei bereits auf den Lippen. Doch im Gegensatz zu den Fans sah Hofmann den viel besser postierten Zehner in der Mitte nicht und zog selbst ab - Sponsel parierte. Es ging nun hin und her, beinahe im direkten Gegenzug hatten die Gäste die Riesenmöglichkeit zur Führung. Tobias Ulbricht war urplötzlich durchgebrochen und hatte nur noch Grunz vor sich. Diese Hürde erwies sich als zu hoch, der Keeper der Würzburger vereitelte diese "Hundertprozentige". Wenig später flog der nächste Akteur vom Platz, ausgerechnet der starke Kapitän Alexander Schreckinger holte sich seine zweite und damit letzte Gelbe Karte ab (63.). Die letzte halbe Stunde spielten die Gäste also nur noch zu neunt - und das nichtmal schlecht. Doch die Würzburger fanden immer wieder die natürlich vorhandenen Lücken, doch oft wurde der Ball zu leichtfertig wieder hergeschenkt. Benjamin Schömig, der überall zu finden war, spielte seine Schnelligkeit und Dribbelstärke gegen nun auch physisch geschwächte Gäste voll aus und leitete eine Angriffswelle nach der anderen ein. Doch spielerisch ging nach wie vor nicht sonderlich viel zusammen, so dass die Gäste stets im Spiel blieben. Beinahe wären sie sogar in Führung gegangen, doch der Freistoß von Hiemer knallte nur an den Pfosten (80.). Drei Minuten später dann die Erlösung - und wie auch sonst, durch eine Ecke. Vladimir Slintchenko stand am langen Pfosten goldrichtig und stocherte das Leder aus einem Meter über die Linie (83.). Der Jubel war natürlich riesengroß, auch wenn man sich gegen neun Gegner nicht unbedingt mit Ruhm bekleckert hatte. Beinahe wäre der schon sicher geglaubte Sieg doch noch den Main heruntergeflossen, als ein Bayreuther Kopfball in der 90. Minute den Weg an die Unterkante der Latte fand. Doch letztlich erwies sich das Handicap der Platzverweise als zu groß, Mike Dellinger schloss in der dritten Minute der Nachspielzeit einen weiteren Konter sogar noch zum 2:0-Endstand ab.
Die Würzburger Spieler feierten den Sieg gegen den Tabellenführer ausgelassen mit ihrem Anhang. Eher betretene Mienen dagegen bei den Gästen, die allesamt sogleich in die Kabinen entschwanden. Wohl auch, um nicht noch in Gefahr zu geraten, dem Schiedsrichter ein Haar zu krümmen. Bayreuths Trainer Heiko Gröger hatte da schon mehr Gesprächsbedarf mit dem Unparteiischen, aber es blieb alles im Rahmen. Leider war kein Bayreuther Verantwortlicher mehr für ein Statement zu gewinnen. So bleibt unter dem Strich: Ein mäßiges, aber intensives Spiel mit einer eigentlich besseren, aber undisziplinierten Gastmannschaft und einem strahlenden Sieger aus Würzburg.
Spielbericht eingestellt am 17.11.2013 19:58 Uhr