"Wir wollen das Spiel gewinnnen! Wir wollen das Spiel gewinnen!" Als die zahlreichen Anhänger im Bayern-Block gut 15 Minuten vor dem Schlusspfiff in der Endlosschleife diesen Fan-Gesang anstimmten, trafen sie den Nagel nicht auf den Kopf. Der Wunsch der Supporter war den Spielern auf dem Platz nicht Befehl. Die wirkten nämlich längst nicht mehr so motiviert, wie zu Spielbeginn. Eher schlichen sie über den Platz und sehnten Schlusspfiff herbei. "Es hat mir heute sehr viel Freude gemacht, meiner Mannschaft zuzuschauen." Die zweite Halbzeit konnte Bayern-Coach Mehmet Scholl mit seinem Statement nach dem Spiel eigentlich nicht gemeint haben. Praktisch chancenlos blieb die mit zahlreichen Talenten, die frisch oder noch gar nicht der U19 entwachsen sind, gespickte Mannschaft. Zu langsam und umständlich wurde nach vorne gespielt. Selbst Emre Can, in dieser Saison auch schon in der Bundesliga eingesetzt, wirkte bei allem technischen Können und toller Ballbehandlung ratlos. Der FC Eintracht Bamberg hatte ihm und seinen Mitspielern mit einer taktisch und läuferisch eindrucksvollen Leistung die Lust am Fußball spielen genommen. Petr Skarabela konnte in der Pressekonferenz ohne Probleme davon reden, dass er stolz auf sein Team sei.
Tobias Schweinsteiger (vo.) ist einen Schritt schneller am Ball und treibt diesen unter der Verfolgung von Julian Gressel (hi.) nach vorne.
anpfiff.info
Das hatte er gegenüber dem 1:3 in Illertissen auf einigen Positionen geändert. Für den rotgesperrten Christoph Kaiser kehrte Florian Wenninger, der seine Verletzung auskuriert hatte, auf die Sechser-Position zurück. Im Sturm musste Alexander Deptalla seinen Platz räumen. Für ihn rückte Florian Pickel neben Lukas Görtler in den Zwei-Mann-Sturm. Auf den Außenpositionen im Mittelfeld begannen Dominik Waltrapp (links) und Sebastian Wagner (rechts). Mehmet Scholl, der auf Mitchell Weiser und Emre Can aus dem Bundesliga-Kader zurückgreifen konnte, musste bereits nach wenigen Minuten auf einen der wenigen erfahrenen Spieler im Team verzichten. Innenverteidiger Stefan Buck (Ex-KSCler) musste nach 17 Minuten durch Lucas Grill ersetzt werden. Da hatten die Bayern ihre beste Phase schon hinter sich. In der ersten Viertelstunde drückten die Talente des Rekordmeisters aufs Tempo und brachten die Bamberger immer wieder in Verlegenheit. Bereits nach zwei Minuten musste Oliver Scheufens erstmals mit einer Glanzparade das 0:1 verhindern. Nur wenig später folgte gegen den durchgebrochenen Patrick Weihrauch eine weitere Glanztat. Der agile offensive Mittelfeldspieler hatte sich auf der rechten Seite durchgespielt und scheiterte nur knapp. Zu diesem Zeitpunkt konnte noch keiner der 4852 Zuschauer ahnen, dass er nach nur neun Minuten bereits die beste Torgelegenheit des FC Bayern im ganzen Spiel gesehen hatte.
Mehr und mehr taten sich die Youngster gegen das engmaschige Netz, das Bambergs Trainer Petr Skarabela seine Mannschaft gut 25 Meter vor dem eigenen Tor spinnen ließ, schwer. Immer wieder endeten Pässe in die Spitze bei im Abseits stehenden Mitspielern oder gar im Nichts. Geschickt machten die Domstädter die Räume eng. Bei gegnerischem Ballbesitz zogen sich Sebastian Wagner und Dominik Waltrapp weit zurück, sodass aus der Vierer- fast eine Sechserkette wurde. Viktor Gradl und Julian Gressl rückten nach innen und machten das Zentrum eng. Die beiden Bayern-Stürmer Tobias Schweinsteiger und Bastian Fischer kamen kaum ins Spiel.
