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Artikel veröffentlicht am 19.02.2021 um 18:00 Uhr

Wir wollen wieder spielen!: Oh liebe Regierung, was würden wir dafür geben...

Die Sehnsucht nach dreckigen Beinen, das Verlangen nach einer Grätsche, das Gelächter nach einem Tunnel im "Eckla", die Bratwurst nach dem Spiel, die Kaltgetränke nach dem Spiel. All das wird von fast allen Fußballern schmerzlich vermisst. anpfiff.info hat einen Facebook-Post eines B-Klassisten aufgenommen, welcher hohe Wellen schlug und uns tief aus der Seele spricht. Eine Meinung von Philipp Walter...

Von Philipp Walter

Der Facebook-Post des SV Viktoria Kehlbach löste regelrechte Begeisterung aus. Vor allem aber erkennt sich wohl aktuell fast jeder Amateurkicker ein Stück weit wieder und es drückt wohl sehr deutlich das aus, wonach wir Hobbyfußballer uns sehnen: Wir wollen unseren geliebten Sport zurück.

Und das mit allem, was dazugehört. Sei es das gemeinsame Training, bei dem man seinen guten Freund mit einer geschmeidigen Grätsche hüfthoch von den Beinen holt und man mit dem Trainer danach diskutiert, ob es denn wirklich ein Foul war. Oder der ganz bewusst getimte Tunnel im "Eckla", bei dem mehr Glück als Verstand dabei war, der "Unglücksrabe" in der Mitte aber zu dem lauten Gelächter seiner Kollegen auch noch die Mannschaftskasse füllen muss. Oh liebe Regierung, was würden wir dafür geben... Vor allem wünschen wir uns jedoch eins: Wir wollen wieder spielen!

Natürlich respektieren wir jede Entscheidung zum Wohle der Bevölkerung. Das machen wir seitdem es die unterschiedlichsten Einschränkungen gibt. Aber wir vermissen es einfach, am Sonntagmittag mit unseren Freunden auf dem Spielfeld zu stehen und gemeinsam um drei Punkte zu fighten und danach über jede Schiedsrichterentscheidung zu diskutieren, über alles, was in der Nacht am Vortag passiert ist, weswegen es nämlich vielleicht dem einen oder anderen im Spiel nicht so gut ging oder auch darüber, wie viele "Striche" man sich auf seinem "Pappdeckel" noch leisten kann, damit man am nächsten Tag noch arbeitsfähig zu seinem Job erscheinen kann. Oh liebe Regierung, was würden wir dafür geben...

Wann dürfen und können wir solche Bilder wieder sehen? Sobald es vertretbar ist, wären wir auf jeden Fall bereit!

anpfiff.info

Ein Post, der bewegt!

Kommen wir aber noch einmal zum Post der Kehlbacher zurück. Man kann hier am besten erkennen, dass einfach etwas in unserem Leben fehlt.

