Christian Held im Interview: "Wir brauchen hier keine Superstars!" - fussballn.de
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Artikel veröffentlicht am 02.10.2024 um 07:00 Uhr
Christian Held im Interview: "Wir brauchen hier keine Superstars!"
INTERVIEW Der 1. FC Kalchreuth mischt voll in der Spitzengruppe der Bezirksliga Nord mit und kann die Herbstmeisterschaft aus eigener Kraft holen. Dabei hat mit Christian Held ein Leistungsträger die Fußballschuhe vor der Saison an den Nagel gehängt und weist den FCK stattdessen als Cheftrainer von außen an. Im fussballn.de-Interview der Woche spricht der 29-Jährige über diese und weitere Entscheidungen und Entwicklungen.
Von Marco Galuska
Christian Held ist seit dieser Cheftrainer beim 1. FC Kalchreuth.
Heidi Huber
Hallo Chris, wie zu hören war, gab es ein Mannschaftsessen nach eurem Sieg gegen Hersbruck, mit dem ihr zumindest über Nacht wieder an die Spitze der Bezirksliga Nord klettern konnte. Wie schmeckte die Tabellenführung?

Christian Held (29):
 Es tut aus Trainersicht einfach gut, wenn man sieht, dass das, was wir hier investieren, Früchte trägt, die Jungs Spaß haben und sich belohnen. Die Tabelle will ich in diesem Zusammenhang nicht überbewerten, weil wir grundsätzlich eine gute Stimmung bei uns im Team und Verein haben.

Du bist vor über sieben Jahren vom SV Seligenporten nach Kalchreuth gewechselt, hast davor auch in der Jugend und in der Regionalliga für die SpVgg Greuther Fürth gespielt. Bei deiner Vorstellung als Spieler hat man mit einem Wortspiel gearbeitet: "Mal sehen, wie lange es Chris ausHeld". Hättest du dir damals vorstellen können, solange auf der Alm zu bleiben?

Held:
Ehrlich gesagt, konnte ich mir das damals nicht vorstellen. Ich bin nach Kalchreuth gewechselt, weil mir der Spaß am Fußball verloren gegangen war und auch der Aufwand mit den Fahrten mir auf die Dauer zu viel wurde. Luca Flohr, mit dem ich aufgewachsen bin und der jetzt auch mein Co-Trainer ist, spielte damals schon in Kalchreuth. Von meinem Wohnort Heroldsberg aus war das ein wesentlich geringerer Aufwand und ich habe in Kalchreuth dann schnell gemerkt, dass mir die Kameradschaft, das Miteinander und die Freude am Fußball wichtiger sind als eine spezielle Liga oder Geld - das es im Amateurfußball ja auch zu verdienen gibt.

Du bist seit der Saison 2017/18 beim FCK, hast also nur die erste Saison nach dem Bezirksliga-Aufstieg verpasst. Wie würdest du die Entwicklung auf der Alm über die letzten Jahre beschreiben?

Held:
Ich habe in der ersten Saison schon öfters zugeschaut. Nach einer schwachen Hinrunde und starken Rückrunde hat es mit dem Klassenerhalt geklappt. Ich war dann einer von vier Neuzugängen, die aus höheren Ligen kamen und alle dachten, jetzt geht's aufwärts. Aber das hat nicht so funktioniert. Wir haben die Klasse zwar gehalten, aber die Euphorie war ein bisschen weg. Wenn man die Situation von damals mit der heutigen vergleicht, ist das schon eine beeindruckende Entwicklung im gesamten Verein. Es ging ja zu Beginn nur um den Klassenerhalt, viele Optionen im Kader gab es nicht. Gerade aktuell haben wir dagegen richtig viel Qualität im Team.

Die aktive Laufbahn als Spieler hat Christian Held vor der Saison bewusst gegen die Trainerkarriere eingetauscht.
Heidi Huber

Du bist seit 2020 im Trainer-Team, zunächst als spielender Co-Trainer, seit dieser Saison als Chefcoach von außen. War das schon länger dein Plan, in so eine Rolle zu schlüpfen?

Held:
Ich hatte viele gute und unterschiedliche Trainer. Das merkt man vor allem im Nachhinein, dass man da doch viel gelernt hat. Eine wesentliche Erfahrung waren sicherlich die Fahrten mit Achim Beierlorzer, der mich über drei Jahre nach Fürth mitgenommen hat, da habe ich auch an zahlreichen Telefonaten hautnah erlebt, was da alles dahintersteckt, wenn man Trainer ist. Das war schon faszinierend! Dennoch bin ich damals nicht nach Kalchreuth gekommen, um hier Trainer zu werden. Ich wollte einen anderen Weg gehen, nicht mehr den Aufwand als Spieler in der Regionalliga haben. Es war dann eher auch ein Zufall, als ich bei meinem Heimatverein in Stöckach gefragt wurde, ob ich die C-Jugend übernehmen könnte. Da habe ich gemerkt, dass mir der Trainerjob Spaß macht und so hat sich das dann weiterentwickelt.

