von Michael Kämmerer
Abtswind spielt nicht berauschend, aber effektiv und siegt unerwartet hoch
Der TSV Abtswind macht den Kampf um den Relegationsplatz noch spannender. Nachdem die SpVgg Ansbach mutmaßlich bereits den Sekt für die Meisterfeier kalt gestellt hat, wird es dahinter immer enger. Nach der unerwartet deutlichen 1:5-Niederlage des FC Schweinfurt 05 II sind die Würzburger Kickers II auf einen Zähler herangerückt. In Lauerstellung: der TSV Abtswind. Man darf Thorsten Götzelmann im Prinzip alles fragen. Was macht der Job? Wie geht’s der Familie? Wann ist das nächste Mal Training? Auf Fragen wie diese gibt Abtswinds Chefanweiser gerne Auskunft. Denn Thorsten Götzelmann ist ein umgänglicher Typ. Nur bei einer Frage rollt er die Augen, verzieht er das Gesicht und schnauft er tief: wenn es nämlich um die Chancen seiner Mannschaft im Aufstiegsrennen geht. Am Mittwochabend im Anschluss an das Nachholspiel gegen die U23-Auswahl des FC Schweinfurt 05 ging wieder um das Thema. Man wird doch schließlich mal fragen dürfen, wenn der TSV Abtswind mal eben den Tabellenzweiten mit 5:1 wegfiedelt und das Verfolgerfeld sich aneinander kuschelt. Fünf Zähler beträgt der Abstand auf Schweinfurt sechs Spiele vor dem Ende. Thorsten Götzelmann rollte die Augen, verzog das Gesicht und schnaufte tief – und reichte das Mikrofon in der Pressekonferenz an seinen Spieler Andreas Herrmann weiter. Auch das ist ein Statement – wenngleich nonverbal. Götzelmann will sich nicht mit möglichen Ausrutschern der Konkurrenz beschäftigen, die er ohnehin nicht beeinflussen kann. Seine ganze Aufmerksamkeit gehört nur der eigenen Mannschaft. Und die bedurfte nach der 0:1-Niederlage gegen die Profireserve der Würzburger Kickers besonderer Fürsorge: In der englischen Woche schraubte Götzelmann an der Dosierung des Trainings. Lockere Einheiten unterstützten die Regeneration der Akteure. Außerdem achtete er auf die Verteilung der Spielzeiten. So baute er die Elf gegen Schweinfurt auf mehreren Positionen um, zum Teil aus der Not heraus. Kapitän Michael Herrmann plagten beim Aufwärmen muskuläre Probleme im Oberschenkel. Nicolas Wirsching hatte zuletzt einen Schlag aufs Knie bekommen und fiel ebenfalls aus. Dafür war Innenverteidiger Adrian Graf nach seiner Rotsperre von fünf Spielen wieder mit von der Partie. Außerdem bekam Andreas Herrmann nach kürzeren Landesliga-Einsätzen erstmals die Gelegenheit, sich von Beginn an zu bewähren. Abtswind schaffte es zwar, die Ausfälle auszugleichen, doch kam die Mannschaft keineswegs gut aus den Startlöchern. Die jungen, wilden und pfeilschnellen Schweinfurter wirbelten übers Feld und stellten den TSV anfangs vor arge Probleme. Besonders Dominik Halbig brachte in den gegnerischen Reihen einiges durcheinander. Auf der linken Seite forderte er den Ball und riss Löcher. Die Schweinfurter, die zuletzt Ansbach ein 2:2 abgerungen hatten, machten deutlich, dass sie den zweiten Tabellenrang verteidigen wollen. Die erste hochkarätige Doppelchance bekamen Adrian Dußler und Christoph Schmidt nach zehn Minuten. Doch auf dem regennassen Rasen zeigte Abtswinds Schlussmann Florian Warschecha starke Reaktionen und bewahrte sein Team vor einem Rückstand. Dann war es wieder Halbig, der die Szenerie beherrschte, von außen hereingab, wo Markus Thomann heranrutschte und den Ball gefährlich danebensetzte (27. Minute). Damit war es an erstklassigen Möglichkeiten der Gäste nicht genug: Halbig hielt aus der Distanz drauf, ein leicht verdeckter Schuss, der schwer zu halten war, und doch in Warschechas Fänge geriet (37.). Kurz vor dem Seitenwechsel setzte Dußler nochmals nach und köpfte nach einer Ecke knapp über die Latte (45.