Für die Fußballfans in Oberfranken stand nach vielen Jahren wieder ein echtes Schmankerl auf dem Programm. Denn das Gipfeltreffen der Regionalliga Bayern elektrisierte viele Fußballfans und mit bereits über 7000 abgesetzten Karten im Vorverkauf fühlte sich so mancher Besucher alleine von der Kulisse an die früheren Zweitligabegegnungen gegen den Club oder die Löwen erinnert, sofern er die Gnade der frühen Geburt hatte. Rein sportlich war es für den Unterbau des Rekordmeisters im Grunde die letzte Chance, mit einem Auswärtssieg den Altstädtern noch die Meisterschaft streitig zu machen. Selbst wenn die Münchner noch ihr Nachholspiel gewinnen sollten, wären es vor dem Anpfiff noch fünf Zähler Differenz, die die beiden Aufstiegsrivalen vor dem Anpfiff trennen würden. Insofern war besonders das Team aus der Landeshauptstadt gefordert. Auch fußballerisch war diese Konstellation nicht ohne Reiz, nachdem die Münchner ohnehin gerne den Ball haben und die Heimelf auf schnelle Umschaltmomente setzt. SpVgg-Coach Timo Rost kündigte im Vorfeld schon einmal „offenes Visier“ an, so dass nicht übermäßigen Taktieren, das bei Spitzenspielen oft zu beobachten ist, zu rechnen war. Rein personell hatte sich bei den Altstädtern bereits in den letzten Partien eine Grundformation herauskristallisiert, an der sich wenig geändert hat. Mit dem Langzeitverletzten Chris Wolf und dem nach wie vor angeschlagenen Patrick Weimar musste der Spitzenreiter nur zwei Mann ersetzen und konnte weitgehend aus dem Vollen schöpfen. Im Altstädter Lager war die Vorfreude riesig. „Das sind die Partien, warum du als Spieler und Trainer jeden Tag hart arbeitest“, meinte Rost im Vorfeld.
Dagegen war Alexander Nollenberger (re.) ein ständiger Unruheherd.
Hans Wunder
Oft klaffen zwischen den Vorstellungen des Übungsleiters und der Umsetzung auf dem Platz Welten. Nicht so bei der SpVgg Bayreuth. Wie von Trainer Rost ankündigt, gab die Altstadt gleich Vollgas. Die Münchner traten recht optimistisch mit einer Dreierkette an und mussten zur Kenntnis nehmen, dass ein Ball nach dem anderen am eigenen Strafraum verloren ging. Alexander Nollenberger erkämpfte sich das Leder nach wenigen Minuten am Eckstoßkreis, bediente Iven Kneszevic mit einer Flanke und der kleine Dribbler bewies gutes Kopfballspiel und vollstreckte zum 1:0 (8.). Das Stadion bebte zum ersten Mal. Denn nach der frühen Führung dachten die Gelb-Schwarzen überhaupt nicht daran, sich zurückzuziehen. "Wir sind sehr mutig vorne angelaufen. Den Bayern darf man keine Möglichkeit geben, durchzuschnaufen, sondern man muss sie ständig nerven", schilderte der SpVgg-Coach seine Marschroute. Bayreuth attackierte deshalb weiter gallig und zwang die Landeshauptstädter zu weiteren Fehlern. Beim Abstauber von Nollenberger hatten sie noch Glück, denn es wurde auf Abseitsposition entschieden. Und beim Schuss von Stefan Maderer rettete ein Verteidigerbein. Aber das nächste Tor war nur aufgeschoben. Dem 2:0 (21.) ging ein weiterer Ballgewinn in der Nähe des Bayern-Strafraum voraus und am Ende konnte Stefan Maderer recht unbedrängt einschießen. Jetzt waren die Gäste durchaus etwas konfus und verloren die Kugel erneut im eigenen Drittel, so dass Nicolas Andermatt von der Strafraumgrenze überlegt zum 3:0 (28.) abschließen konnte. Gästetrainer Martin Demichelis nahm anschließend David Herold ins Spiel und stellte auf Viererkette um. Doch nun verteidigten die Gastgeber beherzt und scheuten sich nicht vor einer härteren Gangart - die Führungsspieler Knezevic, Andermatt und Kirsch sahen zwar den Gelben Karton, konnten aber den psychologisch wichtigen Anschlusstreffer vor der Pause verhindern.
Kapitän Benedikt Kirsch (re.) hat alles im Blick.
Hans Wunder
Nach dem Wechsel probierten die Münchner alles, um mit einem schnellen Treffer der Partie doch noch eine Wendung zu geben. Schließlich war der Spitzenreiter im ersten Abschnitt ein hohes Tempo gegangen, so dass die Partie noch nicht entschieden war. Der Schrägschuss von Gabriel Vidovic, der am langen Pfosten (50.) vorbeistrich, wies gleich einmal den Weg. Die Bayreuther ließen sich aber auch von taktischen Umstellungen des Gegners nicht beeindrucken. "Wir haben eigentlich immer eine Schublade, die wir öffnen können, wenn es nötig ist", grinste der einheimische Kapitän Benedikt Kirsch. So gestatteten die Altstädter dem Verfolger nur einige Halbchancen, hatten aber einen zuverlässigen Torwart Sebastian Kolbe zwischen den Pfosten und kamen selbst zu weiteren, guten Kontern. Einen davon nutzte Markus Ziereis, der von seinem Spielführer bedient wurde und abgezockt zum 4:0 (57.) einschoss. Jetzt glaubten selbst die kühnsten Optimisten im gut gefüllten Gästeblock nicht mehr daran, dass noch etwas zu holen sein würde. David Herold kam zwar noch einmal zum Abschluss, aber selbst der Ehrentreffer blieb den Oberbayern versagt. Auf der anderen Seite drangen Ziereis, Steininger und Danhof durchaus erfolgsversprechend in den Strafraum ein. Aber nun machte Bayern-Abwehrkante Jamie Lawrence kurzen Prozess und ließ keinen Hochkaräter mehr zu. Die Entscheidung war aber längst gefallen.
Torjäger Markus Ziereis (re.) betätigt sich hier als Vorbereiter.
Hans Wunder
"Heute ist ein klasse Tag für uns, aber es sind noch sechs Spiel zu gehen. Ich verspreche - auch im Namen der Mannschaft - dass wir aber morgen den Fokus voll auf die letzten Spiele und die Partie gegen Rosenheim legen", will sich SpVgg-Trainer Timo Rost nicht allzu lange mit den Feierlichkeiten und dem Prestigeerfolg aufhalten. Schließlich hat Kollege Demichelis versprochen, alles zu tun, um die Restchance der Münchner zu wahren.
Spielbericht eingestellt am 18.04.2022 19:11 Uhr