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Artikel veröffentlicht am 21.06.2012 um 09:13 Uhr
"Große Töne spucken bringt nichts"

Giovanni Selce

Süd-Coach Giovanni Selce im Interview Vor anderthalb Jahren sprang Giovanni Selce schon einmal als Nachfolger von Markus Rauch als Trainer beim SV 73 Süd ein, seit April ist der 41-Jährige als Sportdirektor in der Werderau aktiv. Nach dem verpassten Aufstieg in der Relegation war man bei den Südern auf Trainersuche und hat diese mit einer pragmatischen, internen Lösung gefunden: Selce selbst wird die 1. Mannschaft in der Bezirksliga-Saison 2012/13 führen. Im Gespräch mit fussballn.de nahm Selce ausführlich Stellung zur Lage beim SV 73 Süd.
Von Marco Galuska
Süd-Coach Giovanni Selce im Interview

Vor anderthalb Jahren sprang Giovanni Selce schon einmal als Nachfolger von Markus Rauch als Trainer beim SV 73 Süd ein, seit April ist der 41-Jährige als Sportdirektor in der Werderau aktiv. Nach dem verpassten Aufstieg in der Relegation war man bei den Südern auf Trainersuche und hat diese mit einer pragmatischen, internen Lösung gefunden: Selce selbst wird die 1. Mannschaft in der Bezirksliga-Saison 2012/13 führen. Im Gespräch mit fussballn.de nahm Selce ausführlich Stellung zur Lage beim SV 73 Süd.



fussballn.de: Hallo Herr Selce, nach der Beurlaubung von Harald Gerstner und dem Scheitern in der Relegation war es ungewöhnlich ruhig um den SV 73 Süd. Nicht nur die Trainerposition war vakant, auch die Zusammenstellung des Kaders erschien trotz der im Vorfeld der Relegation getätigten Transfers ungewiss. Erklären Sie uns, was Sie bewogen hat den Trainerposten selbst zu übernehmen.



Giovanni Selce (41): Ich habe als Sportdirektor ein klares Konzept vorgelegt, das beinhaltet, dass zukünftig noch enger zwischen den Herrenteams und der U19 zusammengearbeitet wird, damit der Übergang für die Spieler leichter ist und die Philosophie der Fusball-Abteilung umgesetzt wird. Wir waren tatsächlich auf Trainersuche, letztlich war es aber der Wunsch der Vorstandschaft, dass ich es mache. Ich bin ein Taktik-Fanatiker, lege sehr viel Wert auf taktische und spielerische Disziplin, damit lässt sich viel erreichen.



fussballn.de: Verstehe ich Sie richtig, dass ihr vorgegebenes Konzept von Ihnen selbst am besten umgesetzt werden kann?



Selce: Das kann man gewissermasen schon so sagen, wobei man sehen muss, was die Zukunft bringt. Ich werde definitiv noch einen Koordinationstrainer an meiner Seite brauchen. Wichtig ist, dass ein Trainer die Philosophie eines Vereins annimmt und nicht ein Verein sich nach dem Trainer richten muss.


Giovanni Selce

Zurück an der Seitenlinie: Giovanni Selce gibt in der kommenden Saison als Trainer den Ton beim SV 73 Süd an.
Foto: Sporrer

fussballn.de: Als Sportdirektor waren Sie damit betraut, nach dem verpassten Aufstieg mit den Spielern zu reden, um die Planung für die kommende Saison voranzutreiben. Kein leichtes Unterfangen?



Selce: Die Relegation war deftig. Wir haben ja absolut verdient verloren. Es war daher wichtig Klartext zu reden. Teil meiner Philosophie ist es auch, den Spielern keine großen Gehälter zu zahlen, sondern nur noch Aufwandsentschädigungen, die es ab einer gewissen Spielklasse in jedem Verein gibt, zu gewähren. Drei bis vier Vertragsamateure, mehr soll es nicht geben. Wir haben durch mein Engagement nun 60% des Budgets eingespart, damit sorgte ich natürlich für Unruhe, denn wer verzichtet schon gerne auf seinen Status.



fussballn.de: War durch den auferlegten Spargürtel nicht eine große Abwanderungswelle zu erwarten?



Selce: Es waren ganz klare und ehrliche Gespräche mit den Spielern. Ich habe das Risiko bewusst in Kauf genommen, dass einige Spieler dabei nicht mitmachen würden. Aber ich habe lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Doch es stellte sich schnell heraus, dass uns die Spieler trotz der Einschnitte nicht in Scharen davonrennen werden. Klar haben sich einige umgeschaut und dann erkennen müssen, dass sich die Angebote von anderen Vereinen doch nicht so toll rechnen, wie man meinen sollte. Wir haben halt den Vorteil, dass wir in Nürnberg zu Hause sind und eine tolle Infrastruktur bieten können. Bei den Gesprächen ist auch etwas zu den Spielern entstanden - ein wichtiger Grund, dass ich mich dafür entschieden habe das Traineramt zu übernehmen.



fussballn.de: Werden wir konkret - wer kommt, wer geht?



Selce: Verlassen haben uns Okcan Tekdemir und Stefan Scharf. Christian Vitzethum und Daniel Möller werden wohl neue Wege gehen. Dazu gibt es noch ein bis zwei Hängepartien. Von den angekündigten Neuzugängen hat nur Filippo Carelli erklärt, dass er nun doch in Neustadt bleiben wird. Das Quartett Döllinger, Gassner, Herzner und Riedel kommt aus Ansbach, Jauch aus Eltersdorf und Swierkot aus Feucht.



fussballn.de: Gerade um Mario Swierkot gab es Gerüchte, dass er nach Eichstätt wechseln würde...



