von Stefan Wolfrum
Das Topspiel der Regionalliga Bayern zwischen der SpVgg Bayreuth und dem TSV Buchbach (1:1) war beileibe kein Langweiler – und doch bot die Pressekonferenz im Nachgang den wesentlich größeren Unterhaltungswert. Was vor allem am durchaus erfrischenden Naturell des Bayreuther Trainers lag. Timo Rost, bekannt als ein Mann, der sein Herz auf der Zunge trägt, zündete bei der Nachbetrachtung der Partie ein emotionales Feuerwerk, das ein wenig an die legendäre Wutrede von Giovanni Trapattoni während seiner Zeit als Trainer des FC Bayern München erinnerte.
Anders als der Grand Seigneur der italienischen Trainerzunft an diesem denkwürdigen 10. März 1998 nahm sich Rost am Nachmittag des 23. Oktober 2021 nicht seine eigenen Spieler und die Presse zur Brust. Schwach wie eine Flasche leer waren nach Ansicht des Altstädter Übungsleiters vor allem die ständigen Nörgler, die permanent Unzufriedenen. Die gibt es nach Ansicht des Ex-Profis in Bayreuth zuhauf. „Mega, mega enttäuscht“ sei er, sagte er hörbar angefressen. Er war auch im Nebenraum noch gut zu verstehen. „Es gibt Leute, die hier reden, was wir hier für eine Scheiße spielen und warum wir nur 1:1 gegen Buchbach spielen. Unfassbar.“
Mit ungerechtfertigter Kritik alleine hätte Rost vielleicht noch leben können, nicht aber auch noch mit diesem so sandigen Geläuf im Hans-Walter-Wild-Stadion, das seiner Truppe das Veredeln der spärlichen Torchancen gegen Buchbach so erschwert hatte. „Das Kotzen kommt mir da“, wurde der Altstädter Coach mindestens ebenso deutlich wie Trapattoni ehemals, als er sich einen deutschen Nationalspieler explizit zur Brust nahm. „Was erlauben Strunz?“, hatte der heute 82-Jährige vor über 23 Jahren gefragt und damit einen Satz für die Ewigkeit kreiert.
Während der Bayern-Coach seine unfreiwillig komische Generalabrechnung auf acht eng beschriebenen Seiten vorbereitet hatte, um sie voller südländischer Emotionalität in die Sportwelt hinauszutragen, war Rosts Eruption wohl eher eine spontane Angelegenheit.
Nachdem Buchbachs Trainer Andreas Bichlmaier im VIP-Raum des Stadions ganz entspannt das Bayreuther Bier gelobt, sympathisches Understatement versprüht und versprochen hatte, am darauffolgenden Wochenende auch dem FC Schweinfurt 05 die Punkte abzuknöpfen, übergab Moderator Christian Höreth das Wort an Rost. Nicht ohne vorher noch einmal „dieses grandiose Spiel beim FC Bayern München II, ein gefühlter Sieg“ erwähnt zu haben.
Rost begann seine Analyse dann noch recht erwartbar. Auch er lobte zunächst die Qualitäten des Gegners, vor allem dessen Defensive und die generelle Entwicklung der Oberbayern. „Ihr seid gut, und macht euch mal nicht so klein“, schrieb der 43-Jährige seinem sechs Jahre jüngeren Trainerkollegen ins Stammbuch. Das 1:1, so befand Rost, sei aufgrund der Chancenanteile durchaus gerecht. Ohnehin steige am Ende nicht die Mannschaft auf, die mehr Spiele gegen die wenigen Spitzenmannschaften gewinne, sondern diejenige, welche die größte Konstanz aufweise. „Ich hoffe, dass mich auch der Letzte irgendwann versteht“, sagte Rost, um dann verbal Fahrt aufzunehmen. Immer lauter werdend machte er deutlich, wie sehr ihm die Kritik in den zurückliegenden Wochen missfallen hat. Es waren bemerkenswerte 108 Sekunden, in denen sich der Übungsleiter den Frust von der Seele redete, teils fast schon schrie, einiges zum Kotzen fand und manches scheiße.
Sofort nachdem er fertig hatte, erhob er sich und verließ schnurstracks die offiziell noch nicht beendete Pressekonferenz. Er hinterließ eine teils recht verdutzte, teils auch amüsierte Schar an Gästen, zu denen auch Thomas Ebersberger zählte. Der Oberbürgermeister gab zu, „doch auch etwas überrascht“ gewesen zu sein. Rosts Kritik am Rasen nahm das Stadtoberhaupt aber überaus gelassen. „Wir haben hier sehr viel Geld in die Hand genommen“, rechtfertigte der OB die vom Coach kritisierten Rahmenbedingungen mit ruhiger Stimme. Nachtragen wird er Rost ohnehin nichts. Dafür kennt Ebersberger den Altstädter Coach nur allzu gut – viel besser als Giovanni Trapattoni.
Spielbericht eingestellt am 27.10.2021 07:56 Uhr