So schnell kann es im Fußball gehen: Entfachte die Altstädter Elf nach dem gelungenen Saisonstart mit drei Siegen noch jede Menge Euphorie rund um die Jakobshöhe, gab es zuletzt nach drei sieglosen Partien und der jüngsten Pleite bei Schlusslicht und Angstgegner Seligenporten erste Unmutsäußerungen von den Rängen. Die Gelb-Schwarzen verpassten es dabei selbst, mit zwei Siegen gegen die vermeintlichen Abstiegskandidaten für gute Stimmung und Eigenwerbung für das Derby gegen Schweinfurt zu sorgen. Hatte es vor einer Woche noch den Anschein als sollte das Spiel gegen die Schnüdel ein echtes Topspiel werden, musste man angesichts der zuletzt gezeigten Leistung in Seligenporten vielmehr vor der nächsten Pleite zittern. So fanden letztendlich bei bestem Fußballwetter nur 1.726 Zuschauer in Weg ins Hans-Walter-Wild-Stadion. Anders die Ausgangslage bei den Schnüdeln: De Unterfranken kamen nach dem Pokalsieg gegen Sandhausen mit breiter Brust nach Bayreuth. Der Sieg gegen den Zweitligisten bestätigte die Mainfranken auf ihrem eingeschlagenen Weg in Richtung 3. Liga. Auch die Statistik sprach im Vorfeld dabei klar für die Gäste: Seit dem Aufstieg konnten die Altstädter lediglich eine von sechs Partien gegen die Schweinfurter gewinnen. Auch das TV-Spiel verlor die Reinhardt-Elf im März zuletzt mehr oder weniger deutlich mit 0:2. Aber ganz so klar war es dann für Gästetrainer Gerd Klaus dann doch nicht: „Wir nehmen die positive Energie mit, werden uns aber wieder voll auf die Liga konzentrieren und keine Gedanken an den Pokal verschwenden." Unterschätzen wollte man den Gegner angesichts der jüngsten Serie jedenfalls nicht. Vielmehr warnte Gerd Klaus seine Elf: "Das ist eine wahnsinnig heimstarke Truppe. Es wird ein packendes Derby und ein Spiel auf Augenhöhe. Es gilt, an die zuletzt gezeigte Leistung anzuknüpfen. Wir werden alles abzurufen müssen.“ Das galt aber auch für die Gelb-Schwarzen, die nach dem Seligenporten-Spiel nur alles besser machen konnten. So wie Marc Reinhardt unter der Woche betonte: "So gewinnen wir jedenfalls kein Ligaspiel mehr." Daher forderte er von seiner Elf eine entsprechende Reaktion und änderte auch seine Startelf: Der gegen Seligenporten enttäuschende Patrick Hobsch saß erst einmal auf der Bank, dafür setzte der Altstädter Coach erneut auf eine Dreierkette mit einem verstärkten Mittelfeld und Kapitän Kristian Böhnlein als zweite Spitze. "Ich habe lange überlegt, ob ich die Pokalelf spielen lassen soll", gab Gerd Klaus zu, um dann doch wieder die Sandhausen-Elf spielen zu lassen. Auch
Philip Messingerschlager begann wieder von Beginn an.
Klares Foulspiel: Adam Jabiri geht gegen Darius Held eine Spur zu hart in den Zweikampf.
Thomas Nietner
Lange Zeit sich auszuzeichnen, hatte Philip Messingschlager jedoch nicht. Nach einer halben Stunde war sein Arbeitstag zu Ende. Dabei hätte Gerd Klaus auch den einen oder anderen Akteur auswechseln können, aber eben jene Angriffe über die rechte Abwehrseite missfielen den Schnüdel-Coach offenbar am meisten. Kein Wunder: Denn über jene Seite fiel auch der Führungstreffer der Altstädter. Johannes Golla - letzte Saison noch im Schweinfurter Trikot - setzte sich dabei gegen Philip Messingschlager entscheidend in Szene und bediente in der Mitte Kapitän Kristian Böhnlein, der nach zehn Spielminuten eiskalt zuschlug. Nicht unverdient zu jenem Zeitpunkt. "Wir haben die ersten Minuten komplett verschlafen", gab der Gästecoach zu. Die Bayreuther zeigten dabei von Beginn wieder ein anderes Gesicht und konnten wieder an die ersten starke Saisonspiele anknüpfen. "Kämpferisch, läuferisch und spielerisch war alles da", lobte Marc Reinhardt auf der Gegenseite seine Elf, die schon vor der Führung durch Darius Held schon zwei Mal gefährlich in den Strafraum der Gäste gekommen war. Die Altstädter Taktik schien aufzugehen. Das Mittelfeldpressing und das schnelle Umschalten schmeckten der Gästeabwehr nicht unbedingt. "Bayreuth hat uns Probleme bereitet", sprach Herbert Paul von Anlaufschwierigkeiten. Erst mit zunehmender Spieldauer sollte sich das bessern. Die Schweinfurter Elf brauchte lange, um in das Spiel zu finden. Bis dahin hätte die Klaus-Elf aber durchaus schon mit 0:2 zurückliegen können. Lediglich der Nervenschwäche von Chris Wolf war es zu verdanken, dass die Altstädter nicht den zweiten Treffer nachlegten, als der Bayreuther frei vor dem FC-Tor aufkreuzte, aber kläglich vergab. Vor der Pause kamen dann aber auch die Einschläge in Richtung Bayreuther Tor näher. "Wir waren dann durchaus gar nicht mehr so schlecht und hatten auch drei, vier Torchancen", blickte der Schweinfurter auf das Ende der ersten Halbzeit zurück. Zufrieden konnte aber insbesondere der Altstädter Coach sein, nachdem seine Mannschaft seine taktischen Vorgaben vollends umsetze und im Vergleich zu Seligenporten wie ausgewechselt präsentierte.