Was die Bamberger Bastion, in der Johannes Bechmann und Kevin Kühnlein überragten, überwand, wurde eine sichere Beute des vor dem Wechsel bärenstarken Keepers Oliver Scheufens. In der Offensive wurden die Bamberger nur bei einem Freistoß von Johannes Bechmann nach 25 Minuten ein wenig gefährlich, ansonsten wurden viele Bälle in der Vorwärtsbewegung zu schnell wieder verloren, weil es an der nötigen Präzision im Passspiel fehlte.
Elegant nimmt Fabian Hürzeler (re.) Fahrt auf, wird aber schon Sekunden später von Kevin Kühnlein (li.) gestellt.
anpfiff.info
Nach dem Wechsel hatte wieder der FC Bayern die erste Chance. Aber Oliver Scheufens war erneut nicht zu bezwingen und stellte sich wohl schon auf weitere arbeitsreiche 45 Minuten ein. Ein klarer Fall von Denkste! Fortan bekam der Schlussmann des FC Eintracht kaum noch Gelegenheit, sich auszuzeichnen. In der Defensive stand das Team weiter kompakt und beim Gegner machte sich mehr und mehr Ratlosigkeit breit. "Schneller spielen", forderte Mehmet Scholl nach gut 55 Minuten. Seine Aufforderung blieb ungehört und ohne Effekt. Ebenso wie die Einwechslung einer komplett neuen Sturmreihe. Erst ersetzte Toni Vastic nach 57 Minuten den lustlos wirkenden Tobias Schweinsteiger, dann nach 68 Minuten Dale Jennings den zu braven Bastian Fischer. Zu diesem Zeitpunkt hätte Dominik Waltrapp schon der Held des Abends sein können. Nach einer Stunde fand sich der Mittelfeldspieler plötzlich alleine vor dem Kasten der Münchener wieder. Auf der linken Seite hatte sich eine Lücke aufgetan, durch die der 22-Jährige schlüpfte. Sein Flachschuss mit dem linken Fuß ging jedoch um Haaresbreite am langen Pfosten vorbei. Wenig später lag der Ball endgültig im Kasten der Bayern-Zweiten, jedoch hatte Schiedsrichter Rainer Pongratz nach einem Eckball eine Behinderung des Bayern-Keepers Leopold Zingerle gesehen. Der Schlussmann sollte in der verbleibenden Spielzeit mehr und mehr in eine Hauptrolle schlüpfen. Die Bamberger wurden nämlich immer mutiger und spielten jetzt zielstrebiger nach vorne. Die Bayern-Youngster dagegen wirkten nun ein wenig lethargisch und schafften es nicht mehr, die Kontrolle über das Spiel zurückzubekommen. Besonders deutlich wurde das nach 80 Minuten, als Markus Fischer mit einem tollen Freistoß am Außenpfosten scheiterte. Leopold Zingerle hatte seine Finger noch im Spiel. Genau wie wenige Sekunden später, als Alexander Deptalla am besten Münchener scheiterte. Auf seine nächste Großtat musste der Bayern-Keeper erneut nur wenige Sekunden warten. Kevin Kühnlein kam nach einem Eckball aus kurzer Distanz frei zum Kopfball. Leopold Zingerle lenkte den Ball mit den Fingerspitzen über die Latte.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt wäre die Führung für den FC Eintracht Bamberg verdient gewesen. Es hat aber nicht sollen sein! Am Ende blieb ein torloses Unentschieden, das ein gefühlter Sieg war. Auch wenn es auch im neunten Spiel in Folge keinen Dreier gab, hat die Mannschaft von Petr Skarabela eine tolle Moral gezeigt und bewiesen, dass man mit taktischer Disziplin auch gegen einen spielerisch überlegenen Gegner bestehen kann. Auf diese Leistung kann man aufbauen! Ärgerlich war eigentlich nur, dass Johannes Bechmann seine fünfte Gelbe Karte sah und in der kommenden Woche in Ismaning zuschauen muss. Bliebe noch die Frage, ob Mehmet Scholl den Ehrgeiz hatte, die 13 Sekunden aus der Pressekonferenz nach dem Frohnlach-Spiel zu unterbieten. Die Antwort: "Heute machen wir länger", hatte er die Lacher gleich zu Beginn seines Statements auf seiner Seite. Bereitwillig gab der Ex-Nationalspieler und TV-Experte Auskunft und beantwortete einige Fragen, nur die nach den Problemen, die sein "Chef" Karl-Heinz Rummenigge mit dem TV-Vertrag von Mehmet Scholl hat, nicht.
Spielbericht eingestellt am 15.09.2012 00:08 Uhr