von Matthias Ley
Euerbachs Oliver Kröner nach Abpfiff: „Die erste Viertelstunde haben wir verschlafen. Erst nach dem Gegentreffer sind wir aufgewacht und haben mit einem wahren Kraftakt den Ausgleich erzielt. Hut ab vor meinen Jungs, die auch in Unterzahl noch Chancen kreiert haben. Insgesamt denke ich, dass wir ein Chancenplus von 60 zu 40 hatten und der Punkt für Abtswind eher schmeichelhaft ist.“ Aber alles der Reihe nach. Unter der Woche wurde Abtswinds Manager Christoph Mix an der Wechselbörse noch einmal aktiv. Aus Kitzingen wechselte Simon Pauly ins Kräuter- und Weindorf am Friedrichsberg. Unter der Woche trainierte der Vollblutstürmer bereits zwei Male mit der Mannschaft und hinterließ einen sehr guten Eindruck. Dass er trotzdem nicht in der Aufstellung zu finden war, lag am Umzug seiner Freundin ins oberbayrische Erding. Manche Sachen haben einfach Priorität. Abtswinds Ex-Trainer Jochen Seuling muss krankheitsbedingt passen. Für ihn coacht Euerbachs Routinier Oliver Kröner. Mit all seiner Erfahrung (u.a. 6 Bundesligaspielen) stimmt er den Aufsteiger ein auf kämpferische, intensive 90 Minuten Hochleistungssport. Abtasten ist was für Luschies. Beide Seiten sind sofort in der Partie und geben alles. Es entwickelt sich ein abwechslungsreiches Rauf und Runter mit leichten Feldvorteilen für die Heimelf. Defensiv hat Euerbach zunächst so seine Schwierigkeiten gegen den variabel und direkt spielenden Abtswinder Mittelfeldblock. In der Spitze führen Jörg Otto und Jürgen Endres - beide wahrlich nicht die geborenen Stoßstürmer - den Doppelpass zu neuer Blüte. Auf den Außenbahnen stoßen Constantin Paunescu und Ben Verberkt nach. Die ersten 20 Minuten gehören klar dem leicht favorisierten TSV Abtswind. „In der ersten Viertelstunde sind wir zu ängstlich aufgetreten“ gibt Euerbachs Interimstrainer Oliver Kröner zu Protokoll. Auf einen Eckstoß von Michael Herrmann köpft Daniel Hämmerlein, heute als robuster 6er vor der Viererkette postiert, krachend an den Innenpfosten. Vom Aluminium aus kullert das Kunstleder quer zur Linie bis sich ein Euerbacher endlich erbarmt und die Pille ins weite Niemandsland schlägt. Kurz darauf schwimmt Euerbachs Viererkette bedenklich, bekommt den Ball nicht aus der Gefahrenzone. Jürgen Endres Abschluss wird abgeblockt, der Nachschuss verschafft Wladimir Slitchenko einen blauen Fleck auf der breiten Brust. Irgendwann entlädt sich die aufgeputschte Spannung und Jörg Otto spitzelt das Ei aus dem Gewühl heraus zum 1:0 in die Maschen. Der ambitionierte Aufsteiger antwortet mit seiner eigenen hervorragenden Angriffskette. Stefan Heinisch als aggressive leader, Antreiber, Vorbereiter ist beinahe omnipräsent, setzt immer wieder den schnellen Daniel May und sein bulligeres, standfestes Pendant Thomas Heinisch in Szene. Abtswinds Keeper Florian Warschecha muss einige Male eingreifen, mitunter unkonventionell, beispielsweise bei einem weiten Rückpass, den er noch vor dem heranstürmenden Thomas Heinisch ins Seitenaus köpft. Natürlich nicht ohne vorher höflich das Käpplein zu lüften. Man befindet sich schließlich unter zivilisierten Menschen. „Nach dem Gegentreffer musste Euerbach hinten etwas aufmachen, was uns eigentlich gut in die Karten gespielt hat“ Abtswinds Co-Trainer Wolfgang Oddoy skizziert den Spielverlauf. „Tatsächlich ist es für uns sehr schwer, in die Spur zu finden. Die Stürmer gehen uns ab. Heute haben wir wieder mit zwei offensiven Mittelfeldspielern agiert, die ihre Aufgabe recht gut erledigt haben. Allerdings ist das kein vollwertiger Ersatz für einen echten Stürmer. So kommt es, wenn man die eigenen Chancen nicht reinmacht, dass der Gegner etwas Oberwasser bekommt.