"Stell dir mal vor, dass wir morgen ein Heimspiel hätten. Um 13.00 Uhr Treffpunkt, um 14.00 Uhr wär Anpfiff. Vorm Sportheim erzählt erstmal jeder, was er am Vorabend alles so gesoffen hat und rühmt sich damit, jetzt fit zu sein. Die viel zu kleinen aufgeschwollene Augen zeigen allerdings das Gegenteil. Wir gehn alle zusammen in die Kabine und ziehen uns um. Der Gestank aus der Fußballtasche, die seit dem letzten Spiel 2020 nicht mehr aufgemacht wurde, ist ekelerregend. Wir laufen auf dem Platz um erstmal Frischluft zu schnappen. Die Sonne lacht und bei lauen 5 Grad fühlt es sich in Kehlbach an wie Frühling. Du riechst den Rasen und bist einfach nur glücklich mit dieser Truppe heut auf dem Platz zu stehen. Tobi erzählt eine Anekdote aus der Winterpause und es wird kurz gelacht, ehe es anschließend zum Anschwitzen geht. Mittlerweile ist es 13.50 Uhr und wir ziehen uns das gelbe Trikot über - welch geiles Gefühl! Unser Coach sagt dann noch ein paar Worte und wir machen unsern Kreis. Michi schreit dann „Hu - Ha“ und wir wie aus einem Munde: SVK!!! Pünktlich zum Anpfiff wird auch der Grill angeschürt und ein riesiger Schwall an Bratwurstbratdampf zieht in deine beiden Nasenlöcher. Wie gern würdest du jetzt vor der Bratwurstbude stehn als auf dem Spielfeld. Von außen bekommst du nämlich nur ein bisschen vom blöden Geplauder mit, musst aber trotzdem darüber lachen. Mittlerweile führen wir 2:0 und am Ende gewinnen wir sogar 5:0. Huxer freut sich wie ein Kleinkind zu Weihnachten, das gerade die Geschenke bekommt, weil er mal kein Gegentor gefangen hat. Der Schlusspfiff ertönt und die ersten Biere für die Mannschaft gehn über den Tresen. Wir versammeln uns vorm Sportheim. Es wird geplaudert, geraucht und genüsslich das Bier getrunken. Anschließend gehts unter die warme Dusche bei Schlagerhits von Peter Maffay. Fertig gebadet finden wir Platz im Sportheim wo die Nacht zum Tag gemacht wird. Zur späteren Stunde wird über das Geschehene auf dem heimischen Platz philosophiert und man träumt vom Aufstieg... Das Leben wäre schön... "

Auch auf Kreisligafußball ein Hit

Vermisst den Fußball: Florian Jungkunz

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Nicht nur auf der Facebook-Seite des Vereins wurde dieser Text über 130 Mal "geliked", sondern dieser Post wurde auch auf der bekannten Facebook-Seite "Kreisligafußball - Das Bier gewinnt" über 1500 Mal mit dem Daumen nach oben gekennzeichnet und es hagelte fast 600 Kommentare, die sich ebenfalls damit identifizieren können. Fast 100 Mal wurde der Beitrag geteilt.

anpfiff.info hat sich mit dem Autor, Florian Jungkunz aus Kehlbach, einmal unterhalten. Diese Idee mit dem Artikel war nämlich an Anfang gar keine Idee. "Während ich an einem Samstagmorgen meine wöchentliche Runde gejoggt bin, dachte ich für mich, wie es wohl wäre, wenn wir am nächsten Tag endlich einmal wieder ein Heimspiel in Kehlbach hätten. Die Vorfreude darauf ist bei mir schließlich schon sehr riesig. Als ich wieder daheim war schrieb ich sofort meinem guten Freund Christian Kraus, dass er sich einmal vorstellen solle, wir hätten morgen ein Fußballspiel. So entwickelte sich Wort für Wort und Satz für Satz", erinnert sich der Kehlbacher.

Nachdem dann innerhalb von nur zehn Minuten der Text geschrieben war, hatte Christian Kraus den blendenden Einfall, das Ganze auf der Facebook-Seite des SV Viktroia Kehlbach zu veröffentlichen. "Zuerst war ich skeptisch und selbstkritisch, da ich wahrhaftig nicht der geborene Schriftsteller bin und ich auch nie einer sein werde", gibt sich sich der Schwarz-Gelbe selbstkritisch.

Man muss aber auch festhalten, dass dieser Artikel einfach aus der Seele geschrieben wurde und dadurch auch eventuelle Schreibfehler einfach auch unwichtig waren. "Im Grunde genommen ist unser Bericht auch kein Bestseller, sondern einfach nur zum richtigen Zeitpunkt verfasst worden. Christian drängte trotzdem darauf, das Geschriebene bekannt zu geben." Nach ein paar Verschönerungsarbeiten war es dann soweit und es landete auf dem sozialen Netzwerk.

