Der Liga-Neuling aus Erlenbach war die 25 Kilometer angereist, um den guten und vielversprechenden Start in die Saison, mit vier Punkten aus den ersten beiden Partien, zu bestätigen. Doch auch die Hausherren kamen gut aus den Startlöchern, hatten ebenfalls vier Punkte auf der Habenseite. Es sollte eine Standortbestimmung für die Erlenbacher werden, denn mit dem Lokalrivalen vom Hohen Kreuz wartete eine gestandene Bayernliga-Mannschaft auf die Truppe von Jürgen Baier. Und eben dieser Baier hatte schon vor Beginn der Partie Sorgenfalten im sonnengebräunten Gesicht. Der Grund - mit Neuzugang Frank Schröer fiel eine echte Stütze der ersten beiden Spiele verletzt aus, laut Baier ist "ein solch überragender Fußballer nur schwer zu ersetzen."
Rassige Zweikämpfe prägten das Geschehen, hier kämpfen Baris Eren (re.) und Matthias Fries um das Spielgerät.
Georg Meyer
Trotz der schweren äußeren Bedingungen hatte dieses Derby von Beginn an ein hohes Tempo und zahlreiche intensive Zweikämpfe zu bieten. Die Hausherren machten zu Beginn den besseren Eindruck und erspielten sich in der Anfangsphase leichte Feldvorteile. Nach fünf Minuten kam es erstmals zu hektischer Betriebsamkeit im Erlenbacher Strafraum, als Simon Goldhammer, Neuzugang aus Alzenau, gleich zwei Eckbälle nacheinander hereinbrachte. Doch noch wollte keine rechte Gefahr aufkommen, der Ex-Haibacher im Tor der Gäste, Christos Patsiouras, konnte jeweils klären. Auf der Gegenseite kam Marius Trippel nach neun Minuten zu einem Fernschuss aus etwa 25 Metern, der allerdings über das Haibacher Gehäuse zischte. Insgesamt waren die Aktionen der Gäste bis dahin zu unfertig und unüberlegt, die nötige Ruhe im Abschluss fehlte. Dann eine Schlüsselszene - einen eigentlich harmlosen hohen Ball in den Erlenbacher Strafraum machte Stephan Krug mit einer Kopfball-Kerze richtig gefährlich, sein Kapitän Matthias Rieth konnte nur noch zur Ecke klären. Eine verhängnisvolle Entscheidung, wie sich herausstellte, denn aus ihr resultierte das frühe 1:0 für die Haibacher. Zunächst konnte die Hereingabe abgewehrt werden, doch aus dem Hintergrund fasste sich Simon Goldhammer ein Herz und zog direkt ab. Sein Geschoss aus 28 Metern senkte sich in die linke Ecke, der verdutzte Patsiouras war ohne Abwehrchance (15.). Dieses Tor war der Dosenöffner für diese Partie, es wurde nun immer umkämpfter und hitziger. Die Gäste kamen im weiteren Verlauf der ersten Halbzeit zunehmend zu guten Möglichkeiten, meist aus ruhenden Bällen. In der 18. Minute verzog Baris Eren einen direkten Freistoß aus spitzem Winkel nur knapp. Doch die Hausherren zeigten weiterhin die reifere Spielanlage, immer wieder sorgten vor allem Goldhammer und Letellier mit klugen Pässen respektive schnellen Sprints für Gefahr. Letellier hatte wenig später auch eine gute Möglichkeit, als er nach einer Flanke von Marco Trapp einen schulbuchmäßigen Kopfball in Richtung Patsiouras schickte, jedoch zu unplatziert (23.). Das spielerische Übergewicht der Haibacher war nun offensichtlich, in der 27. Minute konnte nur der Linienrichter die Hausherren stoppen, als er einem Tor von Letellier die Anerkennung verweigerte - Abseits. Den dort aufgestauten Frust schien Letellier dann baldmöglichst loswerden zu wollen, er packte nur drei Minuten später die rechte Klebe aus, die Kugel knallte an den Pfosten. Die Erlenbacher waren jedoch keineswegs aus dem Spiel, kamen immer wieder zu vielversprechenden Aktionen, jedoch blieb der letzte Pass oder der Abschluss weiterhin Stückwerk. Sebastian Göbig versuchte kurz vor der Pause noch einmal, per direktem Freistoß zum Ausgleich zu kommen, schoss aber knapp drüber (39.). Die letzte Chance vor dem Gang in die Kabinen blieb dann erneut Letellier vorbehalten, der einen schönen Konter mit einem Schuss von halbrechter Position abschloss und nur knapp links am Tor vorbeizielte.