“ Thomas Heinisch trifft nur das Außennetz (19.), Daniel Mays Schuss pariert Abtswinds Keeper Florian Warschecha mit dem lang ausgestreckten Bein (25.). Kurz vor der Halbzeit drängt Euerbach den Abtswinder Defensivverbund regelrecht hinten rein. Alle dürfen mal, Eray Cadiroglu mit der Flanke, Daniel May zirkelt den Ball quer zur Linie durch alle Hosenträger, Stefan Heinisch kommt nicht ran, Raphael Rogers steht auf dem falschen Fuß und schlussendlich klärt Abtswinds Michael Herrmann konsequent gegen den eingesprungenen Wladimir Slitchenko. Dann geht es mit einem leicht schmeichelhaften, knappen Abtswinder 1:0 in die Kabinen. Abtswind hatte einige Chancen mehr, Euerbach allerdings erarbeitete sich die aussichtsreicheren Gelegenheiten. Bislang macht die Partie Lust auf mehr, auf die zweite Hälfte. Ob die Aktiven bei diesen Witterungsverhältnissen – Sahara, 34° Celsius, staubtrockener Südwest-Passat – dieses Tempo durchhalten können? Um es vorwegzunehmen, sie können, wieder mit wechselnden Vorzeichen. Abtswind kontrolliert nun die Partie und kommt zu ein, zwei aussichtsreichen Torraumszenen. Dieses Mal bereinigt die Euerbacher Innenverteidigung mit Kevin Frazier und Vladimir Slintchenko die Angelegenheit trocken ins grüne Irgendwo hinter der Spielfeldbande. Wenig später besteht Euerbachs Viererkette lediglich aus einem Trio. Constantin Brach verdient sich im Zweikampf, der hier wörtlich zu nehmen ist, gegen Abtswinds Ben Verberkt eine glattrote Karte ab. Und wie es im Fußball so oft der Fall ist, plötzlich geht ein Ruck durch die Gäste. Euerbach gibt 10% mehr Leistung, bei Abtswind reduziert sich diese proportional. „Reine Kopfsache“ wie es Abtswinds Trainer Thorsten Götzelmann einmal formulierte. „Ich spiele lieber 11 gegen 11 weiter, als in Überzahl ein paar Prozentpunkte weniger zu geben. Das summiert sich in einer Mannschaft zu einem irrwitzigen Wert hoch.“ „Der Ausgleich war ein wahrer Kraftakt meiner Mannschaft. Großes Kompliment an die Jungs“ attestierte Oliver Kröner in der Pressekonferenz. Vermutlich Thomas David startet aus dem eigenen Strafraum heraus den Tempogegenstoß zum 1:1 in der 60. Minute. Sein irrer Kraftakt führt ihn im Vollsprint bis an die gegnerische Grundlinie. Seine Hereingabe hoppelt zwischen der Abtswinder Innenverteidigung und Torwart Florian Warschecha hindurch und erreicht Eray Cadiroglu, der gegen die Laufrichtung der Schlussmanns einnetzt. Keine 5 Minuten später schickt Jürgen Endres Abtswinds rechten Außenverteidiger Michael Herrmann auf die Reise, aber Kevin Frazier hat aufgepasst, stellt den Abtswinder Kapitän und rummst diesen vollkommen unnötig kurz vor der Grundlinie in die Bande. Der Euerbacher hatte seinen Kontrahenten bereits gestellt. So legt sich Jörg Otto die Kugel am Elfmeterpunkt zurecht, schaut sich Euerbachs Keeper Maximilian Schanz aus, doch der Schlussmann pariert und begräbt die Kugel im Nachfassen sicher unter sich. Auch in Unterzahl erarbeiten sich die Gäste einige gute bis sehr aussichtsreiche Torabschlüsse. Abtswind hingegen pflegt das Spiel durch die Mitte, anstatt auf den Flügeln durchzustarten. Auch nach der Ampelkarte gegen Euerbachs Stefan Heinisch (81. taktische Foul) wird das nicht einfallsreicher. Ganz im Gegenteil, Wolfgang Oddoy gibt sich nach Spielschluss etwas ratlos: „Nach der zweiten Herausstellung bei Euerbach wurde unser Spiel richtig schlecht. Anstatt den Ball laufen zu lassen, haben wir versucht, mit langen Bällen nach vorne zu kommen. Unsere Sturmspitzen haben mir leid getan.“ Den letzten Versuch knallt Abtswinds Innenverteidiger Przemyslaw Szuszkiewicz aus 30 Metern Tordistanz in den Fangzaun. Das sagt schon alles.
Spielbericht eingestellt am 30.08.2015 01:14 Uhr