Erwin Gietl im Interview: "Die Kicker sind sensationell verständnisvoll!" - fussballn.de
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Artikel veröffentlicht am 01.12.2021 um 07:00 Uhr
Erwin Gietl im Interview: "Die Kicker sind sensationell verständnisvoll!"
INTERVIEW Eigentlich wären es wieder die Wochen und Monate, in denen die Amateurfußballer und Hobbykicker auf Kunstrasen unterm Hallendach in die Hallen strömen, um mit den Vereinskameraden, oder einfach im Freundeskreis, zu kicken. Doch der zweite Pandemie-Winter ist wieder beschwerlich. Im fussballn.de-Interview der Woche spricht Erwin Gietl (58), Inhaber der Soccer Erlangen, über Herzblut und Sorgen in seiner Soccerhalle.
Von Marco Galuska
Erwin Gietl, Geschäftsführer der Soccer Erlangen.
Soccer Erlangen
Hallo Erwin, wie war das 1. Advents-Wochenende in der Soccer Erlangen?

Erwin Gietl:
Ich war am Sonntag gut drei Stunden eine Art Türsteher, der die Vorgaben vor dem Einlass gecheckt hat. Die Leute sind zwar unglaublich verständnisvoll, aber dennoch ist der Aufwand einfach deutlich mehr. Wir benötigen mittlerweile doppelt so viel Personal, haben aber nur ein Viertel des gewohnten Umsatzes. Es gibt immer wieder Stornierungen, auch die Absagen der Kindergeburtstage tun weh. Ich habe dafür persönlich auch vollstes Verständnis, wirtschaftlich gesehen ist das aber natürlich irre!

Du bist einer der Pioniere der hiesigen Soccerhallen. Beschreibe uns doch ein klassisches Advents-Wochenende vor Corona-Zeiten?

Gietl:
 Wir haben einen klassischen Saisonbetrieb ab Oktober. Im Dezember sind die Vereine kaum mehr draußen, da konzentriert sich alles auf die Halle. Wir haben bis zu 40 Mannschaften, die normalerweise bei uns regelmäßig trainieren. Die Termine sind dann nahezu ausgebucht, da kommt in dieser Jahreszeit alles zusammen: Jugend-Turniere, Weihnachtsfeiern, Kindergeburtstage und alle sind froh, dass sie bei den Temperaturen innen auf einen geilen Rasen kicken können. Danach lässt man es dann noch entspannt in der Gastro ausklingen.

Da blutet einem aktuell das Herz - wirtschaftlich wie auch emotional?

Gietl:
Ja, anders lässt sich das nicht beschreiben!

Das Kalenderjahr 2020 fing noch ganz normal an mit diversen Hallenturnieren. Doch als die Hallensaison gerade erst vorbei war, begann die Pandemie. Welche Erinnerung hast du an die Zeit im März 2020?

Gietl:
Als der erste Lockdown kam, haben wir das zunächst fast noch mit einem Lächeln hingenommen, was den Betrieb angeht. Uns allen war aber klar, dass wir etwas tun müssen, um das Gesundheitssystem nicht zu überlasten. Ich habe dann mit der Bank über einen Business Plan gesprochen, wie es aussieht, wenn wir mal vier Wochen zumachen. Da hieß es, auch drei Monate wären kein Problem.

Wie lange war die Halle dann tatsächlich zu?

Gietl
: Der erste Lockdown hat für uns 118 Tage gedauert. Am Jahresende 2020 waren es noch einmal 60 Tage und im Jahr 2021 bisher 178 Tage, in denen unsere Halle geschlossen bleiben musste. Mit Kontaktsport in der Halle haben wir gewissermaßen die Höchststrafe erwischt.

Hallenfußball war lange Zeit im Lockdown.
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Die Freigabe kam im Sommer - gehen da Fußballer überhaupt in die Halle?

Gietl:
Ein paar Dauerbucher haben wir, die immer kommen. Zudem noch einige Kindergeburtstage. Aber insgesamt hat man schon gemerkt, dass sich die Leute zunächst einmal anders orientiert haben. Und generell macht der Sommer in einem Winter-Saisonbetrieb nicht recht viel aus.

Seit wann läuft die Soccer Erlangen wieder im Vollbetrieb?

Gietl:
Seitdem es keine Einschränkungen mehr gab. Bis vor kurzem - unter 3G-Regelung - ließ sich das auch alles noch gut stemmen. Da hatten wir am Tag vielleicht zwei Tests, die wir selbst durchgeführt haben, alle anderen hatten ihre Nachweise schon dabei. Das lief noch alles gut. Durch 2G hat man schon gemerkt, dass da einige Gruppen rausgefallen sind. Das waren vielleicht 30 Prozent an Stornierungen. 2G-plus ist dann für die Soccerhalle der "Turbo-GAU", weil es für viele nicht machbar ist, sich nach der Arbeit noch schnell einen Test zu besorgen, wenngleich wir auch weiterhin Schnelltests unter Aufsicht anbieten.