+2). Und trotz allem gingen die Abtswinder mit einer 2:0-Führung in die Kabine. Das verwunderte. Aber es gab eben den ein oder anderen lichten Moment im Abtswinder Spiel, der dafür sorgte, dass das Ergebnis nicht den Geschehensverlauf spiegelte. In der 28. Minute kam es zu einer Co-Produktion des Schweinfurters Marcel Ruft mit seinem Keeper Julian Glos und Abtswinds Cristian Alexandru Dan. In der Gemengelage eines Pressschlags berührte Ruft den Ball so unglücklich, dass die Kugel zum 1:0 ins Netz trudelte. Als Jürgen Endres den Turbo zündete und Carl Murphy die Situation vorausahnte, bahnte sich der nächste Treffer an: Die flache Flanke war eine perfekte Vorlage zum Abschluss (41.). Doch wie gesagt, das 2:0 war ziemlich schmeichelhaft, auch wenn Jörg Otto zuvor noch an den Pfosten geschossen hatte (31.). Immerhin zeigten die Hausherren im zweiten Durchgang Besserung und ließen den Gegner nicht mehr zur Entfaltung kommen. Spielerisch reichte die Partie nicht an das Abtswinder Aufeinandertreffen in Würzburg heran, doch die Ausbeute stimmte dafür umso deutlicher. Schweinfurt, bis Mittwochabend in dreizehn Spielen in Serie unbesiegt, die letzte Niederlage datierte aus dem Oktober, war nach dem Doppelschlag in der 70. und 71. Minute entmutigt und geschlagen. Zunächst nutzte die Jörg Otto die unübersichtliche Situation, die Carl Murphy mit seiner Hereingabe provoziert hatte, zum 3:0. Beim nächsten Angriff ließen sich Vincent Waigand und Max Hillenbrand düpieren, so dass Jürgen Endres davonzog und Schweinfurts Torhüter Julian Glos mit einem sanften Heber überwand. Was danach geschah, waren nur noch ergebniskosmetische Fußnoten: Marius Heinze verkürzte per Gewaltschuss (73.), ehe Przemyslaw Szuszkiewicz den alten Abstand und damit den 5:1-Endstand herstellte (85.). Auffällig bis zum Schluss: Abtswinds Cristian Alexandru Dan, der in den neunzig Minuten mit großem Einsatz zu Werke ging, nicht nur am 1:0 mitwirkte, das 5:1 vorlegte, sondern auch am Ende einen Fallrückzieher knapp neben den Pfosten setzte (87.). Noch haben die Schweinfurter die beste Ausgangsposition. „Die Niederlage wird uns im Saisonendspurt psychologisch nicht beeinträchtigen. Wir werden nicht nervös“, sagte Trainer Martin Halbig. „Anders als bei den Kickers wird bei uns nicht von oben durch die erste Mannschaft aufgerüstet. Wir sind mit anderen Zielen als dem Aufstieg in die Runde gestartet.“ Und Abtswind? „Niemand würde den zweiten Platz ausschlagen“, sagte Andreas Herrmann, nachdem ihm Thorsten Götzelmann die Frage abgetreten hatte. „Die letzten sechs Spiele werden nicht einfach“, so der 21-Jährige. Die nächste Partie am Samstag wird auch für ihn eine besondere: Dann kommt es zum Derby gegen Bayern Kitzingen, Herrmanns Ex-Klub.
Spielbericht eingestellt am 14.04.2016 10:31 Uhr