Wie schwer ist dir gefallen, dass du vor dieser Saison deine aktive Laufbahn als Spieler beendet hast und nun ausschließlich Trainer bist? Du bist ja mit Ende zwanzig im besten Fußballeralter!

Held:
Ja, das stimmt. Ich fühle mich auch noch fit und manchmal fehlt das Kicken auch, aber trotzdem ist mir die Entscheidung relativ leicht gefallen, weil ich mich schon vor gut einem Jahr dazu entschieden habe. Ich habe das mit dem Verein besprochen, dass ich mich in Zukunft an der Linie sehe, da konnte ich mich schon länger darauf vorbereiten und habe die Rückrunde als Spieler noch sehr genossen. Für mich stand aber fest, dass ich nicht als Spielertrainer, sondern ausschließlich als Trainer arbeiten möchte. Da bin ich schon sehr zielstrebig und habe einen hohen Anspruch an mich. Für mich war klar, dass ich nur eine Aufgabe voll übernehmen kann. Das soll aber nicht heißen, dass das andere nicht etwa richtig gut als Spielertrainer hinkriegen, wenn ich da beispielsweise an Jakob Karches in Herzogenaurach denke, der macht das seit Jahren überragend!

Christian Held hat sich für den Trainerjob und gegen die Fortsetzung der Spielerlaufbahn entschieden.
Heidi Huber

Was hat sich für dich in Kalchreuth verändert mit dem Übergang vom spielenden Co-Trainer zum Chefanweiser von außen?

Held:
Eigentlich war es für mich ein softer Übergang. Es war ja vom ersten Tag an schon eine enge Zusammenarbeit mit Chris Kraus. Wir haben immer alles gemeinsam entschieden. Und nachdem er in diesem Jahr auch viel beruflich unterwegs war, habe ich da schon einige Male im Training die Aufgabe übernommen. Als reiner Trainer nehme ich in den Einheiten aber jetzt deutlich mehr wahr, das ist definitiv so. Und dadurch, dass wir im Trainer-Team mit Florian Draws und Luca Flohr drei Trainer plus unseren Torwart-Trainer Lukas Mehlig haben, können wir in Gruppen noch gezielter trainieren. Das ist sicherlich für einen Bezirksligisten kein Standard und bietet schon ein hohes Niveau, von dem wir alle profitieren.

Blickt man auf die Jahresbilanz 2024, so stehen da insgesamt nur drei Pflichtspielniederlagen. Wie lässt sich diese Entwicklung erklären?

Held:
Darüber haben wir auch schon intern diskutiert. Wir waren diesmal nicht im Winter-Trainingslager, aber das hat aus meiner Sicht nichts damit zu tun, dass wir so gut gestartet sind. Ich denke, wir sind in einen Lauf gekommen, haben ein gewisses Selbstverständnis entwickelt und sind defensiv gut gestanden. Es ist in den Köpfen angekommen, dass wir nicht die zwei Spieler haben, die zusammen 50 Tore schießen, sondern wir das Kollektiv brauchen. Dadurch sind wir als Mannschaft schwerer zu bespielen und machen gemeinsam die Tore, dazu brauchen wir keine Superstars!

Ihr habt Herzogenaurach und Zirndorf geschlagen, hattet Mögeldorf am Rande der Niederlage. Andererseits gab es eine überraschende Niederlage gegen bis dahin punktlose Laufer. Seid ihr bereits ein Spitzenteam bzw. was fehlt noch dazu?

Held:
Zunächst einmal glaube ich, dass das Lauf-Spiel im Nachhinein wichtig für die Entwicklung war. Aber auch das Spiel zuletzt gegen Hersbruck ist ein gutes Beispiel, woran wir weiter arbeiten müssen. Wir haben gegen einen personell angeschlagenen Gegner zwar gewonnen, aber unser eigener Anspruch muss höher sein als das Spiel nur herunterzuspielen. Wir wollen - auch unseren treuen Zuschauern - zeigen, dass wir die bessere Mannschaft sind und über 90 Minuten Gas geben. Man merkt da schon, dass wir eben noch eine recht junge Mannschaft haben. Dass es dabei noch ein Auf und Ab gibt, ist normal, allerdings haben wir ja auch einige junge Spieler, die hohe Ziele haben...

