Knapp eine Stunde lang fand der SV Friesen im Grunde genommen offensiv nicht statt und leistete sich - zumindest in Durchgang eins - im Defensivverhalten zum Zeil haarsträubende Fehler. "Verdienter Lohn" war ein 1:3 gegen keinesfalls furios aufspielende Hausherren, die sich aber ungemein effektiv zeigten und sich dank couragiertem Angriffspressing den Zwei-Tore-Vorsprung redlich verdienten. Nach dem Ping-Pong-Anschlusstreffer entwickelte sich eine Begegnung, wie sie das Karl-Fleschutz-Stadion auch schon lange nicht mehr erlebt hat.
Die Tore erzielten andere, doch Rico Nassel (re.) wurde zum Matchwinner für den SVF. Hier schirmt Fabian Funk ab.
Bernd Riemke
Dabei begann die Partie für die Hausherren wahrlich nicht ideal. Das etablierte Innenverteidiger-Duo musste nach sechs Minuten komplett neu formiert werden. Daniel Schardt schaffte es aus beruflichen Gründen nicht rechtzeitig zum Anpfiff und Martin Hellmuth schwoll nach einem Ellbogentreffer das Auge derart zu, dass an ein Weitermachen nicht zu denken war. So agierten Christoph Mohr und Neuzugang Fabian Funk in der Innenverteidigung, wurden im ersten Durchgang aber über weite Strecken nicht wirklich vor ernsthafte Probleme gestellt. Zu harmlos zeigte sich der SV Friesen in der Offensive, der sich zudem im Deckungsverhalten einfache Fehler leistete, die prompt bestraft wurden. Während Lichtenfels couragiert auftrat und sichtlich bemüht war die Auftaktpleite in Euerbach/Kützberg wettzumachen, standen die Frankenwald-Kicker neben sich. Symptomatisch dafür das 1:0 als Lukasz Jankowiak am kurzen Pfosten eine Ecke ins Netz verlängerte, die eigentlich nie den Weg zwischen die Pfosten hätte finden dürfen (25.). Dass Lukas Mosert beinahe postwendend nach einer schnellen Umschaltaktion von außerhalb des Strafraums zum zwischenzeitlichen Ausgleich traf (29.) schien nicht wirklich ins Gewicht zu fallen. Zu einfach durften die Hausherren ihre Tore schießen und manch Fan auf der gut besetzten Haupttribüne im Stadion wähnte anlässlich des nebenan stattfindenden Schützenfestes schon ein Schützenfest auf dem Rasen. Schließlich unterlief dem indisponierten Jonathan Müller zunächst ein unglückliches Eigentor als Jankowiak einen Zollnhofer-Standard an den Pfosten bugsierte (36.) und keine drei Minuten später erkämpfte sich Pfadenhauer das Spielgerät, setzte Edgar Wagner mustergültig in Szene und das 22-jährige Eigengewächs traf kaltschnäuzig zum 3:1. Unmittelbar vor der Halbzeit leistete sich Andreas Baier als letzter Mann sein zweites gelbwürdiges Foul, so dass die Eck-Elf fortan in Unterzahl agieren musste.
Rico Nassel (re.) schickt Tobias Zollnhofer ins Leere.
Bernd Riemke
"Wir wollten das vierte Tor erzielen", gab das Trainerduo Müller/Goller ihren Spielern mit auf den Weg und entsprechend hoch verteidigte der FCL, lief den Gegner im Spielaufbau tief in dessen Hälfte an und hatte das Geschehen zu jeder Zeit fest im Griff. Bis zur 57. Minute. In dieser konnte die Abwehr im Getümmel nicht entscheidend klären. Mosert spitzelte das Leder schließlich an den Pfosten und Firnschild nickte den Abpraller ein. Von nun an war es ein anderes Spiel. SVF-Trainer Armin Eck stellte schon zur Halbzeit auf eine defensive Dreierkette und zwei nominelle Spitzen um - trotz Rückstand und Unterzahl. Es ging dem erfahrenen Coach nicht darum, die Niederlage in Grenzen zu halten, sondern offensiv noch einmal zu versuchen, zurück ins Spiel zu finden. Spätestens mit dem Anschlusstreffer war dies gelungen. Das 2:3 verfehlte seine Wirkung nicht. Lichtenfels verlor völlig den Faden und Pascal Graf - ansonsten die Zuverlässigkeit in Person - den Überblick. So legte er in der 73. Minute Max Schülein das Leder im eigenen Fünfmeterraum maßgenau vor die Füße. Der Friesener Neuzugang bedankte sich auf seine Weise und nagelte das Gastgeschenk fulminant zum Ausgleich unter die Latte - wohlgemerkt immer noch in Unterzahl. Das nominelle Gleichgewicht stellte Schiedsrichter Ehwald mit einer womöglich etwas überzogenen gelb-roten Karte gegen Jankowiak wieder her. Der 1:0-Torschütze kam im Sprint um den Ball gegen Keeper Bauerschmidt zu spät, traf den Hüter am Knöchel und Ehwald wertete dieses Foul gegen den bereits verwarnten Jankowiak als abermals gelbwürdig (82.). Fast hatte es den Anschein, dass Friesen aber auch mit zehn gegen elf noch den Siegtreffer erzielt hätte. Mit Ausnahme weniger Kontermöglichkeiten, die der FCL nicht sauber zu Ende spielte, fand in der Schlussphase nur noch der Gast statt. Einen neuerlichen kapitalen Fehler im Spielaufbau bestrafte Friesen schließlich mit dem 4:3, bei dem Lukas Mosert in der 88. Minute drei Meter vor dem gegnerischen Tor völlig ungedeckt einschieben durfte. Dass Kai Aust mit dem letzten Angriff der Partie sogar noch ein fünftes Tor oben draufsetzte, hatte am Ende nur noch statistischen Wert.
Sebastian Zillig (Nr. 6) im Visier, Lukasz Jankowiak im Nacken - da wählt Felix Müller den sicheren Rückpass.
Bernd Riemke
Lichtenfels ließ sich einen sicher geglaubten Sieg aus der Hand nehmen und verzeichnete nicht nur einen unerklärlichen Leistungsabfall in der letzten halben Stunde, sondern hat nun an dem moralischen Päckchen zu knabbern, eine Zwei-Tore-Führung in Überzahl aus der Hand gegeben zu haben. Friesen hingegen bewies, das selbst eine ausweglose erscheinende Situation immer noch eins birgt - die Hoffnung. Getreu dem Motto "schlechter als in Halbzeit eins können wir eh nicht mehr spielen", zog sich der SVF am eigenen Schopf aus dem Sumpf und blickt nun mit vier Zählern aus zwei Partien zufrieden auf den Saisonstart. Die Korbstädter zieren hingegen ohne Zählbares das Tabellenende, können jedoch schon in drei Tagen beim nächsten Derby in Memmelsdorf Wiedergutmachung betreiben.
Spielbericht eingestellt am 18.07.2019 09:07 Uhr