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Artikel veröffentlicht am 22.05.2020 um 18:15 Uhr
Rainer Koch im DFB-Interview: Gibt keine Notwendigkeit für bundesweite Lösung
Die Zeichen aus den Landesverbänden des DFB sind deutlich. In 19 von 21 Fällen wird ein Abbruch der Saison 2019/20 präferiert. In Thüringen wird kommende Woche über den gewählten Weg der Fortsetzung neu diskutiert, in Bayern gibt es hingegen keine Anzeichen, an den vorgeschlagenen Weg, den man sich über ein Meinungsbild bestätigen ließ, zu zweifeln, wie BFV-Präsident Koch im heutigen DFB-Interview durchklingen ließ.
Von Marco Galuska
BFV
Auf DFB.de nimmt Dr. Rainer Koch, 1. DFB-Vizepräsident Amateure und BFV-Präsident, am Freitag im Interview ausführlich Stellung zu aktuellen Themen rund um den Amateurfußball.

Eingeschränkter Trainingsbetrieb mit Vorsicht

In der Öffnung der Sportanlagen für das Training in Kleingruppen sieht Rainer Koch einen ersten Lichtblick, mahnt aber zugleich zur Vorsicht in Bezug auf die Umsetzung der Vielzahl von staatlichen Auflagen: "Deshalb raten wir allen Verantwortlichen in den Vereinen klar dazu, sich intensiv mit den staatlichen Vorgaben zu beschäftigen und zu prüfen, inwieweit diese im jeweiligen Verein auch maßvoll umsetzbar sind und es sinnig ist, unter den gegebenen Voraussetzungen wieder ins eingeschränkte Training einzusteigen oder vielleicht doch noch etwas abzuwarten, bis es weitere Lockerungen gibt." Die Verbände können hier nur als Ratgeber, beispielsweise anhand der veröffentlichten Leitfäden, dienen.

Vereine sollen mit Entscheidungen ihres Landesverbandes einverstanden sein

Die Konferenz der Landesverbandspräsidenten hatte ursprünglich als Ziel ausgegeben, eine bundesweit einheitliche Lösung zu finden, wie mit der aktuellen Saison im Amateurfußball verfahren wird. Auf die Frage warum dies nicht gelungen sei, entgegnet Koch: "Amateurfußball findet vor Ort oder in der Region statt. Wichtig ist, dass die Vereine vor Ort mit den Entscheidungen ihres Landesverbandes einverstanden sind." So sieht Koch auch kein Muss einer bundesweit einheitlichen Lösung: "Gibt es dafür eine Notwendigkeit? Aus meiner Sicht nur dann, wenn regionale Unterschiede negative Auswirkungen über die Region hinaus haben. Dem Amateurfußballer in Stralsund ist es aber zurecht völlig gleichgültig, was in Passau passiert. Er wäre verärgert, wenn ihm für seinen lokalen Spielbetrieb gegen seinen Willen ein Vorgehen aufgezwungen würde, nur weil sich mehrheitlich in Deutschland eine andere Auffassung ergibt. Verbände müssen mit ihren Entscheidungen nah dran am Menschen sein. Das ist das Grundmotiv für die föderale Struktur unseres Landes. Das Gleiche gilt für den Sport."

"Gibt nicht die eine richtige Lösung" ... in Bayern schon

Koch verwendet in seiner bundesweiten Berechnung, "dass in rund 80 Prozent unseres Landes die Vereine mehrheitlich für den Abbruch der Saison plädiert haben, im Rest des Landes die Vereine mehrheitlich die Saison verlängern und sportlich zu Ende spielen wollen", die Anzahl der Vereine und Mannschaften in den Landesverbänden. Würde man rein die Anzahl der Landesverbände, die eine Entscheidung getroffen haben, nehmen, so ist das Verhältnis von 19:2 (sofern Thüringen bei der Fortsetzung bleibt) für einen Abbruch gar noch deutlicher.

