von Rudi Dümpert
„Des Fußball is so grausam“, philosophierte Aubstadts Trainer Josef Francic auf der Heimreise aus Neumarkt. „Da bist du erste Halbzeit in Hölle. Dann bist du Zweite in Himmel bis kurz vor Schluss. Dann landest du wieder auf dem Boden.“ Im Endeffekt war diese Punkteteilung für keinen ein Anlass zur Freude: Für die Neumarkter nicht, die schon 2:0 zur Halbzeit geführt hatten und hinten raus aus dem Keller wollten. Und für die Aubstädter nicht, die noch weiter vom Keller weg kommen wollten, die nach grandioser Aufholjagd in Schweden-Manier ihr Ziel, das 3:2, so nah vor den Augen hatten und doch wieder, zum neunten Mal nach eigener Führung, kurz vor dem Schlusspfiff abgefangen wurden. „Dass wir wenigstens einen Punkt behalten durften“, begründete Erich Hock, der 71-jährige Coach der Neumarkter, „lag am Entgegenkommen des Gegners, der uns dazu eingeladen hat.“
Francic gegenüber orakelte Hock vor dem Spiel, dass es wahrscheinlich sein letztes sei, wenn er nicht gewinne. Hinterher hatte er noch Pläne in Sachen Verstärkungen für die Rückrunde. Die Grabfelder jedenfalls hatten ihre mitgereisten Fans unter den 160 gezählten Zuschauern auch durch ein Wellenbad der Gefühle gejagt. In der ersten Halbzeit war Daniel Leichts per Grätsche (3.) nicht erreichte Eingabe von Jan Schneider die einzige Torchance. Schneider machte seine Sache auf der für ihn völlig neuen rechten Außenbahn sogar noch so gut, dass es bestimmt eine Wiederholung des Experiments geben wird. Ansonsten bleibt über die Vorstellung der Gäste bis zum Pausentee nur so viel zu bemerken, dass sie noch beim Abschlusstraining am Donnerstag wesentlich bissiger und aggressiver in die Zweikämpfe gingen und präziser bei höherem Tempo im Abspiel waren als hier. Und sie schienen unter dem eisigen Wind und Dauer-Schneetreiben mehr zu leiden als die Oberpfälzer, die ihre Lage besser begriffen zu haben schienen.
Denen die TSV-Abwehr aber auch mit einem Verhalten entgegen kam, dass zwei Mal Arthur Luft gar nicht anders konnte als das 1:0 und 2:0 zu erzielen. Erst verlor Benkenstein ein Kopfballduell, wonach aber immer noch 50 Meter Raum waren, um in geordneter Formation nichts anbrennen zu lassen. Beim 2:0 war Sascha Bäcker der Zweikampf-Verlierer, wonach eine TSV-Abwehr in Normalform aber immer noch Möglichkeiten gehabt hätte. „Ich war ganz leise in der Kabine“, bekundete Francic, „es wussten alle, was sie angerichtet hatten.“ Und sie gingen raus und richteten, zunächst, alles, als wäre es das Selbstverständlichste, wenn auch für die Zuschauer völlig Unerwartete. Christoph Rützel war da mit dem Kopf bei einem weiten Diagonalball von Sascha Bäcker mit seinem neunten Saisontor. Und weil die ASVler auf einmal völlig durch den Wind waren, nutzten die TSVler deren Unordnung zum 2:2 durch Außenverteidiger Johannes Frank. Der übte auf Kapitän Michele Richiuso so viel Druck aus, dass dessen Rückgabe zum rumänischen Ex-Nationaltorhüter Andrei Urai zu kurz geriet und ihm den Ausgleich ermöglichte.
In dessen Folge zunächst eine nicht nachvollziehbare Phase des Zurücklehnens der Aubstädter. Doch dieses Angebot anzunehmen waren die Gastgeber noch nicht fähig. Beide schienen auf einmal Angst vor der eigenen Courage zu haben, welche die Gäste zuerst ablegten. Ganz wenig Aufwand bedurfte deren Führungstreffer zum 3:2, als Julian Grell sich nach einem Einwurf an der Torauslinie von zwei Bewachern löste, den mitgelaufenen Rützel sah, Rinchiuso, der die Eingabe hätte aufhalten können, ausrutschte, und Christoph Rützel mit dem Selbstbewusstsein des individuell guten Laufs ganz cool verwertete.
Dann die ominöse 86. Minute: Ein Doppelwechsel direkt vor einem eigenen Eckball durch den alten Trainerfuchs Hock. Die beiden Neuen rannten in den Strafraum. Kaum Zeit zur Neuorientierung für die TSV-Abwehr, genug für ein wenig Unordnung. Kopfballabwehr zentral nach vorne und ein Feiertagsschuss, eine Volleydirektabnahme unter die Latte in den Winkel, wie sie Christian Schrödel höchstens zwei Mal im Leben in einem Pflichtspiel gelingt.
Spielbericht eingestellt am 28.10.2012 21:19 Uhr