Am Ende sollte Christian Kraus auch mit seinem Drängen Recht behalten, denn der Bericht schlug ein, wie eine Bombe. Wie weite Kreise er gezogen hat? Da schmunzelt Florian Jungkunz nur. "Wer weiß? Nachdem unser Artikel die Gemeinde- und Landkreisgrenze nun verlassen hat, könnte ja die Möglichkeit bestehen, dass er auch ins Bundesministerium eingedrungen ist und dort für Lockerungen im Amateurfußball sorgen wird? Nein, wahrscheinlich nicht. Wir hoffen, dass wir jeden Leser zumindest in dieser traurigen Zeit ein wenig Vorfreude nahebringen konnten und auch zum Nachdenken angeregt haben. Denn mal im Ernst: Was gibt es Schöneres, als an einem Sonntag-Nachmittag mit seiner Mannschaft Schlachten zu führen, am Ende zu gewinnen und anschließend bei gemütlichen Beisammensein seine acht Bier hineinzuschütten?"

Vereine aus ganz Deutschland begeistert

Drängte zum Glück auf die Veröffentlichung bei Facebook: Christian Kraus

anpfiff.info

Auf jeden Fall ist die bekannte Facebook-Seite "Kreisligafußball - Das Bier gewinnt" auf den Artikel aufmerksam geworden und was dort geschah, hätten sich die zwei Kehlbacher Fußballer nicht im Leben vorstellen können. Deutschlandweit machte der Bericht die Runde. Egal ob bei der SpVgg Hofdorf-Kiefenholz (Oberpfalz), beim FSV Schlierbach (Hessen), beim FC Empor Weimar 06 (Thüringen), oder beim SV 1930 Issum (Nordrhein-Westfalen), um nur ein paar zu nennen, wurde dieser Beitrag fleißig geteilt. Alles Vereine, die man zuvor noch nie gelesen hatte. Wie sagt man immer so schön: In den Farben getrennt, in der Sache vereint. Denn alle wollen nur eins: Endlich wieder Fußball spielen!

"Aber nicht nur Vereine, sondern auch Fußballspieler*innen aus dem ganzen Land konnten sich mit unserem Text anfreunden und identifizieren. Durchweg sind die Reaktionen positiv und wir wissen, dass wir nicht alleine sind und auch nicht nur wir die Sehnsucht nach Fußball, Bratwurst und Bier haben. Ein Spieler vom SV Leipzig-Thekla bot uns sogar schon ein Freundschaftsspiel an. Mittlerweile fehlt uns die Gemeinschaft und die Gesellschaft schon sehr auf den Sportanlagen."

Ob weitere Artikel dieser Art geplant sind, lässt sich der neue Schriftsteller noch nicht ganz entlocken. "Gute Frage. Das können wir jetzt allerdings noch nicht sagen. Vielleicht hat aber einer von uns beiden wieder einen brillanten Gedankenschuss - bei unserem wöchentlichen Bierdate - der unseren SV Kehlbach abermals in der sozialen Medienlandschaft nach vorne peitschen wird."

Was es aber mit Sicherheit geben wird, sind die etwas anderen Spielberichte des SV Viktoria Kehlbach. Dazu müsse man aber erst einmal wieder auf den Platz zurückkehren, um über das Geschehene zu berichten. "Hoffen wir einfach einmal, dass die gute alte Amateurfußball-Romantik so bald wie möglich wieder Einzug hält. Allen, die die gleiche Begierde haben, wünschen wir alles Gute für die Zeit des schier unendlichen Wartens", verabschiedet sich Florian Jungkunz.

Es liegt aber leider nicht in unserer Hand, dass wir endlich wieder der schönsten Nebensache der Welt nachgehen können, demnach bleibt uns nur zu sagen: Oh liebe Regierung, was würden wir dafür geben...

anpfiff.info bedankt sich bei Florian Jungkunz und bei Christian Krause für das Interview und den Artikel. Bleiben Sie gesund bis hoffentlich bald auf dem Platz!