Probleme des durch Bayern und Thüringen nicht gegebenen Konsens in Deutschland sieht Koch, mit Ausnahme der Schnittstellen zu DFB-Spielklassen, aber nicht: "Ich finde es in dieser so schwierigen Frage, zu der es schlicht keine, sprich die eine richtige Lösung gibt, gut und richtig, dass jeder Landesverband sich auf ein Votum seiner Vereine stützen kann. Das ist viel wichtiger als eine bundesweit einheitliche Lösung." So zutreffend die Aussage nun auch ist, so sehr überrascht diese im Rückblick auf die Webinare, in denen das BFV-Präsidium für Bayern eben nur die eine (richtige) Lösung vorgegeben hatte. Denn festzuhalten bleibt: Ein Abbruch, gleich mit welcher Wertung, stand direkt nicht zur Wahl. Dass sowohl Empfehlung als auch Beschluss des BFV-Vorstandes einstimmig ausfielen, unterstreicht zudem die deutliche Position der Bayern, welche auch mit der Verhinderung einer drohenden Klagewelle in Verbindung gebracht wurde. Eine Position, die nun mit Blick über den Freistaat hinaus, derart einseitig nicht mehr haltbar ist.

Was wäre bei einer Alternative rausgekommen?

Darüber hinaus ist nicht von der Hand zu weisen, dass sich die deutlichsten Ergebnisse in jenen Landesverbänden ergaben, in denen ein Abbruch mit Aufstiegsregelung angeboten wurde. Eine Alternative, die es in Bayern nicht gab. Somit lässt sich nur spekulieren, inwieweit es auch für den Freistaat gilt, dass die Vereine vor Ort mit den Entscheidungen ihres Landesverbandes einverstanden sind. Aber an Spekulationen, das machte der BFV immer wieder klar, möge man sich nicht beteiligen.

Vereine in Bayern wollten Klarheit


Als Grund dafür, dass sich in Bayern die Klubs anders entschieden haben und der BFV frühzeitig die Saisonfortsetzung beschlossen hat, führt Koch im DFB-Interview weiter aus: "Die Vereine wollten schnell Klarheit, deshalb gab es auch eine sehr frühzeitige Entscheidung, dass es vor dem 1. September auf keinen Fall weiter geht." Im Namen der Vereine spricht der Präsident zudem: "In Bayern glaubt kaum jemand, dass die Saison 2020/2021 ordnungsgemäß, sprich mit vollständig absolviertem Spielplan, abgewickelt werden kann. Deshalb die Entscheidung, die Saison 2019/2020 sportlich und ohne Entscheidungen am "grünen Tisch" zu spielen und damit wenigstens eine Spielzeit zu retten."

Was ist noch zu retten? 1. Juli 2021 als Ziel


Inwiefern diese Saison unter den Umständen einer für den Großteil der Vereine mindestens neunmonatigen Unterbrechung noch zu retten ist, steht auf einem anderen Blatt. Noch offiziell weitgehend unbeschrieben ist das Blatt der Vielzahl von notwendigen Anpassungen, die in den just vor einem Monat angekündigten fünf Lösungsarbeitsgruppen in Bayern ausgearbeitet werden sollen.

Beendet wird die Saison 2019/20 sicher irgendwann werden. Ob dies früher oder später sein sollte, liegt insbesondere am weiteren Verlauf der Pandemie. Während die Mittel und Wege zurück zu einem geregelten Spielbetrieb umstritten bleiben, neben rechtlicher und finanzieller Aspekte auch eine Portion Empathie und Selbstkritik verlangen würden, dürfte zumindest das Ziel wieder vereinen, wie auch Koch zuversichtlich anmerkt: "Am 1. Juli 2021 beginnt für alle die Saison 2021/2022. Dann gelten für alle wieder die gleichen Saisondaten gemäß des Rahmenterminkalenders. Es gibt dann auch nichts mehr, was noch verbandsübergreifend einander angeglichen werden müsste."

Umstellung aufs Kalenderjahr als Indikator der Denkweise

Die klare Absage, den Amateurfußball auf das Kalenderjahr umzustellen, die Koch noch einmal mit einer rhetorischen Frage unterstreicht ("Entscheidungsspiele und Relegation im tristen Spätherbst?"), liefert auch einen nachvollziehbaren Ansatz der unterschiedlichen Denkweise von Bayern und dem weiten Rest im deutschen Amateurfußball. Demnach geht man beim BFV nicht von einer Beendigung der Saison im Kalenderjahr 2020 aus, sondern würde das Spieljahr eher mit einem Jahr Verzögerung beenden. In 19 anderen Landesverbänden wartet man hingegen auf das Ende von Corona, um dann mit der Saison 2020/21 (die in Bayern tendenziell gecancelt wird) neu zu starten. Planungssicherheit bleibt in beiden Ansätzen aber ein Unwort. Dank Corona.

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