Unter den Augen des neuen Haibacher Trainers, Volker Sedlacek (li.), entwickelt sich ein gutes Spiel.
Georg Meyer
Personell unverändert gingen beide Teams den zweiten Durchgang an. Doch an den Spielanteilen sollte sich einiges ändern. Die Erlenbacher hatten eine gehörige Portion Wut im Bauch und waren sofort besser im Spiel. Die Partie legte noch einmal an Intensität zu, bei diesen Temperaturen wirklich erstaunlich. Es dauerte eine Weile, bis sich die trotzigen Bemühungen der Gäste auch in Chancen niederschlugen, in der 58. Minute kam Matthias Rieth etwas überraschend zu einer guten Kopfballchance, konnte aber nicht ausreichend Druck auf das Leder ausüben. Vier Minuten später folgte dann die kalte Dusche für die Erlenbacher, auf die sie, trotz 38°, liebend gerne verzichtet hätten. Ein etwas umstrittener Freistoß nach einem taktischen Foul an der Mittellinie führte zum 2:0 für die Haibacher. Matthias Fries, erst vor der Saison von Viktoria Aschaffenburg zur Alemannia gewechselt, brachte den Ball hoch in den Erlenbacher Strafraum. Dort lauerte Marco Trapp und köpfte völlig unbehelligt aus sechs Metern ein (62.). Dieser Nackenschlag brachte die Gäste jedoch immer noch nicht davon ab, hier noch etwas mitnehmen zu wollen, die kämpferische Leistung muss man honorieren. In der 68. Minute wäre es beinahe zum Anschlusstreffer gekommen. Nach einer Ecke von Sebastian Göbig fälschte Paul Heinrich am kurzen Pfosten gefährlich ab, Patrick Emmel im Haibacher Tor war aber auf dem Posten. Nur eine Minute später erneut Göbig, wieder per Standard. Sein direkter Freistoß zwang Emmel zu einer sehenswerten Flugparade. Dann war erst einmal Durchschnaufen angesagt, der Schiedsrichter bat zur nächsten Trinkpause. Man hörte an der Erlenbacher Bank durchweg Anfeuerungsrufe und Durchhalteparolen. Der Kapitän, Matthias Rieth, brachte es auf den Punkt: "Wenn wir jetzt irgendein Ding reinmachen, dann geht hier noch was." Zu diesem Zeitpunkt ahnte Rieth noch nicht, auf welch grausame Art und Weise sich seine Worte bewahrheiten sollten. In der 79. Spielminute folgte die Schlüsselszene der Partie. Baris Eren war auf die Reise geschickt worden und drang völlig frei in den Strafraum ein. Beim Versuch, Emmel zu umkurven, wurde er von jenem hart von den Beinen geholt - Elfmeter! Der Haibacher Keeper kam mit einer Gelben Karte recht glimpflich davon, sicherlich umstritten. Den fälligen Strafstoß übernahm Matthias Rieth, er wollte persönlich für die mögliche Wende sorgen. Doch es kam, wie es in solchen Momenten kommen musste, sein Schuss knallte gegen die Latte! Doch die Moral seiner Truppe war weiterhin intakt, man wollte einfach nicht aufgeben. In der 82. Minute dann doch noch der Lohn für die engagierte Leistung in der zweiten Hälfte. Philipp Fachaux spitzelte einen Freistoß von Göbig über die Linie - der Anschluss. Die folgenden zehn Minuten waren geprägt von hitzigen Zweikämpfen und großen Emotionen auf den Trainerbänken und Zuschauerrängen. Jürgen Baier reagierte noch einmal, brachte Leginszki für den ausgepumpten Trippel. Doch es sollte nicht sein, denn die Alemannia war an diesem Tag einfach zu stark. In der 90. Minute sorgte der eingewechselte Moritz Allig dann sogar noch für das 3:1 und somit die Entscheidung.
Die Freude über den Heimsieg war bei den Haibachern natürlich groß. Da traf es sich, dass man direkt im Anschluss an die Partie das große Sommerfest auf dem heimischen Sportplatz ausrichtete. Die geknickten Verlierer aus Erlenbach nehmen aus diesem Spiel mit, dass man in der Bayernliga durchaus gut mithalten kann, in den entscheidenden Momenten aber noch an Cleverness zulegen muss. In der nächsten Woche wartet mit der SpVgg Bayreuth der nächste namhafte Gegner auf die Baier-Elf. Die Haibacher, die durch den Sieg auf Rang Zwei der Tabelle geklettert sind, müssen nach Amberg fahren.
Spielbericht eingestellt am 28.07.2013 14:24 Uhr