Unauffällig: Torjäger Adam Jabiri konnte sich auf Schweinfurter Seite kaum in Szene setzen.
Thomas Nietner
Trotzdem war dem SpVgg-Coach vor dem Wiederanpfiff nicht ganz wohl. "Das werden lange 45 Minuten", erwartete er nun mehr Druck von der Schweinfurter Elf und lag damit nicht ganz falsch. Denn die Schnüdel nahmen nun das Heft in die Hand und ließen den Ball im Mittelfeld laufen. Mehr jedoch nicht: Denn gegen die Altstädter Fünferkette fanden die Gäste kein Durchkommen. Am Strafraum war die Klaus-Elf spätestens mit ihrem Latein am Ende. Der Druck nahm jedoch weiter zu auf die Gelb-Schwarzen. Zeit für Marc Reinhardt zu reagieren: Der Altstädter brachte nach einer Stunde daher Patrick Hobsch, um vorne für Entlastung zu sorgen. Ein Schachzug, der sich letztendlich auszahlen sollte. "Wir konnten immer wieder Nadelstiche setzen", sah der Bayreuther seine Taktik aufgehen. Aber nach der Partie am Dienstag schwanden bei den Gelb-Schwarzen die Kräfte, so dass sich die Schnüdel in der Altstädter Hälfte festsetzen konnten. Gefährlich wurde es allerdings dabei nur selten. Das lag auch daran, dass Torjäger Adam Jabiri gegen die Bayreuther Verteidiger keinen Stich machen konnte. So musste eben eine Standardsituation zum Ausgleich herhalten: Nach einem Freistoß bekam die Bayreuther Deckung den Ball nicht aus der Gefahrenzone, so dass der eingewechselte Florian Pieper aus der Nahdistanz einnetzten konnte. Der Schweinfurter Jubel war aber nur von kurzer Dauer, denn fast im Gegenzug stellte Patrick Hobsch nach einer schönen Kombination wieder den alten Abstand her. "Wir wollten in der zweiten Hälfte zwar noch einmal alles nach vorne werfen, aber die Altstädter haben natürlich vorne auch Qualität drin und konnten letztendlich die entscheidenden Konter setzen", kommentierte Herbert Paul die Bayreuther Führung. Schweinfurt warf nun alles nach vorne und kassierte kurz vor dem Ende letztendlich durch Ivan Knezevic den Todesstoß. Mit dem dritten Treffer tütete der Ex-Nürnberger den vierten Altstädter Saisonsieg ein.
Kristian Böhnlein (gelb) hängt Matthias Strohmaier im Laufduell ab.
Thomas Nietner
Durch den nicht unbedingt erwarteten 3:1-Heimsieg kletterten die Altstädter auf Platz zwei und zogen an der Schweinfurter Elf vorbei. "An 1860 kommt aber wohl keine Mannschaft ran. Ob wir dann Zweiter oder Vierter werden, ist egal", war Gerd Klaus nach der Pleite etwas angesäuert und wies alle Aufstiegsambitionen von sich: "Den Aufstieg haben wir uns nicht auf die Fahne geschrieben, sondern wir wollen einen Schritt nach vorne machen." Den peilen zwar auch nicht die Gelb-Schwarzen in dieser Saison an, aber der Derbysieg tat nach den jüngsten Ergebnissen gut. Mit einer starken Leistung konnte die Elf ihren Trainer und auch den eigenen Anhang wieder versöhnen. "Wir haben heute viel richtig gemacht! Ich muss der Mannschaft ein Kompliment: Von der ersten bis letzten Minute hat sie alles gegeben. Wenn das alles passt, dann können wir auch Schweinfurt schlagen", weiß der SpVgg-Coach über das Leistungsvermögen seiner Mannschaft. Gegen Schweinfurt stimmte bei den Altstädtern viel: Vor allem die Einstellung und der Einsatz. Schweinfurt träumte dagegen im Derby noch zu lange vom Pokalerfolg. "Der Pokal ist ein schönes Erlebnis, aber das war in den ersten zehn Minuten ein Knackpunkt: Eine Topmannschaft schafft das auszublenden, aber so weit sind wir noch nicht", wartet auf Gerd Klaus noch weitere Arbeit. Nach zwei Ligapleiten hat seine Elf es erst einmal verpasst, mit den Münchener Löwen gleichzuziehen.
Spielbericht eingestellt am 19.08.2017 20:01 Uhr