Mit komplett unterschiedlichen Vorzeichen gingen die beiden Kontrahenten in dieses Oberfranken-Derby: Der Drittliga-Absteiger aus Bayreuth, der zahlreiche Fans dabei hatte, war seit sechs Partien ungeschlagenen - die Bamberger verloren zuletzt sechs Mal am Stück. Insofern ging die Oldschdod zwar als Favorit in die Partie, hängt im Mittelfeld liegend aber ihren Ansprüchen noch etwas hinterher. Zudem bauten die Bamberger darauf, dass Derbys ihre eigenen Gesetze haben.
Vor Gästeakteur Tim Latteier (re.) kann Luca Auer den Ball per Kopf klären.
Markus Schütz
In der Anfangsphase mussten sich die Bamberger unter den über 2000 Zuschauern Sorgen machen um ihre Elf. Nicht etwa, weil die Bayreuther das spielbestimmende Team mit mehr Ballbesitz waren. Das war zu erwarten. Sondern weil die Gäste auch gleich zwei Mal zuschlugen und nach nicht einmal einer Viertelstunde schon mit 2:0 führten. Zunächst wurde ein Eckball noch verlängert zu Kapitän Tobias Weber, der aus kurzer Distanz nur noch Danke sagen musste und die frühe Führung besorgte. Kurz darauf schlugen die Bayreuther das zweite Mal zu. Und zwar nach einem schnell vorgetragenen und stark zu Ende gespielten Angriff. Der wäre nur im Zentrum noch zu stoppen gewesen, nach der Verlagerung auf Rechts ging es richtig schnell, Tim Latteier setzte sich bis zur Grundlinie durch, passte nach innen und Marco Stefandl schob sicher ein. Die so auf dem falschen Fuß erwischten Bamberger kämpften sichtlich um ihre Ordnung, wurden aber von den hoch und aggressiv anlaufenden Bayreuthern einfach nicht in Ruhe gelassen. Jonas Kehl hätte beinahe das Dritte nachgelegt, zielte aber einen Tick zu hoch. Dazu musste Christopher Kettler eine starke Grätsche gegen Vincent Ketzer auspacken, um ihn am Einschuss zu hindern. Eine Befreiung oder gar eigene offensive Aktionen der Bamberger waren Mangelware. Wenn Ansätze da waren, dann war der Ball in der gegnerischen Hälfte zu schnell wieder weg, als dass an ein geordnetes oder mutiges Nachrücken überhaupt zu denken war. So dauerte es bis kurz vor der Pause, bis sich Luca Ljevsic über rechts durchsetzen und scharf nach innen passen konnte. Aber im Zentrum verpassten die einlaufenden Luis Schneider und Philipp Hack knapp. Ansonsten waren die Bamberger Offensiven vor allem damit beschäftigt, zu verschieben und gegen den Ball zu arbeiten.
Hautnah dran an Marco Stefandl (re.) ist der Bamberger Verteidiger Felix Popp.
Markus Schütz
Kaum war die zweite Halbzeit angestoßen, war sie auch schon wieder unterbrochen. Aber nur für wenige Minuten, dann verzog sich der Rauch, der aus dem Bayreuther Gästeblock stieg. Die Sorgenfalten auf der Stirn der Bamberger verzogen sich erst einmal nicht. Im Gegenteil: In der 53. Minute gab es zu Recht Elfer für Bayreuth, nachdem sich der eigentlich schlechter zum Ball stehende Tim Latteier im Zweikampf zunächst clever durchsetzte - und dann von Keeper Fabian Dellermann zu Fall gebracht wurde. Latteier trat an und schoss eigentlich gar nicht so schlecht, aber Dellermann tauchte ab und parierte. Ebenso kurz darauf gegen Vincent Ketzer aus kurzer Distanz, der eine Flanke volley abfasste. Glück hatten der Bamberger Keeper und seine Mitspieler dann allerdings, dass Tobias Weber im Anschluss an einen Standard nur die Querlatte traf. Ein Treffer in einer dieser Situationen hätte den Bambergern sicher den Zahn gezogen. So aber nahm das Spiel noch eine - zu diesem Zeitpunkt - unerwartete Wende. Eingeleitet wurde diese zum einen durch die Wechsel, die die Bamberger vornahmen und die Wirkung zeigten. Zum anderen aber auch dadurch, dass die Bayreuther ihre Spannung ein wenig verloren, vielleicht im Gefühl, dass an diesem Tag nichts mehr anbrennen würde. Björn Schönwiesner und Patrick Görtler brachten in der Schlussphase mehr Wucht ins Bamberger Spiel. Und der lange verletzte Schönwiesner war es auch, der wuchtig und sehenswert aus 20 Metern zum Anschluss einschoss! Bayreuth wirkte nun angezählt, die Souveränität der ersten 70 Minuten war weg, es ging nur noch darum, die nun knappe Führung über die Zeit zu bringen. Das gelang nicht. Über halblinks blieb Patrick Görtler stabil und am Ball - und setzte diesen aus kurzer Distanz zum umjubelten Ausgleich in die Maschen.
Der gewohnt zuverlässige Marco Schmitt bedrängt den ballführenden Bayreuther Vincent Ketzer (vo.).
Markus Schütz
Freilich war der Punkt, den sich die Bamberger in der Schlussphase noch holten, glücklich. Nicht nur aufgrund der späten Treffer. Sondern auch, weil die Bayreuther über weite Phasen das überlegene Team waren und kaum etwas zuließen. Sie verdienten sich ihre frühe Führung im Anschluss mit schnellem, druckvollen Spiel und mit viel Kontrolle. Dass die Gäste am Ende nur mit einem Punkt und mit einer gefühlten Niederlage nach Hause fuhren, dazu gehörten aber zwei: Sie selbst, weil sie zum einen den Sack mit einem dritten Treffer nicht zumachten und nicht mehr so konsequent agierten. Es gehört aber bei einem solchen Spielverlauf auch ein Gegner dazu, der an seine Chance glaubt und sie dann nutzt, wenn man ihn am Leben lässt. Der FCE wurde mit zunehmender Dauer stabiler und gab zum Ende hin nochmal richtig Gas. Nicht zuletzt auch aufgrund der Einwechslungen, die alle nochmal Schwung und vor allem Wucht brachten. Für die Tabelle ist es am Ende auch für den FCE nur ein Punkt - für die Moral ist der aber deutlich mehr wert.
Spielbericht eingestellt am 01.10.2023 04:58 Uhr