Inwieweit schwankt man in so einer Pandemie zwischen Verständnis und Unverständnis?

Gietl:
Ich bin kein Fachmann und kann es nicht beurteilen, inwieweit Tests ausschlaggebend sind, das will ich mir nicht anmaßen. Aus wirtschaftlicher Sicht würde es derzeit mehr Sinn machen, dass ich zusperre, weil man am Ende des Monats noch Geld mitbringen muss, denn die Fixkosten laufen ja weiter.

Gab es den Gedanken aufzuhören?

Gietl:
Natürlich hat man im Laufe der Zeit öfters nachgedacht, wenn man die Zahlen am Tisch liegen hat. Wir sind ein Betrieb, der sein Geld im Winter verdienen muss - so wie ein Hallenbad auch. Andererseits bin ich ein verrückter Fußballer, der hier fünf Jahre etwas aufgebaut hat. Da steckt viel Herzblut drin, das lass ich mir nicht von einem Virus kaputt machen, da werde ich nicht kapitulieren! Außerdem habe ich eine soziale Verantwortung für meine elf Mitarbeiter.

Du hast 2008 als Hauptgesellschafter die Kickfabrik in Nürnberg aufgebaut und bist dann nach einem Jahr in Schwabach 2016 in der Soccer Erlangen gelandet. Wie kommt man überhaupt auf die Idee, eine eigene Soccerhalle zu betreiben?

Gietl:
Ich hatte schon immer eine Leidenschaft für den Fußball, habe früher selbst im Raum Schwandorf gespielt, bei Fortuna Regensburg und dann noch in der früheren Bezirksliga in Schwarzenfeld. Durch Bekannte hat sich das ergeben, dass wir in dem ehemaligen Quelle-Logistikzentrum 2008 die Kickfabrik aufgebaut haben. Ich bin dann meinen Weg gegangen und hab die ehemalige Laola-Halle in Eltersdorf neu aufgebaut. Da kämpft man natürlich am Anfang, dann läuft alles recht gut, man hat sich einen Ruf erarbeitet - und dann kam Corona...

Wie läuft der Betrieb in der Soccer Erlangen unter 2G-plus derzeit organisatorisch?

Gietl:
Die Leute bringen ihre Nachweise mit, wir bieten auch Selbsttests unter Kontrolle an, wobei es verrückt ist, wie die Preise für diese Tests - sofern man sie überhaupt bekommt - gestiegen sind. Dennoch: Jeder ist unter den Bedingungen nach wie vor willkommen. Und ich muss ausdrücklich loben, wie sensationell verständnisvoll und freundlich die Kicker sind. Das ist wirklich toll!

Und wie ist der Ablauf für die, die reindürfen?

Gietl:
Es gilt FFP2-Maskenpflicht bis zum Court, am Platz dann ohne - sollte das kommen, würden wir sofort aufhören! Die Leute können auch nach wie vor bei uns duschen. In der Gastro gilt 2G, das ist kein Problem.

Wie sieht die Prognose für diesen Winter aus?

Gietl:
Das ist schwer zu sagen. Gefühlt hinkt die Politik in der Pandemie immer hinterher. Vielleicht wäre es besser, mal ganz dicht zu machen, um dann im Januar wieder zu starten. So wie es aktuell ist, kann man kein Geld verdienen, andererseits müssen wir im Winter unser Geld verdienen. Das ist ein Teufelskreis.

Gerne würde Erwin Gietl - wie in der Zeit vor Corona - wieder Fußballer zu Turnieren in seiner Soccer Erlangen begrüßen.
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In der Vergangenheit war die Halle auch durch diverse Turnier belebt. Wann ist sowas wieder denkbar?

Gietl:
Unter 2G-plus ist sowas für uns utopisch. Dass das aktuell nicht geht, kann ich auch absolut verstehen! Ich gehe beispielsweise auch gerne in ein Stadion, aber aktuell geht es um die Gesundheit, um Leben, die man retten kann - da muss man sich auch solidarisch zeigen und seinen Beitrag leisten. Die Hoffnung ist, dass im nächsten Jahr genügend Leute in der Bevölkerung sind, die entsprechend Antikörper haben. Ich respektiere jede Entscheidung eines einzelnen, aber jeder sollte sich schon selbst fragen, ob eine Impfung nicht doch gut tun würde. Wenn es uns gelingt, eine Herdenimmunität im Laufe des nächsten Jahres aufzubauen, haben wir auch wieder die Chance auf einen normalen Winter.

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