Selce: Das habe ich zwischenzeitlich auch gehört, aber ich kann nur sagen, dass er bei uns unterschrieben hat und auch erklärt hat mit seinem Kumpel Manuel Fiori und einigen Freunden, die er bei Süd schon kennt, zusammenspielen zu wollen. Stand heute gehe ich davon aus, dass er für uns in der kommenden Saison spielen wird.



fussballn.de: In exakt einem Monat steigt das Eröffnungsspiel in der Bezirksliga bei der SG 83. Wie lauten die Ziele?



Selce: Wir beginnen am Freitag mit der Vorbereitung. Ich sehe die Bezirksliga 1 stärker als die Liga, in der wir letzte Saison gespielt haben. Es gibt viele Derbys, es wird eine schwere Saison.



fussballn.de: Das klingt gar nicht nach den großen Zielen, die man in jüngerer Vergangenheit aus der Werderau vernommen hat...



Selce: Sicherlich ist da irgendwo das Ziel aufzusteigen, aber das A und O im Fußball ist der Respekt. Man muss bescheiden sein, das Team formen. Es gilt taktische und spielerische Disziplin zu vermitteln und umzusetzen. Mich interessiert dabei auch nicht, wer wo früher mal gespielt hat - es gibt keine Stars, sondern eine Mannschaft. Ich habe in Italien viel gelernt in Sachen Taktik und Disziplin, in Deutschland ist der Fleiß und die Bescheidenheit zudem wichtig. Das stand auch in meinen Gesprächen mit den Spielern im Vordergrund, die Spieler haben diese direkte Ansprache erstaunlich gut aufgenommen.



SV 73 Süd


"Die Mannschaft ist der Star": Giovanni Selce will den Spielern Disziplin und Bescheidenheit lehren.
Foto: fussballn.de

fussballn.de: Das Image der Bescheidenheit passte zuletzt nicht zu Süd.



Selce: Es gilt eine klare Philosophie zu vermitteln, in einem ersten Schritt muss das intern erfolgen und in die Köpfe bringen. Und dann muss das auch nach außen gelebt werden. Große Töne spucken bringt nichts, Fußball fängt bei 0:0 an und nur mit Fleiß kommt man voran. Wir wollen diesen Weg gehen, wer dies nicht möchte, muss sich verabschieden - so einfach ist das!



fussballn.de: In Bescheidenheit zu arbeiten wurde den Trainern in der Vergangenheit bei Süd nicht gerade leicht gemacht. Wie wollen Sie das besser in den Griff bekommen als Ihre inzwischen schon zahlreichen Vorgänger?



Selce: Man lernt aus der Vergangenheit. Es wurden auch in diese Richtung klare Gespräche geführt und die Rollen abgesteckt. Sportlich habe ich als Trainer das Sagen, anders geht das nicht, da bin ich zu gradlinig. Der Trainer entscheidet. Ich will in Ruhe arbeiten, habe damals als Trainer bei Süd auch aufgehört, weil diese Voraussetzungen nicht gegeben waren. Ich glaube es ist auch wichtig, dass nur noch ein Bruchteil des Budgets vom Hauptsponsor kommt. Abhängigkeiten sind für beide Seiten nicht gut und selten fair.



fussballn.de: Wie geht es bei den beiden anderen Herrenmannschaften und im Jugendbereich des SV 73 Süd weiter?



Selce: Fest steht, dass Maurizio Scigliuzzo die Kreisliga-Mannschaft in der kommenden Saison trainieren wird. In welcher Zusammensetzung das Team spielen wird und inwiefern unser FC Azzurri, der sich toll entwickelt hat, dabei eine Rolle spielt, wird man in den nächsten Tagen sehen. Im Jugendbereich haben wir bei der U19 eine Baustelle, bis zur U17 sind wir gut aufgestellt. Auch die meisten Trainer werden uns erhalten bleiben. Wir haben eine Sitzung einberufen, werden versuchen die Jugendabteilung, die immer die große Stärke der Süder war, erfolgreich fortzuführen. Den großen Umbruch sehe ich aktuell aber nicht. Wichtig ist mir an dieser Stelle aber dem scheidenden Jugendleiter Gerhard Zenker zu danken. Diese Person hat über Jahre sehr viel für Süd gemacht und eine erfolgreiche Jugend geführt, wir bemühen uns diese Lücke nun zu schließen.



fussballn.de: Zum Abschluss eine Frage abseits des SV 73 Süd. Bei der Euro 2012 könnte es zu einem Halbfinale Deutschland gegen Italien kommen - wie geht das aus?



Selce: Wir Italiener können froh sein, wenn wir das Halbfinale erreichen. Bis auf das Spiel gegen Spanien war das ja noch nicht so toll. Deutschland und Spanien sind die besten Mannschaften in Europa. Für mich ist das Duell immer brisant, meine Frau ist Deutsche. Die deutschen spielen tollen Fußball, aber ohne eine weitere Analyse setze ich darauf, dass es Italien packen würde, scheinbar liegen den Deutschen die Italiener nicht so.



Fragen: Marco Galuska



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