Mit dem Nachholspiel gegen Germania in der Hinterhand, habt ihr die Herbstmeisterschaft in der eigenen Hand. Ist das ein erklärtes Zwischenziel?

Held:
Wir Trainer setzen uns gerne Zwischenziele, denn eine Saison ist schon lang. Am Anfang schaut man noch weniger auf die Tabelle, aber freilich wollen wir jetzt keinen Gang herausnehmen, wenn wir oben dabei sind. Wir wollen jedes Spiel gewinnen, unsere Hausaufgaben machen und das darf dann auch nach dem 15. Spieltag so bleiben.

In der Liga lässt das Duell mit Germania auf sich warten, im Pokal trefft ihr schon am morgigen Feiertag aufeinander. Eure Vereinsfotografin Heidi Huber hat dazu verlauten lassen, dass man als Titelverteidiger eine Verpflichtung in diesem Wettbewerb habe. Welchen Stellenwert hat der Pokal für dich?

Held:
Jeder, der den Finalsieg in diesem Jahr miterlebt hat, weiß, dass der Pokal richtig cool ist! Das haben viele erst allmählich erkannt, was der Wettbewerb bedeutet. Und klar ist auch, dass schon viel zusammenkommen muss, um das Ding zu gewinnen. Letztes Jahr sind wir in der 1. Runde im Elfmeterschießen gegen Vatan weitergekommen, da hätte auch schon alles vorbei sein können.

Begleitet von einem großen Anhang gewann der 1. FC Kalchreuth in diesem Jahr erstmals den Kreispokal.
Heidi Huber

Also rotieren oder Rhythmus halten im Pokal?

Held:
 Wir wollen so weit wie möglich kommen, werden aber rotieren. Wir haben derzeit glücklicherweise wenige Verletzte, da kommt das Spiel zur perfekten Zeit, um Jungs Spielzeit zu geben, die sich das genauso verdient haben. Die Möglichkeit hatten wir in der Vergangenheit selten. Ich freue mich auf das Pokalspiel! 

Zurück in die Liga: Wird es auch langfristig beim Fünfkampf an der Spitze bleiben?

Held:
Das ist schwer zu sagen. Aktuell stehen die Fünf zu Recht da oben. Herzogenaurach hat einen Top-Kader, da bin ich mir sicher, dass die weiter ganz vorne mitmischen werden. Wir schauen aber in erster Linie auf uns und da wird es darauf ankommen, inwieweit wir von Verletzungen verschont bleiben. Ich bin aus den Erfahrungen, die wir gemacht haben, froh, dass es bisher so gut gelaufen ist, das wissen wir umso mehr zu schätzen und schauen von Woche zu Woche.

Abgesehen von den sportlichen Erfolgen seid ihr in dieser Saison mit den Vorkommnissen rund um den Spielabbruch in Vach in den Schlagzeilen gewesen. Wie bewertest du eure Entscheidung, nicht mehr weiterzuspielen, mit ein wenig Abstand?

Held:
Ich denke, der Verein und die Mannschaft haben das gut gemacht. Es war die richtige Entscheidung, dass wir uns geschlossen hinter unseren Spieler gestellt haben. Es zeigt, dass wir eine gute Truppe haben, und dass man über die Jahre darauf geachtet hat, welche Typen hier spielen.

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Steckbrief Christian Held

Christian Held
Spitzname
Chris
Alter
29
Geburtsort
Lauf an der Pegnitz
Wohnort
Heroldsberg
Familie
ledig
Nation
Deutschland
Größe
185 cm
Beruf
Marketing
Hobbies
Tennis, Radfahren, Joggen
Starker Fuß
Beidfüßig
Lieb.-Position
Innenverteidiger


Saisonbilanz C. Held

 
23/24
26
5
0
1
1
0
0
22/23
28
3
3
1
4
0
0
21/22
26
2
0
1
1
1
0
19/21
21
3
0
0
0
0
0
18/19
30
1
0
0
2
0
1
17/18
34
5
0
0
1
0
0
16/17
15
1
0
8
1
0
0
16/17
8
1
0
0
0
0
1
15/16
26
2
0
3
3
0
0
14/15
18
0
0
4
0
0
0
13/14
2
0
0
0
0
0
0
Gesamt
234
23
3
18
13
1
2

Tabelle Bezirksliga Nord

Pl.
Team
Sp
Tore
Pkt
1
14
39:9
34
4
14
26:12
28
5
14
32:22
28
6
14
23:23
20
7
14
29:41
19
10
12
21:30
16
11
14
18:27
15
13
13
21:30
13
14
13
21:39
11
15
12
16:22
10
16
12
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1
Bei punktgleichen Teams: Sondertabelle der Punktgleichen

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